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Das Erbe der Elfen

Das Erbe der Elfen

Titel: Das Erbe der Elfen
Autoren: Andrzej Sapkowski
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solche Menschen wie Ihr.«
    »Das ist eine Lüge! Sie sind die Nachkommen von Schwarzen Seidhe, das weiß jeder! In ihren Adern fließt das Blut von Elfen. Elfenblut!«
    »Und was fließt in Euren Adern?« Der Elf lächelte spöttisch. »Wir vermischen unser Blut seit Generationen, seit Jahrhunderten, wir und ihr, das gelingt uns bestens, ich weiß nicht, ob zum Glück oder zum Unglück. Es ist kein Vierteljahrhundert her, dass ihr begonnen habt, gemischte Verbindungen zu verdammen, übrigens mit kläglichem Erfolg. Und jetzt zeigt mir einen Menschen ohne Beimischung von Seidhe Ichaer, vom Blut des Älteren Volkes.«
    Vilibert lief sichtlich rot an. Auch Vera Loewenhaupt errötete bis über die Ohren. Der Zauberer Radcliffe senkte den Kopf und hüstelte. Interessanterweise wurde auch die schöne Elfe mit der Hermelintoque rot.
    »Wir alle sind Kinder von Mutter Erde«, ertönte leise die Stimme des grauhaarigen Druiden. »Wir sind Kinder von Mutter Natur. Und obwohl wir unsere Mutter nicht achten, obwohl wir ihr manchmal Kummer und Schmerz zufügen, obwohl wir ihr das Herz brechen, liebt sie uns, liebt uns alle. Lasst uns dessen eingedenk sein, die wir hier versammelt sind, am Ort der Freundschaft. Und wir wollen uns nicht streiten, wer von uns zuerst hier war, denn zuerst wurde von einer Welle die Eichel angespült, und aus der Eichel keimte die Große Bleobheris, die Älteste von allen Eichen. Wenn wir unter den Ästen der Bleobheris stehen, zwischen ihren zeitlosen Wurzeln, wollen wir nicht unsere eigenen, brüderlichen Wurzeln vergessen, die Erde, aus der diese Wurzeln erwachsen. Denken wir an die Worte aus dem Lied des Dichters Rittersporn  ...«
    »Genau!«, rief Vera Loewenhaupt. »Wo ist er eigentlich?«
    »Er hat sich verdrückt«, stellte Sheldon Skaggs mit einem Blick auf den leeren Platz unter der Eiche fest. »Hat das Geld genommen und sich ohne Abschied verdrückt. Wahrlich auf Elfenart!«
    »Auf Zwergenart!«, piepste der Eisenwaren-Gnom.
    »Auf Menschenart«, berichtigte der hochgewachsene Elf, und die Schönheit mit der Toque legte den Kopf an seine Schulter.
     
    »He, Spielmann«, sagte Madame Lantieri, als sie ohne anzuklopfen ins Zimmer kam und eine Geruchswolke von Hyazinthen, Schweiß, Bier und Rauchfleisch vor sich hertrieb. »Du hast Besuch. Kommt herein, ehrenwerter Herr.«
    Rittersporn strich sich die Haare zurecht und richtete sich in dem riesigen geschnitzten Lehnstuhl auf. Die beiden Mädchen sprangen hurtig von seinen Knien, bedeckten ihre Reize, zogen die offenherzigen Hemden zusammen. Die Scham der Dirnen, dachte der Dichter, wirklich kein übler Titel für eine Ballade. Er stand auf, zog den Gürtel zu und legte das Wams an, während er den auf der Schwelle stehenden Edelmann ansah.
    »In der Tat«, sagte er, »Ihr versteht es immer, mich zu finden, obwohl Ihr selten den passenden Moment wählt. Zu Eurem Glück hatte ich noch nicht entschieden, welche von den beiden Hübschen ich vorziehe. Und bei deinen Preisen, Lantieri, kann ich mir nicht beide leisten.«
    Madame Lantieri lächelte verständnisinnig, klatschte in die Hände. Die beiden Mädchen – eine hellhäutige, sommersprossige von den Inseln und eine dunkelhaarige Halbelfe – verließen eilig das Zimmer. Der auf der Schwelle stehende Mann legte den Mantel ab und reichte ihn Madame Lantieri zusammen mit einem kleinen, aber prall gefüllten Beutel.
    »Entschuldigt, Meister«, sagte er, trat näher und setzte sich an den Tisch. »Ich weiß, dass ich Euch zur Unzeit behellige. Aber Ihr seid unter der Eiche so plötzlich verschwunden  ... Ich habe Euch auf der Landstraße nicht eingeholt, wie ich es vorhatte, und im Städtchen nicht sofort Eure Spur gefunden. Seid versichert, ich werde nicht viel von Eurer Zeit in Anspruch nehmen  ...«
    »Das sagt Ihr immer, und immer ist es Schwindel«, fiel ihm der Barde ins Wort. »Lass uns allein, Lantieri, und achte darauf, dass wir nicht gestört werden. Ich höre, mein Herr.«
    Der Mann musterte ihn mit forschendem Blick. Er hatte dunkle, feuchte, wie tränende Augen, eine spitze Nase und unschöne, schmale Lippen.
    »Ich komme ungesäumt zur Sache«, erklärte er, sobald sich die Tür hinter der Madame geschlossen hatte. »Mich interessieren Eure Balladen, Meister. Genauer gesagt, gewisse Personen, von denen Ihr singt. Mich beschäftigen die wahren Schicksale der Helden Eurer Balladen. Denn wenn ich mich nicht irre, haben Euch doch die wirklichen Schicksale realer Personen zu
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