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Das Doppelspiel

Das Doppelspiel

Titel: Das Doppelspiel
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Einsamkeit in ihren eigenen Schwanz beißen – so ist es nicht. Fort Thompson liegt in South Dakota, mitten in den unermeßlich weiten Prärien, genau gesagt am Missouri, dort, wo er breit und breiter wird und durchsetzt ist mit Sand- und Steininseln, weil er bei Pickstown gestaut wird durch den Randall-Damm und über Hunderte von Kilometern aufwärts eigentlich ein einziger riesiger Stausee ist, eine grandiose Wasserschlange, die sich durch das fruchtbare Land windet. Bewohner, die in Fort Thompson geboren wurden und dort auch sterben werden, meinen: Dieses Fleckchen Erde, wo weites Land, unendlicher Himmel und blauschimmerndes Wasser zusammenfließen zu mächtiger himmlischer Ruhe, sei mit keinem anderen vergleichbar an göttlicher Schönheit. Und was die Historie von South Dakota betrifft, da gibt es gar keine Diskussion. Namen wie Sioux-Falls und Black Hills, Mount Rushmore und Little White River, Aberdeen und Fort Pierre lernt jedes Kind in South Dakota genauso früh wie Coca-Cola und Ice-cream.
    Trotzdem empfand es Major Robert Miller merkwürdig, daß er mit einer kleinen Transportmaschine der US-Air-Force auf den lächerlich kleinen Flugplatz von Pierre gebracht wurde, wo ihn mit einem Jeep ein Oberleutnant erwartete. Die landschaftlichen Schönheiten hatte er aus der Luft genug genossen, für die Geschichte Dakotas hatte er wenig Interesse, und auch als er bei einer Schleife, die das Flugzeug zog, unter sich das Big-Bend-Reservat und den Oahe-Damm betrachten durfte – der Pilot wies extra darauf hin – knurrte er nur:
    »Okay, okay … alles sehr imponierend, Boy … aber würden Sie vielleicht jubeln, wenn man Sie mitten in die Prärie versetzt?«
    Das fragte er auch den Oberleutnant, der ihn abholte und mit strahlendem Gesicht »Willkommen, Bob!« ausrief.
    »Wir können uns den Job nicht aussuchen, wenn wir diese Klamotten tragen.« Der Oberleutnant zog an seinem Uniformhemd. Es war heiß, die Prärie flimmerte, aus dem gestauten Missouri verdampfte das Wasser und hing wie eine wabernde farblose Nebelglocke über dem Land. Der Jeep hüpfte am Ufer des Stromes eine kleine Straße hinunter nach Südosten. Bob Miller lehnte sich zurück, schob die Mütze in den Nacken und öffnete seinen Uniformrock. Er war im korrekten Dienstanzug gereist, weil man ihm gesagt hatte, es sei eine verdammt wichtige Mission, die ihn erwartete. In seinem Metallrahmenkoffer auf dem Hintersitz des Jeeps war alles verstaut, was man für eine vorübergehende Abwesenheit brauchte. Auch das hatte man ihm gesagt: »Nimm nicht zuviel mit, Bob! Du brauchst es nicht.«
    Es stellte sich bald heraus, daß er das anders aufgefaßt hatte, als es tatsächlich war. Wohin man ihn schicken wollte, brauchte man auch keinen Koffer mehr.
    Fort Thompson stellte sich Bob Miller so dar, wie er erwartet hatte. Eine in eine zauberhafte Landschaft hineingespuckte Trostlosigkeit, gemixt aus ein paar Straßen, zusammengeballten Häusern, dem Rest des ehemaligen Forts gegen die Sioux-Indianer, auf dessen Appellplatz noch immer an einer langen Stange die amerikanische Fahne flatterte, als nationales Monument, auf das die Thompsoner stolz waren, zwei Hotels, einem Footballplatz und zum Leben erweckte Langweiligkeit.
    »Hier soll ich bleiben?« fragte Bob und stemmte die Beine gegen den Jeepboden. »Liegt denn hier überhaupt eine Militäreinheit?«
    »Nein.«
    »Wieso?«
    »Wir sind nur zehn Mann im alten Fortgebäude.«
    »Das ist doch wohl ein fauler Witz!«
    »Bob, reg dich nicht auf! In einer Stunde bist du überzeugt, den härtesten Job in der Army übernommen zu haben …«
    Sie fuhren in das alte Fort ein und hielten vor dem niedrigen Offiziersbau, vor dem noch drei Jeeps parkten. Merkwürdigerweise war die Einfahrt bereits durch einen Schlagbaum und drei Posten mit Maschinengewehren abgesperrt gewesen, und auch vor der Tür des Hauses stand ein Mann mit entsicherter MPi. Bob Miller sprang aus dem Jeep, schaute hinüber zu der amerikanischen Fahne und setzte seine Mütze auf.
    »Drehen wir hier einen Sioux-Film?« fragte er.
    »General Orwell erwartet dich, Bob«, antwortete der Oberleutnant.
    Miller fuhr herum, sein Gesicht drückte maßlose Verblüffung aus. »Dad Jack?« Miller machte eine weite Armbewegung. »Hier?«
    »Frag nicht … geh hinein.«
    An der Tür tastete ihn stumm, aber mit einem um Verzeihung bittenden Grinsen der Posten ab und nickte zufrieden.
    »Darf ich Koppel und Pistole haben, Sir?«
    »Glauben Sie, ich puste General Orwell
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