Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Doppelspiel

Das Doppelspiel

Titel: Das Doppelspiel
Autoren: Heinz G. Konsalik
Vom Netzwerk:
Shukow unser Befreier ist …«
    »Ich habe Dunja schon gesprochen«, sagte Bob mit rostiger Stimme. »Andrej, ich weiß, es ist schwer für dich, das alles zu verstehen. Du bist ein so ehrlicher, guter Mensch, ein Junge ohne Fehler und Arglist, trotzdem du ein gottverdammter Spion bist und einer jener Kerle, die die Welt aus den Angeln heben können. Als du plötzlich aus Frazertown abkommandiert wurdest, hast du mir einen gottverdammten Schrecken eingejagt. Ich wußte: Jetzt geht es Amerika irgendwie an den Kragen. Da bin ich auch raus aus eurer perfekten amerikanischen Kleinstadt am Bug – mit Dunjas Hilfe. In einer Mülltonne, unter stinkenden, gärenden Essensresten. Damals schon schlief ich mit Dunja. Es war ein hartes Versteckspielen …«
    »Das ist nicht wahr, Wassja …« stammelte Plenjakow. Seine blauen Augen weiteten sich. Er fuhr sich mit den Händen an den Hals und riß das Hemd unter dem Overallatz bis zur halben Brust auf.
    »Gestern traf ich Dunja wieder, und wir prallten aufeinander wie zwei glühende Steine, die sich im Weltall begegnen.«
    »Das … das sagst du nur, um mich wie damals vor dem Boxkampf zu reizen …«
    »Damals, das war ein Spiel, Major Plenjakow.« Bobs Stimme hob sich. »Heute ist Erntezeit … erkennst du, was das heißt? Alles, was damals unter dem Aspekt, nie lebend wieder aus Frazertown herauszukommen, begonnen wurde, ist heute reif geworden. Ich habe dich vor mir, ich weiß, welche Dokumente du im Doppelboden deines dämlichen Bio-Jet-Autos herumkutschierst. Ich habe endlich Moskaus intelligentesten Agenten in Sicherheit, und er ist – ich wäre es auch bald, es war nur noch ein winziger Schritt – an einer Frau gescheitert. Allerdings an der schönsten, die Gott geschaffen hat.« Bob streckte die rechte Hand aus. Sie war unbewaffnet – er hatte auch in den Taschen und am Koppel seiner Uniform keinerlei Waffen bei sich. »Andrej Nikolajewitsch, komm her, gib mir die Hand und sag laut: ›Ich scheiße auf alles! Ich will ab sofort nur noch John Barryl bleiben.‹ Das genügt.«
    »Wer bist du wirklich?« Plenjakows Stimme war flach, als schwängen seine Stimmbänder nicht mehr mit. Er stand noch immer bewegungslos in der Mitte des Tales, vom fahlen Nachtlicht beleuchtet, während Bob den Vorteil hatte, im Halbschatten der acht Tannen ein wenig Deckung zu haben. Dunja, die kleine Pistole in der Hand unsichtbar hinter dem Mopedsattel, lehnte sich seitlich von Plenjakow an ihr Fahrzeug. Andrej Nikolajewitsch war in die Mitte genommen, unentrinnbar – er übersah es bloß noch nicht. »Sei ehrlich, Wassja: Was bist du in Moskau?«
    »Ich nehme an … der große Unbekannte. Ein Name: Major Shukow – der plötzlich ohne Befehl in Winniza auftauchte und ebenso plötzlich wieder verschwand. Ein Major Shukow, den niemand kannte und auf den man auch erst aufmerksam wurde, als es ihn nicht mehr gab. Plenjakow, eure Organisation ist hervorragend – aber wie bei uns hat auch sie Lücken und Löcher, durch die man hinein- und hinauskriechen kann. Kein Mensch ist eben perfekt. Das wäre auch schrecklich.«
    »Wer bist du?!« schrie Plenjakow plötzlich auf. Es war ein Laut, der Bob in die Knochen fuhr, gleich dem Todesschrei eines Pferdes, der für immer unvergeßlich im Ohr bleibt.
    »Bob Miller … Major des CIA. Ich war auch in Frazertown immer der, der ich bin – nur ihr habt mich alle anders gesehen.«
    Plenjakow schwieg und senkte den Kopf. Endlich begriff er. Für ihn war es der Zusammenbruch eines Weltbildes. Die Frau, die er liebte, der Mann, der sein Freund war, wie es keinen anderen Freund jemals mehr geben würde. Das alles stimmte, sie standen hier neben ihm … und doch sah die Welt plötzlich anders aus. Das fürchterliche Doppelspiel, das hier zu Ende ging, diese teuflische Maskierung und Demaskierung, die jetzt zusammenbrach, und die gespielt worden war ohne Rücksicht auf den Menschen, der ganz anders dachte, ganz anders fühlte, ganz anders leben wollte, dieses Doppelspiel, von menschlichen Puppen dargestellt, die von einer Zentrale, die keine Gefühle und keine Moral kannte, wie mit einer Feder aufgezogen worden waren und nun solange agierten, bis das Federwerk sich abgespult hatte, dieses Ungeheuerliche an Erkenntnis floß in Plenjakow hinein wie ein eisiger Strom.
    »Was nun?« fragte Bob, als Plenjakow, noch unfähig, einen Ton hervorzubringen, wie eine Steinsäule im fahlen Nachtlicht stand. »Gib mir die Hand, und alles ist vorbei.«
    »Nein!« antwortete
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher