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Das Erbe der Elfen

Das Erbe der Elfen

Titel: Das Erbe der Elfen
Autoren: Andrzej Sapkowski
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vorherbestimmte Überraschungskind; sie war es, die die Prinzessin, noch ehe das Kind zu Welt kam, dem Hexer versprach, wie es Herr Rittersporn gesungen hat. Aber der Hexer konnte sie nicht finden und mitnehmen, da ist der Herr Dichter von der Wahrheit abgewichen.«
    »Ist er, aber wie«, schaltete sich ein sehniger junger Mann ins Gespräch ein – der Kleidung nach zu urteilen wohl ein Handwerksgeselle auf Wanderung, ehe er sein Meisterstück anfertigt und die Meisterprüfung ablegt. »Dem Hexer ist seine Vorherbestimmung entgangen. Cirilla ist während der Belagerung von Cintra umgekommen. Bevor sich Königin Calanthe vom Turm stürzte, hat sie mit eigener Hand der Fürstentochter den Tod gegeben, damit sie Nilfgaard nicht lebendig in die Fänge geriet.«
    »Das war anders, ganz anders«, widersprach der Rothaarige. »Die Fürstentochter ist während des Gemetzels erschlagen worden, als sie versuchte, aus der Stadt zu entkommen.«
    »Wie dem auch sei«, schrie der Eisenwarengnom, »der Hexer hat diese Ciri nicht gefunden! Der Dichter hat gelogen!«
    »Aber schön hat er gelogen«, sagte die Elfe mit der Toque und schmiegte sich an den hochgewachsenen Elf.
    »Es geht nicht um die Poesie, sondern um die Tatsachen!«, rief der Eisenwarenhändler. »Ich sage, die Fürstentochter ist von der Hand ihrer eigenen Großmutter umgekommen. Jeder, der in Cintra war, kann das bestätigen!«
    »Und ich sage, dass sie auf der Straße erschlagen wurde, als sie zu fliehen versuchte«, teilte der Rothaarige mit. »Ich stamme zwar nicht aus Cintra, aber ich weiß das, weil ich bei der Mannschaft des Jarls von Skellige war, der Cintra im Krieg unterstützt hat. Der König von Cintra, Eist Tuirseach, stammt bekanntlich von den Skellige-Inseln, er war der Onkel des Jarls. Ich aber habe in der Mannschaft des Jarls in Marnadal und in Cintra gekämpft, und dann, nach der Niederlage, bei Sodden  ...«
    »Noch ein Mitkämpfer«, knurrte Sheldon Skaggs an die ihn umringenden Zwerge gewandt. »Lauter Helden und Krieger. He, Leute! Ist unter euch wenigstens einer, der nicht in Marnadal oder bei Sodden gekämpft hat?«
    »Spott ist fehl am Platze, Skaggs«, sagte der hochgewachsene Elf tadelnd und legte der Schönheit mit der Toque den Arm um die Schultern, um bei den anderen Bewunderern jeden Zweifel zu zerstreuen. »Bilde dir nur nicht ein, dass nur du bei Sodden gekämpft hast. Ich beispielsweise habe auch an dieser Schlacht teilgenommen.«
    »Fragt sich, auf welcher Seite«, flüsterte Freiherr Vilibert Radcliffe so zu, dass es gut zu hören war, doch der Elf ignorierte es völlig.
    »Wie allgemein bekannt«, fuhr er fort, ohne den Freiherrn und den Zauberer auch nur eines Blickes zu würdigen, »haben in der zweiten Schlacht um Sodden an die hunderttausend Krieger im Felde gestanden, von denen mindestens dreißigtausend gefallen sind oder versehrt wurden. Herrn Rittersporn gebührt Dank, dass er in einer seiner Balladen diesen berühmten, aber auch schrecklichen Kampf für die Ewigkeit bewahrt hat. Sowohl in den Worten als auch in der Melodie dieses Liedes habe ich nicht Lobpreis gehört, sondern Warnung. Abermals, Lob und ewiger Ruhm gebühren dem Herrn Dichter für eine Ballade, die vielleicht dazu beiträgt, dass sich eine Wiederholung der Tragödie, die dieser grausame und nutzlose Krieg war, in Zukunft vermeiden lässt.«
    »Wahrlich«, sagte Freiherr Vilibert und blickte den Elf herausfordernd an. »Merkwürdige Dinge habt Ihr aus der Ballade herausgehört, werter Herr. Ein nutzloser Krieg, sagt Ihr? Ihr möchtet eine Tragödie in Zukunft gern vermeiden? Sollen wir das so verstehen, dass, wenn Nilfgaard uns wieder angreifen würde, Ihr zur Kapitulation rietet? Das Joch von Nilfgaard unterwürfig annehmen würdet?«
    »Das Leben ist eine unschätzbare Gabe und muss bewahrt werden«, sagte der Elf kalt. »Nichts rechtfertigt eine Schlächterei und Hekatomben, wie es beide Schlachten um Sodden waren, die verlorene und die gewonnene. Beide haben euch Menschen Tausende von Existenzen gekostet. Ihr habt ein unvorstellbares Potential verloren  ...«
    »Elfengerede!«, platzte Sheldon Skaggs heraus. »Dummes Geschwätz! Das war der Preis, der gezahlt werden musste, damit die anderen in Anstand und Frieden leben können, statt sich von den Nilfgaardern in Ketten legen, blenden, in die Schwefelgruben und Salzbergwerke prügeln zu lassen. Diejenigen, die den Heldentod gestorben sind und dank Rittersporn ewig in unserer Erinnerung leben
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