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Das Erbe der Pilgerin

Das Erbe der Pilgerin

Titel: Das Erbe der Pilgerin
Autoren: Ricarda Jordan
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hier zu einem regelrechten Krieg, in den ich denn auch meine Protagonisten verwickelt habe.
    Die Schlachten und Kampfverläufe habe ich so authentisch wie möglich geschildert – und danke in diesem Zusammenhang Klara Decker für Internetlinks auf Englisch (wer hätte gedacht, dass die Belagerung von Toulouse gerade in dieser Sprache verhältnismäßig genau dokumentiert ist?) und vor allem für ihre Übersetzungen aus dem Französischen. Zum Teil widersprechen sich allerdings verschiedene Quellen in Einzelheiten – und ich hoffe, niemand ist mir böse, wenn ich hier einfach die Version gewählt habe, die am besten in meine Geschichte passte.
    Simon de Montfort wurde übrigens tatsächlich von dem Geschoss einer Kampfmaschine getötet, und die Mangonel (oder Trébuchet, hier widersprechen sich die Angaben) soll wirklich von Toulouser Frauen abgefeuert worden sein. Noch heute zeugt ein Denkmal in der Stadt vom Erfolg der streitbaren Damen.
    Was Ritus und Glaubensinhalte der Albigenser angeht, so ist wenig genau belegt, wobei erschwerend hinzukommt, dass es praktisch keine Informationen aus erster Hand, also direkt von Katharern, gibt. Die erhaltenen Schriften stammen von Chronisten, die der Gemeinschaft bestenfalls neutral, oft feindlich gegenüberstanden, die Aufzeichnungen der Katharer wurden vernichtet. Die schlechte Quellenlage und dazu der moderne Hang zu alternativen Religionen mit möglichst konspirativem Charakter führt heute oft zur Idealisierung der Katharer. Man feiert sie als »Kirche von Unten« und Vorläufer der Frauenemanzipation in der Geistlichkeit, die ganz Fantasievollen vermuten in ihnen gar die »Hüter des Grals«.
    Realistisch gesehen ist das alles nicht haltbar. Innerhalb der Katharergesellschaft herrschten strenge Hierarchien, der einfache Gläubige hatte ebenso wenig zu sagen wie im Katholizismus. Die Weihe von Frauen zu Parfaites wirkt auf den ersten Blick zwar revolutionär, schaut man aber genauer hin, so war den weiblichen Priestern praktisch alles verboten, was echte Priesterschaft ausmacht. Weder konnten sie Kirchenämter bekleiden, noch durften sie predigen. Während sie in puncto Enthaltsamkeit, Speisevorschriften und Ähnlichem das Gleiche leisteten wie die Männer, war ihr einziges Privileg die Erlaubnis zum Spenden des Consolamentum, der Geisttaufe. Zu taufen ist Frauen allerdings auch im Katholizismus nicht verboten. Die Taufe ist ein Sakrament, das hier jeder spenden darf, ganz ohne Priesterweihe, Beichte oder gar Askese. Im Mittelalter waren sogar jüdische Hebammen und Ärzte verpflichtet, kränkliche christliche Säuglinge zu taufen, bevor sie womöglich die Erbsünde mit ins Jenseits nahmen. Das Recht zu taufen ist also keine Errungenschaft der Emanzipation.
    Und selbst was die Anerkennung der weiblichen Priester durch die Männer anging, so war die Parfaite zwar hoch geachtet, aber auch dazu gab es Pendants im katholischen Glauben, gerade im Mittelalter. Äbtissinnen zum Beispiel hatten oft großen Einfluss, man denke nur an Hildegard von Bingen. Die erhob ihre Stimme sehr viel lauter als die einzige über ihre Zeit hinaus bekannte Albigenserin Esclarmonde.
    Was die Verbindung der Katharer mit dem Gral angeht, so sind die Ursprünge der Geschichte zwar unbekannt, aber sie hält sich hartnäckig und findet die absonderlichsten Ausdeutungen. Meist ist noch die Burg Montségur beteiligt, die oft als Burg der Katharer bezeichnet wird. Tatsächlich war sie eine unter vielen, wie gesagt – die Albigenser waren eng mit dem Adel verbunden und reich. Fluchtburgen zu bauen und zu unterhalten fiel ihnen folglich leicht. Der Mythos um ihre Festungen hatte also nichts mit der Burg an sich zu tun, sondern eher damit, dass die Besatzungen ihren katholischen Verfolgern mit ihrem Mut imponierten, für ihren Glauben in den Tod zu gehen. Drohte eine Burg zu fallen, nahmen mitunter alle das Consolamentum und stürzten sich am nächsten Tag als Parfaits in den Flammentod. Grauenvoll in der Realität, romantisch, wenn es erst zum Mythos verklärt ist.
    Die Albigenser versteckten auf ihren Burgen aber weder Nachkommen Jesu Christi noch den Abendmahlskelch. Der Abendmahlskelch spielt nur im Lukas- und Matthäusevangelium eine Rolle, nicht in dem von den Katharern favorisierten Johannesevangelium. Außerdem galt den Parfaits jedes Teil der sündigen, stofflichen Welt als verabscheuungswürdig. Warum also hätten sie einen Weinpokal anbeten sollen?
    Einfacher als die Einzelheiten rund um den
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