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Das Doppelspiel

Das Doppelspiel

Titel: Das Doppelspiel
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Glastür, führte zur Stadtverwaltung. Jim bremste seinen Bus.
    »Endstation, Mister! Und viel Glück! Bin gespannt, wo ich Sie wiedersehe. Arbeitslosigkeit gibt's bei uns nicht. Melden Sie sich beim Bürgermeister – und sagen Sie nicht General zu ihm. Und denken Sie dran: Morgen abend Football im Stadion!«
    Plenjakow stieg aus und blickte Jim nach. Er schlenderte hinüber zu einem Selbstbedienungsrestaurant, die Hände in den Hosentaschen, ein Mann, der sich freut, gleich einen dreistöckigen Hamburger vertilgen zu können.
    Denken wir logisch, sagte Plenjakow zu sich. Wühlen wir uns aus den erstickenden Fragen heraus. Vor einer knappen Stunde hat der General zu mir über den Lautsprecher gesprochen. Das war draußen vor dem ersten Elektrozaun, und da stand ich noch auf russischem Boden. Das hier ist Amerika, und wenn der General in diesem Haus regiert, ist er tatsächlich kein General mehr, sondern der Bürgermeister. Das ist alles verrückt, monströs verrückt! Was hat man mit mir vor? In Ust-Katowskaja hat man nur zu mir gesagt: Sie werden versetzt und übernehmen eine Aufgabe, für die wir nur die Besten brauchen können. Und Sie sind unser Bester! Viel Glück, Andrej Nikolajewitsch –.
    Er schob seine schreckliche Mütze mehr in den Nacken, blickte die gelangweilten Polizisten an und betrat das Stadthaus. Sofort fiel die Kühle über ihn her, so massiv, daß er fröstelte. Air-Conditioning, dachte Plenjakow. Natürlich. Auf der großen Orientierungstafel im Flur suchte er die Zimmernummer des Bürgermeisters. Das Büro war im ersten Stock, Nummer 17. Anmeldung Nummer 16. Aus einer offenen Tür hörte er lautes Gezänk. Im Zimmer des Ordnungsamtes beschwerte sich ein Mann lauthals darüber, daß er keine Leuchtreklame für seinen Schuhsalon anbringen durfte. Er sprach ein herrliches Texanisch.
    Verrückt, dachte Plenjakow wieder und schüttelte den Kopf. Verrückt! Da drüben fließt doch der Bug und ich stehe auf dem Boden der Ukraine! Ich ahne, was das hier alles bedeuten soll … und wenn das stimmt, ist es die tollste Sache, die Rußland hervorgebracht hat. Fast ebenbürtig mit unserem Raumfahrtprogramm. Ein Bild der Perfektion.
    Er stieg die breite Treppe hinauf, klopfte höflich bei Nummer 16 und trat ein, als eine frische Mädchenstimme »Come in!« rief.
    Die Sekretärin, Wasserstoff erblondet, mit kleinen gedrehten Löckchen, ein Puppengesicht wie aus Harpers Magazin, Millionenware amerikanischen Schönheitsideals, lächelte ihm entgegen und zeigte mit dem Daumen auf eine Kassettenholztür.
    »Gehen Sie durch, Sir, Sie werden erwartet.«
    Ein perfekter Wisconsin-Dialekt. Plenjakow lächelte zurück, nahm seine dämliche Mütze mit dem grünen Schirm ab, klemmte sie unter die Achsel, klopfte kurz an und trat dann ein. Das Zimmer war riesengroß, fast kahl bis auf einen gewaltigen Schreibtisch aus Mahagoni, ein Waschbecken, einen Sodawasserspender an der Wand und den üblichen Fahnen in der Ecke hinter dem Tisch. Zwischen zwei Fenstern hingen zwei Bilder: Washington und Nixon. Das eine Bild gehörte zum Standard, das andere besaß einen Wechselrahmen. Historie ist unverrückbar, aber Präsidenten kommen und gehen.
    Hinter dem großen Tisch saß in einem hochlehnigen Ledersessel ein gedrungener, bulliger Mann mit kurzgestutzten grauen Haaren, in Hemdsärmeln und heruntergezogenem Krawattenknoten. Er trank Eiswasser aus einem hohen Glas und wies mit dem Zeigefinger auf einen Stuhl, als Plenjakow die Tür hinter sich geschlossen hatte.
    »Ich melde mich zur Stelle, Genosse General!« sagte Plenjakow militärisch steif und baute sich hinter der Stuhllehne auf. Der General setzte das Wasserglas ab, wischte sich über die Lippen und rülpste diskret. Dann betrachtete er seinen Besucher und schüttelte den Kopf.
    »Was für 'ne merkwürdige Sprache sprechen Sie da?« fragte er auf englisch. »Ich verstehe kein Wort.«
    »Ich bin hier, Sir«, sagte Plenjakow jetzt ebenfalls auf englisch. »Ich habe geglaubt, hinter dieser Tür hört das Spielchen auf.«
    »Irrtum … hier fängt es erst richtig an!« Der bullige Mann lehnte sich gemütlich zurück und musterte Plenjakow, als wolle er ein Pferd kaufen und Andrej Nikolajewitsch sei ein besonders hervorstechender Hengst. »Ich habe Ihre Akte gelesen, mein Lieber. Ein Hymnus! Daraus könnte ein Komponist eine Heldenoper machen. Was da aus Moskau, Frunse und Ust-Katowskaja kommt … danach müssen Sie ein Genie sein. Ich sage Ihnen das nicht, um Sie zum eitlen
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