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Das dunkle Fenster (German Edition)

Das dunkle Fenster (German Edition)

Titel: Das dunkle Fenster (German Edition)
Autoren: Andrea Gunschera
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die Hand aus und lassen die Deckung fallen. Und diese Jungs schlagen uns ins Gesicht. Selbst wenn Sie den persönlichen Verlust beiseite lassen, der Mord hatte eine symbolische Komponente. Die Aussage dahinter war mehr als deutlich. Seht her, wir schänden eure heiligen Stätten und ihr könnt nichts dagegen tun.“
    „Ich weiß“, sagte Nikolaj. Er kämpfte gegen das Gefühl vollkommener Erschöpfung an, das seinen Geist zu überfluten drohte. „Die Anweisung lautete, dass Rosenfeldt direkt während seiner Rede auf der Festveranstaltung erschossen werden sollte.“ Katzenbaum sagte nichts. „Aber das“, schloss Nikolaj, „ließ sich leider nicht machen.“ Er hob eine Augenbraue. „Aus sicherheitstechnischen Gründen.“
    „Bereuen Sie die Tat?“ Die Frage klang ernst. Es schwang kein Sarkasmus darin.
    Nikolaj dachte darüber nach.
    „Nein“, sagte er schließlich. „Aber ich bin auch nicht stolz darauf, wenn Sie das beruhigt.“
    „Was empfinden Sie dann?“
    „Nichts. Es war – ein Geschäft.“
    „Ein Geschäft“, wiederholte Katzenbaum. Er sah nachdenklich aus. Dann, als würde er plötzlich aus einer Trance erwachen, kehrte er zu seinem nüchternen Tonfall zurück. „Alle schrieen nach Rache“, nahm er den Faden wieder auf. „Seltzer verlor komplett die Beherrschung. Vom Aman kamen Informationen zu einem geheimen Treffen, bei dem angeblich vier hochrangige PLO-Funktionäre teilnehmen sollten. Arafats zweite Kommandoebene. Hals über Kopf wurde ein Vergeltungsschlag geplant, und Seltzer tat nichts, um dem Wahnsinn Einhalt zu gebieten. Im Gegenteil, er unterstützte die Aktion.“ Der Israeli rieb sich mit der Hand über das Kinn. Seine Stimme bekam einen schwer deutbaren Unterton. „Natürlich“, sagte er, „endete die Operation in einer Katastrophe. Wenn wir mehr Zeit auf das Studium gescheiterter militärischer Aktionen verwenden würden, dann könnten wir bestimmt interessante Statistiken daraus ableiten.“
    „Was ist passiert?“
    „Das weiß offiziell niemand so genau.“ Katzenbaum trank von seinem Kaffee. „Meine Theorie ist, dass wir einer Falschinformation aufgesessen sind. Weil alles schnell gehen musste, hat niemand die Berichte ein zweites Mal überprüft. Um es kurz zu machen – wir haben ein Dorf mit zweihundert Zivilisten dem Erdboden gleichgemacht. Fünfzig Kinder.“ Er schnaubte. „Danach wollte niemand mehr Frieden.“
    „Aber Sie glauben nicht, dass es die Palästinenser waren“, sagte Nikolaj ruhig. „Mit Rosenfeldt, meine ich.“
    Katzenbaum schüttelte den Kopf. „Ich war mir nie sicher. Wir hatten eine Handvoll Indizien, und es war einfach, mit dem Finger auf Arafat zu zeigen.“
    „Fühlen Sie sich verantwortlich für den Tod der fünfzig Kinder?“
    „Ich fürchte, dieser Frage habe ich mich nie wirklich gestellt.“
    Nikolaj starrte ihn an. Die Offenheit des Mannes verblüffte ihn. „Was wollen Sie von mir?“, fragte er. „Wenn es Ihnen nicht um Rache geht?“
    „Der Auftrag kam aus Israel“, sagte Katzenbaum. „Habe ich Recht?“
    Nikolaj holte tief Atem. „Ja.“
    „Hat es Ihnen dieser Waffenhändler erzählt?“
    „Woher wussten Sie überhaupt von dem Treffen?“
    „Heutzutage lassen sich nur wenige Dinge geheim halten.“
    „Dann wissen Sie vielleicht auch, wer die Killer waren?“
    „Die Kusowjenko erschossen haben?“ Katzenbaum lachte. Es klang wie ein Husten. „Das waren unsere Leute.“
    „Ihre Leute?“
    „Nicht gerade meine Leute“, korrigierte er. „Aber Mossad-Leute. Und Sie standen auch auf der Liste der Zielpersonen. Sehen Sie, ich bin offen zu Ihnen. Und ich sage Ihnen noch etwas. Kein Mensch weiß, dass Sie hier sind. Ich handle sozusagen außerhalb des offiziellen Protokolls.“ Er verzog einen Mundwinkel. „Deshalb kann ich Ihnen auch spezielle Vereinbarungen vorschlagen.“
    „Was ist mit denen da draußen?“ Nikolaj machte eine Kopfbewegung zur Tür. „Gehören die zu Ihnen? Oder“, er machte eine winzige Pause, „zum Mossad?“
    „Um die brauchen Sie sich keine Sorgen zu machen“, sagte Katzenbaum. „Übrigens, stimmt es, dass Sie über Carmens Verbleib nichts wissen?“
    „Wir haben uns kurz vor dem Treffen auf der Museumsinsel getrennt“, erwiderte Nikolaj. „Ich wollte sie da nicht mit reinziehen.“
    „Sie haben sie einfach laufen lassen?“
    „Es gab keinen Grund, sie länger festzuhalten.“
    „Sie hätten sie töten können.“
    „Warum hätte ich das tun sollen?“
    Katzenbaum zuckte mit
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