Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Doppelspiel

Das Doppelspiel

Titel: Das Doppelspiel
Autoren: Heinz G. Konsalik
Vom Netzwerk:
hockten vier Hippies, spielten Gitarre und sangen dazu. Ein paar Spaziergänger warfen ihnen Münzen zu. Der Trollybus ratterte an ihm vorbei … der dicke Fahrer erkannte John Barryl, winkte ihm zu und grinste breit. Es war heiß, selbst der Wind vom Fluß – Silver River – brachte nur feuchte Wärme mit.
    John fächelte sich mit seiner Mütze Luft zu, stand dann auf und fragte sich zu einem Immobilienbüro durch. Dort – er fand es gespenstisch, wenn er daran dachte, daß auch die beiden Immobilienmakler sowjetische Offiziere waren – entschied er sich für ein kleines Haus in der Nähe des Schwimmstadions, mit einem winzigen Garten und einem Fordwagen, der im Preis inbegriffen war, unterschrieb einen Mietvertrag und überließ es der Maklerfirma, das Haus auch einzurichten. Natürlich auf Abzahlung, wie 70 Prozent des Lebens in den USA ein Dasein auf Raten ist.
    John Barryl begann bereits, Amerikaner zu werden.
    Nach der erfolgreichen Wohnungssuche ging er zurück zum Fluß und stellte sich seinem neuen Boß vor.
    Billy Rampler – so hieß der Besitzer von ›Bei Billy‹ mit dem riesigen Hamburger auf dem Dach – war ein drahtiger, großer Mann Ende der Dreißig, und John dachte sofort: Er ist bestimmt wie ich ein Major der Roten Armee. Ein durchtrainierter Genosse, man sieht's. Dann verdrängte er den Gedanken und bemühte sich, amerikanisch aufzutreten.
    »Ich hab gehört, Sie brauchen einen Hamburger-Spezialisten, Boß!« sagte John Barryl. »Das wär'n Job für mich. Ich mache Ihnen Hamburgers, daß Ihre Gäste geradezu erotisch werden beim Essen!«
    »Du heißt?« fragte Billy Rampler mit dunkler Stimme.
    »John Barryl.«
    »Die Arbeitsvermittlung hat dich schon avisiert. Geh in die Küche, häng dir 'ne Schürze um und fang an. Ich zahle in der Woche hundert Dollar.«
    »Ist das genug?« fragte Barryl.
    »Mehr ist nicht drin! Bin ich das Hilton? Wenn's dir zu wenig ist, such dir einen anderen Job …«
    John Barryl blieb bei Billy Rampler. Nicht, weil General Sinjonew es befohlen hatte – er hätte auch nein sagen können und hätte dann gesehen, ob es stimmte, daß man hier in Frazertown wirklich ein freier Amerikaner war –, und er blieb auch nicht, weil die Herstellung von Hamburgern ihn irgendwie reizte, nachdem er fünf Jahre lang von Akademie zu Akademie gezogen war und die beste Agentenausbildung Rußlands absolviert hatte, von der nervenzerbrechenden Folter bis zu computerreifen Geistesleistungen … nein, er blieb, weil er hinter der Theke der Milchbar in Billys Restaurant ein schwarzgelocktes, langbeiniges, umwerfend hübsches Mädchen entdeckt hatte, das jetzt gerade die Zapfhähne der Milchshakegetränke putzte. Das Mädchen trug einen unverschämt engen und kurzen Rock, der die schlanken Beine bis zur Hälfte der Schenkel freigab. Und sie hatte eine glatte, braungebrannte, mit einem Haarflaum überhauchte Haut. Nur einmal, ganz kurz, traf ihn der Blick ihrer fast schwarzen Augen, ein Streicheln nur, dann wienerte sie weiter an den Chromhähnen herum. Aber dieser Blick genügte. Er zuckte wie ein Blitz in Johns Brust und entzündete dort einen Schwelbrand.
    »Okay«, sagte er zu Billy Rampler. »Hundert Dollar und freies Essen.«
    »Natürlich. Es ist mir immer eine große Freude, daß meine Boys das fressen müssen, was sie selbst herstellen. Los, fang an … in einer Stunde ist Büroschluß. Dann hängen sie an der Theke übereinander wie heckende Hunde …« Rampler grunzte, sah das schwarzgelockte Mädchen an, dann John Barryl, schob ahnungsvoll die Unterlippe vor und verschwand in einem Hinterzimmer. Barryl blieb stehen und wartete, bis das Mädchen mit dem Putzen der Chromhähne fertig war und das Tuch in eine Schublade warf.
    »Ich heiße John Barryl«, sagte er dann laut.
    Das Mädchen sah ihn mit hochgezogenen Brauen an. »Dafür sollten Sie Ihre Eltern verantwortlich machen«, entgegnete sie. »Ich kann's nicht ändern …«
    Sie warf den Kopf in den Nacken, griff nach zwei Edelstahlkrügen mit Fruchtsäften und trippelte in die Küche. Mit einem kräftigen Tritt stieß sie die Pendeltür auf.
    Von diesem Augenblick an fand John Barryl das künstliche US-Städtchen Frazertown sympathisch, ganz gleich, was ihn noch alles hier erwartete.
    Wer nach Fort Thompson verschlagen wird, darf sich als vom Schicksal gebeutelt betrachten und muß bedauert werden.
    Nicht, daß Fort Thompson ein Gegenstück zu Nowo Rasnopow im mittelsibirischen Becken ist, wo es Wölfe geben soll, die vor
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher