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Das Erbe der Elfen

Das Erbe der Elfen

Titel: Das Erbe der Elfen
Autoren: Andrzej Sapkowski
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gleichermaßen Abstand zu den Menschen. Die Menschen zahlten es den Nichtmenschen auf dieselbe Weise heim, doch auch unter ihnen war keine Spur von Integration zu beobachten. Der Adel sah angewidert auf Kaufleute und Hausierer herab, Soldaten und Söldner rückten von den Hirten in den stinkenden Mänteln ab. Die wenigen Zauberer und Adepten isolierten sich völlig und bedachten alle ringsum in gerechtem Gleichmaß mit ihrem Hochmut. Den Hintergrund indes bildete die zusammengedrängte, dunkle, finster schweigende Masse der Bauern. Sie, die mit den über die Köpfe ragenden Rechen, Mistgabeln und Dreschflegeln an eine Armee erinnerten, ignorierten alle und alles.
    Eine Ausnahme bildeten wie üblich die Kinder. Befreit von dem Gebot, sich während des Auftritts des Barden still zu verhalten, stürmte die Rasselbande mit wildem Geschrei in den Wald, um sich dort mit Feuereifer einem Spiel zu widmen, dessen Regeln jemand, der die glücklichen Kinderjahre schon hinter sich hatte, für gewöhnlich nicht verstand. Die kleinen Menschen, Elfen, Zwerge, Halblinge, Gnomen, Halbelfen, Viertelelfen und Knirpse rätselhafter Herkunft kannten und akzeptierten keine gesellschaftlichen und Rassenschranken. Vorerst.
    »In der Tat!«, rief einer der auf der Lichtung anwesenden Ritter, ein spindeldürrer Kerl in einem rot-schwarzen Wams, das mit drei schreitenden Löwen verziert war. »Das hat der Herr Zauberer gut gesagt! Schöne Balladen waren das, bei meiner Ehre, Herr Rittersporn, wenn Ihr einmal in der Nähe von Kahlhorn seid, dem Kastell meines alten Herrn, dann tretet ein, ohne auch nur einen Augenblick zu zögern. Wir werden Euch bewirten wie einen Fürsten, was sage ich, wie König Wisimir selber! Ich schwöre auf mein Schwert, ich habe viele Troubadoure gehört, aber die sind gar nichts im Vergleich zu Euch, Meister. Nehmt von uns, den Edelgeborenen und zum Ritter geschlagenen, Wertschätzung und Huldigung für Eure Kunst entgegen!«
    Mit unfehlbarem Gespür für den richtigen Augenblick zwinkerte der Troubadour dem Schüler zu. Der Bursche legte die Laute beiseite und nahm eine kleine Schatulle vom Boden auf, die dazu diente, bei den Zuhörern gewichtigere Bekundungen ihrer Anerkennung zu sammeln. Er zögerte, ließ den Blick über die Menge schweifen, worauf er die Schatulle wieder hinlegte und einen nahebei stehenden leeren Zuber ergriff. Mit einem geneigten Lächeln hieß Meister Rittersporn die Umsicht des jungen Mannes gut.
    »Meister!«, rief eine stattliche Frau, die auf einem Wagen mit der Aufschrift »Vera Loewenhaupt und Söhne« saß, der mit Waren aus Weidenruten beladen war. Von den Söhnen war weit und breit nichts zu sehen, wahrscheinlich waren sie damit beschäftigt, die von der Mutter erarbeitete Habe zu vergeuden. »Meister Rittersporn, wie das? Ihr lasst uns im Ungewissen? Das ist doch nicht das Ende Eurer Ballade? Singt uns davon, was weiter geschah!«
    »Lieder und Balladen«, sagte der Künstler mit einer Verbeugung, »sind nie zu Ende, meine Dame, denn die Poesie ist ewig und unsterblich, sie kennt weder Anfang noch Ende ...«
    »Aber was war danach?« Die Kauffrau gab sich nicht geschlagen, während sie freigiebig klingende Münzen in den Zuber warf, den ihr der Schüler hinhielt. »Erzählt uns wenigstens davon, wenn Ihr nicht davon singen mögt. In Euren Liedern sind überhaupt keine Namen gefallen, aber wir wissen ja, dass der Hexer, den Ihr besingt, kein anderer als der berühmte Geralt von Riva ist; jene Zauberin jedoch, zu der er in heißer Liebe entbrannt ist, ist die nicht minder berühmte Yennefer. Jenes Überraschungskind indes, das dem Hexer versprochen und vorherbestimmt ist, muss ja wohl Cirilla sein, die unglückliche Prinzessin aus dem von den Angreifern verwüsteten Cintra. Ist es nicht so?«
    Rittersporn lächelte geduldig und geheimnisvoll.
    »Ich singe von allgemeingültigen Dingen, edle Wohltäterin«, erklärte er. »Von Gefühlen, die jedem zuteil werden können. Nicht von konkreten Personen.«
    »Mitnichten!«, brüllte jemand aus der Menge. »Jeder weiß, dass die Lieder vom Hexer Geralt handeln!«
    »Ja, ja!«, piepsten die Töchter des Freiherrn Vilibert im Chor, während sie die tränennassen Tücher auswrangen. »Singt noch etwas, Meister Rittersporn! Was war danach? Haben der Hexer und die Zauberin Yennefer schließlich zueinandergefunden? Und haben sie sich geliebt? Waren sie glücklich? Wir wollen es wissen! Meister, Meister!«
    »Ach was!«, rief kehlig der Anführer
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