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Mord ist kein Metier für Mädchen

Mord ist kein Metier für Mädchen

Titel: Mord ist kein Metier für Mädchen
Autoren: Carter Brown
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    Die Galerie O’Byrne belegte das
ganze 28. Stockwerk eines vornehmen Hochhauses mitten in Manhattan. Durch
breite Türen mit Glasfüllung marschierte ich in eine gedämpfte, gruftähnliche
Atmosphäre, wo es einige der wertvollsten Dinge zu kaufen gab, die aus den
berühmtesten Epochen der Kunst erhalten geblieben waren — zu Preisen, die sich
jeder x-beliebige Millionär leisten konnte. In diesen nahezu heiligen Hallen
wurde nicht schlichtweg mit Antiquitäten gehandelt, hier gab es nur einmalige,
einzigartige Altertümer. Alles, was auf dem Preisschild keine mindestens
fünfstellige Summe trug, wanderte hier automatisch in die nächste Mülltonne —
nahm ich an.
    Am Empfang saß eine
distinguierte Blondine mit einer bemerkenswerten Figur, die in einer eleganten
schwarzen Hülle steckte. Das Mädchen sah aus, als sei es eben auf dem Sprung
hinüber zu Cocktails im Carlyle.
    »Ich bedaure, aber die Galerie
wird gerade geschlossen«, sagte sie und artikulierte dabei so vornehm, wie der
ganze Laden wirkte. »Morgen früh um zehn öffnen wir wieder .«
    »Ich bin für halb sechs mit Mr.
O’Byrne verabredet«, erwiderte ich knapp. »Mein Name ist Boyd, Danny Boyd .«
    »Mister O’Byrne?« Sie starrte
mich einen Augenblick verständnislos an, dann sah sie in ihrem Terminkalender
nach. »O ja, man erwartet Sie, Mr. Boyd. Wenn Sie ganz durch die Galerie
durchgehen — das Büro ist dort hinten .« Sie kicherte
und drapierte ein paar sorgsam einstudierte Fältchen um die Nase, was wohl
besonders reizend wirken sollte. »Aber eine gewaltige Überraschung erwartet
Sie, Mr. Boyd« — die Fältchen traten erneut in Aktion — »es gibt nämlich keinen Mr., sondern nur eine Miss O’Byrne.«
    »Hauptsache, hier heißt
irgendwer O’Byrne«, erklärte ich.
    »Bitte sehr, ich wollte nur
Ihren Irrtum berichtigen«, schnappte sie ein.
    »Besten Dank für die
freundliche Hilfe«, sagte ich, »und wenn ich Ihnen einen Tip geben darf: Jede bessere Kosmetikerin wird Sie von diesen Fältchen um die Nase
befreien, Verehrteste .«
    Sie stutzte, dann hob sich ihr
Kinn angriffslustig. »Wenn Sie recht schnell durch die Galerie gehen, Mr. Boyd,
dann haben Sie halbwegs eine Chance, nicht für eine von den Antiquitäten
gehalten zu werden .« Sie lächelte honigsüß. »Auf diese
Weise würden Sie wenigstens nicht in einer Privatsammlung landen, nicht wahr ?«
    Ich wanderte durch die Galerie
— recht schnell — und sagte mir, daß dies wohl nicht der rechte Nachmittag war,
mit Vorzimmerdamen Späßchen zu machen. Vor einer mit Teak furnierten Tür blieb
ich stehen, Sharon O’Byrne stand in goldener Schreibschrift darauf. Ich
klopfte, und eine klare Frauenstimme rief »Herein«. Hinter der Tür fand ich ein
Chefzimmer von jener Art vor, wie es unbedingt eine Aussicht vom 28. Stockwerk
benötigt. Es war antik und gediegen möbliert und beherrscht von einem
dürrbeinigen Barockschreibtisch in der Mitte. Dahinter saß ein blondes Wesen,
das durchaus keine dürren Beine hatte.
    Ihr Haar war weizenblond und
gerade so lang, daß es sich liebevoll um den ganzen Kopf schmiegte,
einschließlich der reizenden Ohrläppchen. Ihr Gesicht war schmal, fast ein
bißchen abgezehrt, aber der volle Mund — die unübersehbare Unterlippe zeugte
von einem lebhaften Interesse an allen Sinnenfreuden — verwischte schnell den
strengen Eindruck. Die lohfarbenen Augen lagen weit auseinander, die Lider
waren halb geschlossen, und als sie mich jetzt anblinzelte, nahm sich das wie
ein Versprechen aus. Die großen Ohrringe aus Gold schaukelten sanft.
    »Mr. Boyd?« Ihre Stimme war
rein und angenehm tief, ein ganz klein wenig rauh im
Unterton, was meine Nervenenden mit einem feinen Drahtkamm streichelte. »Nehmen
Sie doch Platz, bitte .«
    Als ich ihr gegenüber in einen
Sessel sank, stand sie auf und kam hinter dem Schreibtisch hervor. Ich sah
interessiert zu, wie sie sich umdrehte und auf eine andere Tür zuging, die von
zwei Picassos flankiert war. Das Zuschauen lohnte sich in der Tat. Sie trug
Rock und Bluse aus weißer Seide und ein dünnes Platinhalsband. Die Arme waren bloß,
die Haut schimmerte makellos, und die Bluse saß bügelfrei über zwei reizend
aufstrebenden Spitzen. Ich hatte meine helle Freude an der Art, wie der seidene
Rock sich um die niedlichen Rundungen schmiegte. Ihre Beine waren schlank, aber
prächtig geformt. Rein äußerlich war sie die Perfektion an sich.
    Sie öffnete die Tür und rief:
»Arnold? Kommen Sie, bitte .« Dann kehrte
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