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Das Erbe der Pilgerin

Das Erbe der Pilgerin

Titel: Das Erbe der Pilgerin
Autoren: Ricarda Jordan
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Anweisungen zweifellos Folge leisten. »Bitte erlaubt unseren Rittern, Euch eine halbe Meile zurückzubegleiten. Ihr könntet Euch dabei über … hm … Eure vergangenen Ruhmestaten austauschen.« Abram ließ offen, wie das ohne gemeinsame Sprache möglich sein sollte, aber dieser Ritter wirkte nicht so, als sei er beim Prahlen auf verständige Zuhörer angewiesen. »Sobald sich die Straße verbreitert, werden wir demütig zur Seite ausweichen und Euch passieren lassen.«
    Baruch nickte Abram wohlgefällig zu. Er sprach zwar schlecht Französisch, schien seiner Rede jedoch folgen zu können.
    Leider waren die französischen Ritter nicht gewillt, logischen Argumenten nachzugeben.
    »Jude, wir gehören zum Gefolge des Grafen von Toulouse, und wir überbringen wichtige Nachrichten!«, brüstete sich einer von ihnen. »Und ganz sicher werde ich keinem Judenbengel auch nur eine Handbreit weit weichen! Also aus dem Weg!«
    Er wies auf den Abhang neben der Straße und grinste. Schon für einen Reiter wäre es schwierig gewesen, dorthin auszuweichen. Für die schweren Wagen war es unmöglich.
    Abram seufzte. Dann zog er das Schwert. Für die maurischen Ritter eine Aufforderung. Die zwei fackelten nicht lange. Ihre hochblütigen leichten Stuten flogen auf die schweren Streithengste der Franzosen zu, die sich daraufhin ebenfalls in Bewegung setzten. Schwere Lanzen trafen auf leichte Rüstungen, von den Mauren geworfen, von den Christen vom Pferd aus geführt. Auf den ersten Blick hatten die französischen Ritter die besseren Aussichten, diesen Kampf zu gewinnen. Sie waren zweifellos erfahrener als die beiden sehr jungen Mauren, deren ersten Angriff sie kaltblütig abwehrten. Aber sie hatten nicht mit der Wehrhaftigkeit der Kaufleute gerechnet!
    Die jüdischen und maurischen Händler dachten gar nicht daran, sich im Falle eines Angriffs zur Wagenburg zusammenzuschließen und den Kampf den Rittern zu überlassen. Stattdessen flog den Franzosen beim zweiten Angriff ein Pfeilhagel entgegen, Steine wurde geworfen und weitere Männer schwangen ihre Schwerter. Abram stellte sich beherzt dem Kampf mit dem einzigen Ritter, den der erste Angriff vom Pferd geworfen hatte, und verblüffte ihn durch seine gekonnten Paraden.
    Zum Leidwesen seiner Familie war Abram immer ein besserer Schwertkämpfer und Ringer als Kaufmann und Schriftgelehrter gewesen. Schon als junger Mann hatte er sich mitunter als Christ ausgegeben und keine Kneipenschlägerei in den Straßen von Kronach gescheut. Miriam sah dem Kampfgeschehen recht gelassen zu. Auch für sie hatte Abram sich schon mehr als einmal geschlagen. Sie verdankte seinem Mut und seiner Kampfkraft ihr Leben – und im Streit mit diesem Ritter griff obendrein das Überraschungsmoment. Ganz sicher hatte der Mann noch nie einem schwertschwingenden Juden gegenübergestanden. Abram beförderte ihn denn auch sehr schnell den Abhang hinunter – wobei er von dem Sturz sicher kaum noch etwas spürte, Abrams Klinge hatte vorher sein Herz durchbohrt.
    Der junge Tariq erledigte in ritterlichem Zweikampf den zweiten Franzosen, der dritte hauchte sein Leben unter den Stockschlägen und Messerstichen der Knechte und Wagenlenker der anderen Kaufleute aus, die sich auf ihn stürzten, kaum dass er vom Pferd gestoßen worden war.
    »Jetzt werden die ungemein wichtigen Briefe des Grafen von Toulouse leider noch etwas warten müssen«, bemerkte Abram und reinigte sein Schwert. »Die Herren wären besser zurückgeritten. Irgendwelche Verletzten auf unserer Seite?«
    Niemand meldete sich. Die Übermacht der Händler war erdrückend gewesen – und völlig unerwartet für die Ritter.
    »Dann kann’s ja weitergehen«, erklärte Baruch ibn Saul, nachdem die Knechte auch die Leichname der anderen Ritter in die Schlucht geworfen hatten – natürlich nicht ohne sie vorher ihrer Rüstungen zu berauben. Abram warf einen kurzen Blick auf den einzigen Brief, der sich bei den Männern fand.
    »Eine Art Liebesbrief«, beschied er die ungeduldig wartenden Kaufleute. »In keiner Weise dringlich. Es war, wie wir dachten, die Kerle suchten Streit.«
    Baruch ibn Saul nickte. »Vielen Dank, Abram ibn Jakob, für deine tatkräftige Hilfe. Ich hatte gehofft, dass es bei Übersetzungsdiensten bleiben würde. Aber auch deine Fähigkeiten im Schwertkampf sind sehr beeindruckend.« Der Kaufmann holte einen Schlauch Wein unter seinem Bock hervor und winkte Abram damit zu. »Wir sollten dem Ewigen für unseren Sieg danken und anschließend
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