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Das dunkle Fenster (German Edition)

Das dunkle Fenster (German Edition)

Titel: Das dunkle Fenster (German Edition)
Autoren: Andrea Gunschera
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den Schultern. „Damit sie niemandem von Ihnen erzählen kann.“
    „Ich bin kein mordender Irrer“, sagte Nikolaj.
    Der Israeli schwieg. Dann: „Wer war der Auftraggeber?“
    Nikolaj musste lächeln. Allmählich empfand er widerwillige Sympathie für den Mann. „Sie sind gut“, sagte er. „Sie sind wirklich gut. Was haben Sie früher gemacht? Waren Sie Verhörspezialist?“
    „Eine Weile“, gab Katzenbaum zu. Er erwiderte das Lächeln.
    „Habe ich eine Chance, aus dieser Sache raus zu kommen?“
    Katzenbaum schwieg eine Zeitlang. Dann stand er plötzlich auf und trat ans Fenster. Er schaute ein paar Minuten auf die nächtliche Straße hinaus. Das Schweigen zog sich hin.
    „Ja“, sagte er endlich. Er blieb so stehen, mit dem Rücken zu Nikolaj. „Ja“, wiederholte er. „Wenn wir einen Weg finden, wie wir einander vertrauen können.“
    Es regnete, als sie hinaus auf die Straße traten. Im nassen Asphalt spiegelten sich die Lichter der Straßenlaternen. Am Horizont kündete sich zaghaft grau der Morgen an. Stille lag über den Häusern. Nikolaj trug seine Jacke; trotzdem war er binnen Minuten durchnässt.
    „Sie trauen mir immer noch nicht“, sagte Katzenbaum. Obwohl er das verletzte Bein nachzog, bewegte er sich fast mit normaler Laufgeschwindigkeit.
    „Sie sind ein ungewöhnlicher Mensch“, sagte Nikolaj.
    „Verraten Sie mir jetzt, wer für Rosenfeldts Tod bezahlt hat?“
    „Und dann?“
    „Dann können Sie gehen, wohin Sie wollen.“
    „Einfach so?“
    Der Israeli kicherte leise. „Das könnten Sie natürlich jetzt schon. Aber ich baue darauf, dass Sie sich meinen Vorschlag noch anhören wollen.“
    „Der von den Namen abhängt, die ich Ihnen nenne?“
    „Ja.“
    Sie liefen bis zum Ende der Straße und bogen in eine Quergasse ab. Dem gleichförmigen Geräusch der Regentropfen haftete etwas Beruhigendes an. Nikolaj warf einen Blick zurück über die Schulter. Die Straße hinter ihnen blieb leer. Ein Stück voraus tauchte ein blaues U- Bahn-Schild auf.
    „Zwei Namen“, sagte Nikolaj. „Es sind zwei Namen.“
    Katzenbaum nickte.
    „Was werden Sie tun, wenn Sie sie wissen?“, fragte Nikolaj. „Diese Leute zur Rechenschaft ziehen? Wollen Sie es öffentlich machen?“
    „Nicht öffentlich. Ich bin nicht verrückt.“
    „Aber Sie möchten es auch nicht einfach auf sich beruhen lassen. Das Wissen allein reicht Ihnen nicht.“ Sie wichen einer Pfütze aus. Nikolaj drehte den Kopf, so dass er den Israeli von der Seite ansehen konnte. „David Liberman“, sagte er. „Das ist der erste Name.“
    „Oh“, murmelte Katzenbaum. Sein Gesicht blieb regungslos.
    „Kennen Sie ihn?“
    „Nicht persönlich. Und der andere?“
    „Ich gebe Ihnen diesen Namen, und Sie versuchen nicht, mir wieder in die Quere zu kommen.“
    „Einverstanden. Aber ich kann nicht für den gesamten Dienst sprechen.“
    Nikolaj lächelte dünn. „Das haben Sie sehr diplomatisch ausgedrückt.“
    „Es ist die Wahrheit.“
    „Shimon Cohen.“ Nikolajs Körper spannte sich unwillkürlich, als er die Worte aussprach. Er wusste selbst nicht, was genau er erwartete.
    „Shimon Cohen“, wiederholte Katzenbaum mit brüchiger Stimme.
    Nikolaj sah ihn an. „Sie wirken nicht gerade überrascht.“
    „Ich hatte es befürchtet“, sagte der Israeli. Die Worte kamen wie zähflüssiges Wachs. „Ich hatte nur gehofft, dass ich mich irre. Aber nein, sehr überrascht bin ich nicht.“
    „Und jetzt? Machen Sie einfach weiter wie bisher?“
    Katzenbaum warf einen Blick zu den Treppen, die hinunter in den U-Bahn-Schacht führten. Langsam schüttelte er den Kopf, dann sah er Nikolaj an. „Falls Sie je daran denken sollten“, murmelte er, „Cohen auszuschalten ...“
    Er zögerte kurz, wartete auf eine Reaktion.
    Nikolaj starrte ihn nur an.
    Ein verkniffenes Lächeln vertiefte die Fältchen um die Augen des Katsa.
    „... dann rufen Sie mich an“, vollendete er den Satz. „Wenn Sie Hilfe brauchen.“
    Tief holte Nikolaj Atem. Er fröstelte plötzlich. „Das ist alles?“
    Ein knappes Nicken. Schulterzucken.
    „Das ist alles.“
    „Nichts weiter?“ Nikolaj hob den Arm zu einer weit ausholenden Bewegung. „Kein Ruhm für Sie? Der Mann, der den Rosenfeldt-Killer zur Strecke brachte?“
    „Nein.“ Ein beinahe trauriger Ausdruck prägte sich auf die hageren Züge.
    Nikolaj spürte eine warme Welle der Zuneigung für den Mann in sich aufsteigen. Er streckte ihm die Hand entgegen. Katzenbaum ergriff sie und erwiderte den
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