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Das Echo der Traeume

Das Echo der Traeume

Titel: Das Echo der Traeume
Autoren: Maria Duenas
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heutigen Tag sein privates Archiv, in der Obhut eines Menschen, der ihn kannte und schätzte.
    Meinen Bericht über Rosalindas weiteres Schicksal möchte ich mit Fragmenten aus Beigbeders Leben verknüpfen, sodass vielleicht ein vollständigeres Bild seiner letzten Zeit als Minister entsteht. Bei Kriegsende beschloss meine Freundin, Portugal zu verlassen und nach England zu gehen. Sie wollte, dass ihr Sohn dort die Schule besuchte. So kam es, dass ihr guter Freund und Teilhaber Dimitri den Club » El Galgo« verkaufte. Das Jewish Joint Committee verlieh ihnen gemeinsam das Lothringer Kreuz des französischen Widerstands in Anerkennung ihrer Verdienste für jüdische Flüchtlinge. Die amerikanische Zeitschrift Time veröffentlichte einen Artikel, in dem Martha Gellhorn, die Gattin Ernest Hemingways, schreibt, dass El Galgo und Mrs. Fox zwei der schönsten Attraktionen Lissabons seien. Trotzdem verließ sie die Stadt.
    Mit dem Geld, das sie für den Club erhalten hatte, ließ sie sich in Großbritannien nieder. In den ersten Monaten lief alles gut: wieder bei Kräften, reichlich Pfund Sterling auf der Bank, den Kontakt zu alten Freunden aufgefrischt und sogar die Möbel aus Lissabon unversehrt angekommen, darunter siebzehn Sofas und drei Konzertflügel. Und dann, als alles wieder in ruhigen Bahnen verlief und sie auf der Sonnenseite des Lebens stand, erinnerte sie Peter Fox von Kalkutta aus wieder einmal daran, dass sie noch einen Ehemann hatte. Er meinte, sie sollten es doch noch einmal miteinander versuchen. Entgegen aller Erwartungen willigte sie ein.
    Sie suchte ein Landhaus in Surrey und bereitete sich zum dritten Mal in ihrem Leben darauf vor, die Rolle der Ehefrau zu übernehmen, ein abenteuerliches Vorhaben, das sie selbst in einem Wort zusammenfasste: unmöglich. Peter hatte sich um keinen Deut geändert, er verhielt sich ihr gegenüber, als wäre Rosalinda noch das sechzehnjährige Mädchen, das er einmal geheiratet hatte, behandelte das Personal schlecht, war rücksichtslos, egozentrisch und unfreundlich. Drei Monate nach ihrem Wiedersehen musste sie ins Krankenhaus. Sie wurde operiert und brauchte Wochen, bis sie wieder einigermaßen auf den Beinen war. Aber eines wurde ihr in dieser Zeit klar: Sie musste ihren Mann verlassen, wie auch immer. Daraufhin kehrte sie nach London zurück, mietete ein Haus in Chelsea und betrieb für kurze Zeit einen Club, der den pittoresken Namen » The Patio« trug. Peter blieb in dieser ganzen Zeit in Surrey, weigerte sich, ihre Lissabonner Möbel herauszugeben und endlich in die Scheidung einzuwilligen. Sobald Rosalinda wieder bei guter Gesundheit war, begann sie für ihre Freiheit zu kämpfen.
    Den Kontakt zu Beigbeder ließ sie nie abreißen. Ende 1946, vor Peters Rückkehr nach England, verbrachten sie einige Wochen zusammen in Madrid. 1950 kam sie erneut für eine Zeitlang in die spanische Hauptstadt. Ich war damals nicht dort, doch sie schrieb mir, dass es ungeheuer schmerzlich für sie sei, Juan Luis so am Boden zerstört vorzufinden. Sie kaschierte die Misere mit ihrem gewohnten Optimismus: was für bedeutende Firmen er leite, was für ein großes Tier in der Wirtschaftswelt er sei. Zwischen den Zeilen las ich, dass das alles Lüge war.
    In jenem Jahr schien eine neue Rosalinda zum Vorschein zu kommen, die nur noch zwei Ziele hatte: sich von Peter scheiden zu lassen und Juan Luis durch zeitweise Aufenthalte in Madrid auf seinem letzten Lebensabschnitt zu begleiten. Wie sie berichtete, alterte er mit Riesenschritten, er wurde von Tag zu Tag lustloser und gebrechlicher. Die Energie, die geistige Beweglichkeit und der Elan, die er in den alten Zeiten als Hochkommissar an den Tag gelegt hatte, schienen sozusagen zu verlöschen. Es bereitete ihm Freude, wenn sie ihn zu einer Autofahrt einlud, wenn sie in irgendeinem Bergdorf in einem einfachen Gasthaus an der Landstraße aßen, weit weg von der Stadt. Wenn sie keinen Ausflug machen konnten, gingen sie spazieren. Manchmal trafen sie sich mit alten Herren, mit denen er vor langer Zeit die Stube in der Kaserne oder das Amtszimmer geteilt hatte. Dann stellte er sie vor als » meine Rosalinda, das Heiligste auf der Welt nach der Jungfrau Maria«. Woraufhin sie hellauf lachte.
    Es kostete sie Mühe zu verstehen, warum er so sehr verfiel, obwohl er noch gar nicht so alt war. Er war damals wohl etwas über sechzig, aber schon ein Greis, der sich vollkommen aufgegeben hatte – müde, traurig, enttäuscht. Von allen. Und dann hatte
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