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Das Erbe der Elfen

Das Erbe der Elfen

Titel: Das Erbe der Elfen
Autoren: Andrzej Sapkowski
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werden, haben uns gelehrt, wie man sein Heim verteidigt. Singt Eure Balladen, Rittersporn, singt sie allen vor. Die Lehre wird nicht vergebens sein, sondern uns nützen, Ihr werdet es sehen! Denn heute oder morgen wird Nilfgaard wieder über uns kommen, denkt an meine Worte! Jetzt lecken sie sich die Wunden und erholen sich, aber der Tag ist nicht fern, da wir ihre schwarzen Mäntel und gefiederten Helme wieder zu Gesicht bekommen werden!«
    »Was wollen sie von uns?«, rief Vera Loewenhaupt. »Warum haben sie es auf uns abgesehen? Warum lassen sie uns nicht in Ruhe leben und arbeiten? Was wollen sie, diese Nilfgaarder?«
    »Unser Blut!«, brüllte Freiherr Vilibert.
    »Und unser Land!«, schrie jemand aus der Menge der Bauern auf.
    »Und unsere Weiber!«, sekundierte ihm Sheldon Skaggs und rollte drohend mit den Augen.
    Ein paar Leute lachten auf, aber leise und heimlich. Denn obgleich es eine sehr komische Vorstellung war, dass jemand außer Zwergen auf die ungemein unattraktiven Zwergenfrauen aus sein könnte, so war es doch ein riskantes Thema für Späße, vor allem in Anwesenheit der kleinen, stämmigen und bärtigen Herrschaften, deren Äxte und Dolche die hässliche Angewohnheit hatten, unheimlich flink hinter den Gürteln hervorzuschnellen. Und die Zwerge, aus unerfindlichen Gründen durch und durch davon überzeugt, alle Welt sei auf ihre Frauen und Töchter scharf, waren in dieser Hinsicht überaus reizbar.
    »Dazu musste es eines Tages kommen«, sagte plötzlich der grauhaarige Druide. »Das musste geschehen. Wir haben vergessen, dass wir nicht allein auf Erden sind, nicht der Nabel der Welt. Wie dumme, faule, vollgefressene Karpfen in einem trüben Teich glaubten wir nicht an die Existenz von Hechten. Wir haben zugelassen, dass unsere Welt wie jener Teich verschlammte, versumpfte und zu faulen begann. Blickt euch um – überall Verbrechen und Sünde, Gier, Gewinnsucht, Zank, Zwietracht, Sittenverfall, Missachtung aller Werte. Statt so zu leben, wie es die Natur uns heißt, haben wir begonnen, diese Natur zu vernichten. Und was kommt dabei heraus? Die Luft ist verpestet vom Gestank der Eisenhütten, Flüsse und Bäche sind von Schlachthöfen und Gerbereien verschmutzt, die Wälder werden auf Teufel komm raus abgeholzt  ... Ha, sogar in die lebendige Rinde der heiligen Bleobheris, schaut nur, da gleich überm Kopf des Herrn Dichters, hat jemand mit dem Klappmesser einen widerlichen Ausdruck eingeritzt. Noch dazu fehlerhaft – nicht genug, dass das ein Vandale war, es war auch noch ein Ignorant, der nicht schreiben kann. Was wundert ihr euch? Das musste ein böses Ende nehmen  ...«
    »Ja, ja!«, fiel der dicke Priester ein. »Besinnt euch, ihr Sünder, ehe es zu spät ist, denn der Zorn der Götter und die Vergeltung sind über euch! Denkt an die Weissagung von Itlina, an die prophetischen Worte von der Strafe der Götter, die das von Verbrechen vergiftete Geschlecht heimsuchen wird! Erinnert euch: ›Es kommt die Zeit der Verachtung, und der Baum wird sein Laub verlieren, die Knospe wird verdorren, die Frucht verfault und das Korn wird bitter, und in den Flusstälern strömt statt Wasser Eis. Und es wird kommen die Weiße Kälte und danach das Weiße Licht, und die Welt wird im Frost ersterben.‹ So spricht die Prophetin Itlina! Doch bevor das geschieht, werden Zeichen erscheinen und Plagen hereinbrechen, denn vergesst nicht, Nilfgaard ist eine Gottesstrafe! Das ist die Geißel, mit der die Unsterblichen euch Sünder züchtigen, damit ihr  ...«
    »Ach, haltet den Mund, Hochwürden!«, blaffte Sheldon Skaggs und stampfte mit dem schweren Stiefel auf. »Es wird einem ganz übel von Eurem Aberglauben und Gefasel! Die Gedärme drehen sich einem um  ...«
    »Vorsicht, Sheldon«, unterbrach ihn der hochgewachsene Elf mit einem Lächeln. »Spotte nicht über eine fremde Religion. Das ist weder schön noch anständig, noch  ... ungefährlich.«
    »Ich spotte über nichts«, widersprach der Zwerg. »Ich ziehe die Existenz der Götter nicht in Zweifel, aber es bringt mich auf, wenn jemand sie in die irdischen Angelegenheiten hineinzieht und einem mit den Prophezeiungen irgendeiner verrückten Elfe den Kopf vernebelt. Die Nilfgaarder sollen also ein Werkzeug der Götter sein? Unsinn! Denkt, ihr Menschen, zurück an die Zeiten von Desmond, Radowid, Sambuk, an die Zeiten von Abrad Alteiche! Ihr erinnert euch nicht, weil euer Leben kurz ist wie das einer Eintagsfliege, aber ich weiß es noch und will
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