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Das Erbe der Pilgerin

Das Erbe der Pilgerin

Titel: Das Erbe der Pilgerin
Autoren: Ricarda Jordan
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Dietrich von Lauenstein, falls Ihr das alle vergessen habt. Ich bin die Witwe des Florís de Loches, und ich habe die Festung für meine Kinder zu halten. Wie würde das aussehen, wenn ich dem König und unseren Lehnsleuten einen zweiten Gatten präsentierte? Das wären Verhältnisse wie sie hier mit Luitgart und Roland geherrscht haben! Bevor Richard sein Erbe nicht angetreten hat, kommt eine weitere Ehe für mich nicht infrage. Und auch danach wäre mir ein hübscher Witwensitz in Südfrankreich lieber als eine weitere Flucht wohin auch immer.« Sie ließ ihren Blick zwischen ihrem Sohn, ihrem Bruder und ihrem Geliebten hin und her wandern. »Allerdings könnte ich einen Freund brauchen«, fügte sie hinzu. »Jetzt und später …«
    Salomon sah sie verunsichert an, aber dann lächelte er. »Und dein Hof wird sich nicht daran stoßen? Der König? Die Nachbarn?«
    Gerlin zwinkerte ihm zu. »Daran, dass ich die Heilkunst studiere? Bei einem Arzt, der vormals Richard Löwenherz auf dem Kreuzzug begleitet hat? Das glaube ich nicht. Und sonst … Ich … also, ich könnte mir auch eine chronische Krankheit vorstellen … Wer sollte Schlechtes von mir denken, wenn ich siech daniederliege?« Sie zwinkerte verschwörerisch.
    Salomon seufzte. »Gerlin, dein Bruder und du … Ihr erinnert mich immer mehr an meinen Neffen Abram und dessen nicht minder missratene Gattin.« Seine Worte klangen streng, aber seine Augen blitzten schalkhaft.
    Gerlin zuckte die Schultern. »Gott«, bemerkte sie dann, »schuf uns alle nach seinem Bilde …«
    Sie schmiegte sich in Salomons Arme und wurde an seiner Brust ein bisschen durchgeschüttelt, als ihr Freund und Geliebter dröhnend zu lachen begann.

Nachwort
    D er vorliegende Roman spielt vor dem Hintergrund des Albigenser-Kreuzzugs – sicher eines der dunkelsten Kapitel der Kirchengeschichte. Wobei eher unwahrscheinlich ist, dass es tatsächlich allein die Glaubensinhalte der Katharer waren, die Papst Innozenz II. so gnadenlos gegen sie vorgehen ließen. Eher ging es hier um die Bestrebung, das Erstarken einer Gegenkirche im Keim zu ersticken. Im Gegensatz zu anderen Splittergruppen von Gläubigen, die stets unter dem Verdacht der Ketzerei standen, waren die Albigenser oder Katharer (beides übrigens Namen, die der Religionsgemeinschaft von außen gegeben wurden – sie selbst nannten sich Wahre Christen oder Bonhommes, gute Menschen) gut organisiert. Es gab Bischöfe und Diakone, Kirchen, Konzile und Konvente. Besonders in Okzitanien, aber auch in Deutschland und Italien strömten ihnen Gläubige zu – warum, kann nur vermutet werden. Die einfachen Credentes werden kaum bis ins Letzte verstanden haben, worin sich die Lehre der Bonhommes von der katholischen unterschied. Wichtiger dürfte eine gewisse Kirchenverdrossenheit gewesen sein, vielleicht vergleichbar mit der Parteienverdrossenheit der heutigen Zeit, die ja auch oft zu absonderlichem Wahlverhalten führt.
    Die Kirche der Bonhommes vertrat einige heute abenteuerlich anmutende Ansichten – so etwa die Idee, die Seele einer Frau wäre ursprünglich männlich und erlebe nach ihrer Befreiung erst eine Art Geschlechtsumwandlung, bevor sie im Licht Gottes aufginge. Allerdings holte sie die Menschen dort ab, wo sie waren: Die Parfaits predigten in der Landessprache, und auch das Johannesevangelium lag in Übersetzungen vor. Zudem lebten die Priester meist unter den Gläubigen – und jeder konnte sich davon überzeugen, dass sie die strenge Askese, zu denen ihr Rang sie zwang, auch einhielten, während sich die katholischen Würdenträger gelegentlich als rauflustig, bestechlich und raffgierig erwiesen, von ihrer mangelnden Keuschheit ganz abgesehen.
    Den Papst jedenfalls durfte der wachsende Zustrom zur Religion der Albigenser nervös gemacht haben. Hinzu kam, dass die okzitanischen Bonhommes sich an der Unterstützung durch ihre Landesherren freuen konnten, was in Deutschland und Italien nicht der Fall war, weshalb die Bewegung dort auch nie wirklich Fuß fasste. Dies kam einmal daher, dass sich auch viele Adlige – wie etwa die berühmte Esclarmonde de Foix – zum Glauben der Bonhommes bekannten, und lag zum Zweiten an der beständigen Opposition des Languedoc zu den Machthabern in Paris. Männer wie die Grafen von Toulouse und Foix bestanden auf ihrer Unabhängigkeit. Wo der König Ja sagte, sagten sie Nein und umgekehrt. Wenn der König den Papst gegen die Katharer unterstützte, nahmen sie Partei für die Bonhommes. So kam es
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