Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Ende aller Tage

Das Ende aller Tage

Titel: Das Ende aller Tage
Autoren: Brian W. Aldiss
Vom Netzwerk:
keinen Namen.« Du machtest eine Pause und blicktest von einem zum anderen. »Sie sind die höchste Blüte der Entwicklung hier. Denken Sie an die Vielfalt der Experimente, die die Natur durchführte, bevor sie den Menschen hervorbrachte. Sie begann mit Aminosäuren, dann kam die Amöbe, eine einzige Zelle. Viele ihrer Experimente waren Fehlschläge; der Mensch ist das bisher am besten gelungene.
    In der neuen Welt, von der ich komme, beginnt sie mit dem Menschen. Ich bin die früheste, primitivste Form des Lebens in meiner Welt – die neue Amöbe!«
    Du fuhrst fort, ihnen von den radikalen Veränderungen zu erzählen, die in dir verwirklicht worden waren; du warst wahrhaft eine neue, verschiedenartige Spezies. Dein Verdauungsapparat war anders organisiert. Die psychologische Basis deines Denkens war verbessert; der größte Teil des dem alten Menschen innewohnenden irrationalen Gefühlslebens war vollständig verschwunden.
    Der Souverän hörte dich schweigend an, doch als du geendet hattest, sagte er: »Wie kommt es, daß Sie als der erste Ihrer Spezies soviel über sich selbst wissen?«
    Du lächeltest. »Weil ich neben den mehr äußerlichen Verbesserungen noch eine andere wertvolle Gabe habe: ein Bewußtsein meiner physiologischen Funktionen. Ich kann die Arbeitsweise eines jeden Enzyms in meinem Körper kontrollieren, bis in die letzte meiner Blutzellen blicken. Ich bin integriert, wie Sie es niemals sein können. Zum Beispiel kann mir keine Krankheit etwas anhaben; ich würde jede schon im Entstehen erkennen und bekämpfen. Ich kenne mich selbst und bin – im wahrsten Sinne des Wortes – mein eigener Herr.«
     
7
     
    Der Souverän kam von seiner Estrade herunter. »Obwohl ich fünf Jahrhunderte gelebt habe«, sagte er mit leisem Spott, »bin ich wieder wie ein Kind, so neu klingt alles dies. Auf Yinnisfar müssen Sie sich als wahrer Supermensch fühlen.«
    »Haben Sie mich nicht verstanden?« fragtest du verletzt und ärgerlich. »In meiner Welt nehme ich den Rang einer Amöbe ein. Sollte ich darauf vielleicht stolz sein?«
    Der Souverän hob seine manikürte Hand. »Ich sehe das klar genug. Sie sind von geradezu rührender Bescheidenheit, was Ihre Macht angeht.«
    »Was nützt dieses ganze Geschwätz?« fragte der Einäugige aufgebracht. Er hatte die ganze Zeit neben dem General und Prim gestanden, den Kopf voller sinnloser Fluchtpläne. Nun kam er zornig auf dich zugestampft.
    »Sie haben uns hergebracht, Sie können uns zurückbringen«, sagte er. »Ich bin des Wartens müde. Schaffen Sie uns nach Owlenj zurück, wenn Sie so ein Supermensch sind.«
    Du schütteltest den Kopf. »Auf Owlenj wären Sie nicht besser daran als hier, das kann ich Ihnen versichern«, antwortetest du. »Es tut mir leid, daß Sie in diese Sache hineingezogen wurden, aber hier ist es nicht schlimmer als in den Ruinen einer zerstörten Stadt. Und ich bin kein Supermensch …«
    »Kein Supermensch!« knurrte Einauge. Er wendete sich an den Souverän und rief: »Er sagt, er sei kein Supermensch. Aber er hat Gift getrunken, das eine ganze Armee umgebracht hätte, und er hat die Säbel und die Beschießung ohne eine Schramme überstanden, wie Sie selbst gesehen haben …«
    »Hören Sie zu!« unterbrachst du ihn. »Diese Dinge gehörten zu einem ganz anderen Prinzip. Hier, sehen Sie!«
    Du tratest an eine Wand aus polierten Marmorblöcken. Du legtest die gespreizte Hand mit den Fingerspitzen daran und drücktest. Als du die Hand zurückzogst, wies der Marmor fünf Löcher auf. Es war eine einfache Demonstration, aber sie tat ihre Wirkung. Du wendetest dich ihnen zu, doch sie wichen mit blassen Lippen vor dir zurück.
    »Trotzdem bin ich nicht stärker als Sie«, sagtest du. »Der Unterschied ist nur, daß ich von einer jungen, frischen Welt komme. Sie dagegen entstammen einer alten, verbrauchten Welt. Wie alt ist Ihr galaktisches System? Sie wissen es nicht genau, aber es ist unglaublich alt. Es hat sich abgenutzt, ist fadenscheinig geworden. Nichts hat ewigen Bestand. Die Energie, die Materie, alles das ist schwach geworden, vom Zerfall bedroht. Die großen kosmischen Batterien haben sich entleert, und die Protonen und Neutronen verlieren ihre Polarität, Molekülketten lösen sich auf. Stahl hat nicht mehr die Kraft, die Papier einmal hatte, Holz ist Wasser.«
    »Sie wollen uns täuschen!« sagte Prim. »Nur Sie können Marmor mit den Fingern durchbohren, Giften Widerstand leisten, Säbelhiebe und Kugeln unverletzt überstehen. Wir
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher