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Das Erbe der Pilgerin

Das Erbe der Pilgerin

Titel: Das Erbe der Pilgerin
Autoren: Ricarda Jordan
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erschien erneut, dieses Mal, um Florís und seine Familie zum König zu rufen – unter Florís’ Geburtsnamen, ein schlechtes Zeichen. Philipp August erinnerte sich durchaus an die Herkunft der Burgherren von Loches.
    »Na, dann viel Glück!«, wünschte Justin, ein noch junger, gut aussehender Ritter in dunkelroter Tunika.
    Florís und Gerlin nickten ihm einen Gruß zu. Ganz sicher würde er nicht warten, um herauszufinden, wie es für seine Freunde ausging. Er schien eindeutig hocherfreut, den Louvre verlassen zu können – und immer noch Herr über seine Burg zu sein. Wie es aussah, hatte der König seinen Treueid huldvoll angenommen.
    Florís und Gerlin sowie der eingeschüchterte Dietmar folgten dem Diener in die Empfangsräume des Königs. Sie waren neu und kostbar möbliert wie alles in Philipps neuem Palast, der dem Wehrbau etwas außerhalb der Stadt Paris angeschlossen war. Philipp August hatte den Louvre bauen lassen, da die alten Wehrbauten auf der le de Îla Cité für die wachsende Hauptstadt seines Reiches nicht mehr ausreichten. Gerlin und Florís hatten das Bauwerk gebührend bewundert. Neun Jahre zuvor, als es sie erstmals herverschlagen hatte, war die Burg noch im Bau gewesen.
    Natürlich umgaben den Monarchen im Audienzraum etliche Berater und Höflinge, Ritter, Knappen und Diener. Gerlin und ihre Familie durchschritten ein Spalier kostbar gekleideter Herren und weniger Damen – aber es kam ihnen eher vor wie ein Spießrutenlauf. Schließlich knieten sie nieder vor dem Thron des französischen Königs. Philipp August schien zunächst kaum an ihnen interessiert zu sein. Scheinbar angeregt plauderte er mit der Dame neben ihm. War es die Königin oder eine Mätresse? Gerlin interessierte es im Grunde wenig. Sie hätte nur gern seine Aufmerksamkeit gehabt … oder vielleicht doch nicht zu viel davon. Ergeben senkte sie den Blick, als der König seine Besucher schließlich bat, sich zu erheben.
    Florís dagegen zwang sich, seinem künftigen Herrn in die Augen zu sehen. Im Gegensatz zu Gerlin war er ihm noch nie begegnet, aber er hätte ihn sicher erkannt: Philipp August war ein hochgewachsener, gut aussehender Mann mit hellbraunem langem Haar, auf dem jetzt ein goldener Reif als Zeichen seiner Königswürde prangte. Seine Augen waren blau, vielleicht etwas stechend und etwas zu eng zusammenstehend. Sie musterten den Ritter nun prüfend. Und den Jungen, der neben ihm kniete – und Gerlin, seine Frau.
    »Ich wundere mich, Euch hier zu sehen, Seigneur de Trillon – oder de Loches«, sprach der König Florís jetzt an. »Und Euch, Frau Gerlindis – ehemals von Lauenstein, wenn ich mich richtig erinnere. Solltet Ihr nicht eher nach England reisen, um den Plantagenets einen unverhofften Erben zu präsentieren?«
    Gerlin errötete zutiefst.
    »Majestät«, ergriff sie das Wort, noch bevor Florís antworten konnte. »Ich muss mich entschuldigen …«
    Der König grinste. »Das müsst Ihr fürwahr. Aber rekapitulieren wir doch einmal. Ihr seid zweifelsfrei die Dame, die vor Jahren an meinem Hof erschien, um mir ihr Kind als Sohn des englischen Königs vorzustellen …«
    Gerlin biss sich auf die Lippen. »Nicht ganz«, sagte sie dann. »Tatsächlich hatten Eure Truppen mich gefangen genommen … unter ziemlich unglücklichen Umständen. Man hielt mich für eine Jüdin. Und ich wollte nicht verbrannt werden …«
    »Aber zu … so einer Furcht bestand doch kein Anlass.«
    Philipp druckste ein wenig herum, er ließ sich ungern an die damaligen Ausschreitungen gegen Pariser Juden erinnern.
    »In jenen Tagen schon«, erklärte Gerlin mutig. »Jedenfalls erschien es mir als einziger Ausweg, Euch anzulügen. Was mir jetzt natürlich äußerst leidtut.«
    Der König schnaubte. »So, jetzt tut es Euch also leid, während Ihr vor ein paar Monaten wahrscheinlich noch stolz darauf wart, den König von Frankreich hinters Licht geführt zu haben. Was meinte denn übrigens König Richard – Gott habe ihn selig – zu der Geschichte? Man möchte doch meinen, auch er wäre in Versuchung geraten, Euch zu verbrennen!«
    Gerlin errötete erneut. »Er … sah sich nicht genötigt, das Kind anzuerkennen«, bemerkte sie dann, woraufhin der König schallend lachte. »Obwohl …«
    Gerlin wollte anführen, dass zwischen ihrer Familie und der des englischen Königs stets freundschaftliche Bande bestanden hatten, aber Philipp August deutete es anders.
    »… obwohl ihm der hübsche kleine Sohn doch sehr gut angestanden hätte«,
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