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Das Doppelspiel

Das Doppelspiel

Titel: Das Doppelspiel
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Hand, nahm eine einzige zurück und steckte sie wieder in die Trommel. »Ihr nennt es Gottesurteil … wir sagen dazu: Russisches Roulette! Einverstanden?«
    Bob Miller blickte an Plenjakow vorbei zu den kahlen Felsen.
    Alaska, dachte er. Die russische Stadt Smolenska, das Gegenstück zu Frazertown am Bug. Orwell vor zehn angetretenen Absolventen der Spezialschule, die besten, wie er immer sagte. »Ich kann keinen zwingen«, hatte er gesagt. »Ihr habt bisher alles durchgestanden … aber was jetzt kommt, ist keine Übung, da ist keine Hilfe, da wird nicht nur simuliert. Das hier ist Ernst! Außerdem ist es verboten … aber vieles, was wir hier tun, ist nach dem Gesetz verboten. Ihr sollt euch ja draußen auch nicht um Gesetze kümmern, sondern nur um euren Auftrag. Also: Wer spielt das Russische Roulette mit? – Ihr kennt die Regel: In der Revolvertrommel ist eine Patrone, nur weiß keiner, in welcher Kammer. Die Trommel rotiert ein paarmal um ihre Achse, dann wird der Hahn gespannt, und man setzt sich den Lauf an die Schläfe. Abdrücken und warten. Macht es nur Klack … hat man Glück gehabt. Das Roulette ist gewonnen. Macht es Bumm … dann ist ein militärisches Begräbnis mit allen Ehren sicher. Warum ich euch das zumute, Boys? Nicht, weil ihr vielleicht mal in die Lage kommen könntet, ein Russisches Roulette durchzustehen … das war zur Zeit der Zaren modern. Aber wer sich den Lauf an die Schläfe setzt mit dem Wissen, es könnte schiefgehen, den kann ich auch als Leibdiener im Kreml einsetzen.« Orwell hatte dann einen Revolver auf einen kleinen Klapptisch gelegt und die Hände in die Uniformjacke gesteckt. »Nennt mich ruhig einen perversen Hund, Jungs«, sagte er hart. »Ich werd's ertragen. Die Kugel steckt in der Kammer, die Trommel hat schon rotiert. Wer greift zu?«
    Es hatte damals in Alaska keiner zugegriffen. Sie hatten dagestanden wie die Pflöcke und an Orwell vorbeigeblickt. Der Alte ist verrückt, hatten sie nur gedacht. So weit geht die Ausbildung zum Spezialisten nicht. Und wenn wir alle aus dem Lehrgang fliegen … wir leben wenigstens!
    »Gut!« hatte Orwell nach einigen Minuten Wartezeit gesagt. »Ich habe Achtung vor euch. Ihr werft euch nicht weg.«
    Dann hatte er den Revolver genommen, an seine Schläfe gerissen und abgedrückt, ehe die zehn Offiziere ihm die Waffe entreißen konnten. Orwell stürzte von dem Anprall seiner Männer zu Boden, aber der Revolver hatte nur Klack gemacht. General Orwell lebte weiter. Bob Miller hatte damals den Revolver aus Orwells verkrampften Fingern gedreht und hinterher die Trommel aufgeklappt. Sie war leer. Keine Patrone steckte in einer der Kammern. Es hätte also gar nichts passieren können. Das war typisch Orwell.
    Aber diesesmal, hier im ›Tal der neun Tannen‹, steckte eine Patrone in einer der Kammern. Mit präziser Deutlichkeit hatte Plenjakow es Bob Miller vorgeführt. Jetzt hielt er ihm wieder den Revolver am Lauf entgegen. Seine Hand war ganz ruhig.
    »Warum ich zuerst?« fragte Bob und blickte Plenjakow in die treuen blauen Augen. Sie sind wirklich von einer verfluchten Treue, dachte Bob. Wenn Andrej wenigstens bereit wäre, die Unterlagen über die neuen Waffen zu vernichten.
    »Du hast als erster die größte Chance, Bob.« Plenjakow lächelte schwach. »Wir machen zwei Durchgänge. Das sind vier Kammern. Sechs hat der Revolver. Ist das ehrlich?«
    »Andrej. Es gibt noch einen Ausweg. Wir fahren zu deinem komischen Bio-Jet-Auto und verbrennen alle Unterlagen, die du im doppelten Boden versteckt hast.«
    »Nein!«
    Das war klar. Bob nahm den Revolver und spannte den Hahn. »Und warum nicht?«
    »Sie gehören nicht mehr mir … sie gehören Rußland.«
    »Du Spinner! Du stehst auf amerikanischem Boden.«
    »Aber ich bin Russe. Hör auf mit Reden! Fang an!«
    »Was wird aus Dunja, wenn ich verliere, Andrej?«
    »Das überlasse ich ihr.« Plenjakow strich sich die blonden Haare aus der Stirn. »Du weißt, wie ich sie liebe …«
    »Sie wird alles versuchen, dich umzubringen. Das ist dir doch klar?«
    »Ich werde mich ihrem Urteil unterwerfen. Bob, ich glaube, wir alle drei gehen heute nacht zugrunde. Es gibt keinen Sieger.« Er stieß mit der flachen Hand Miller vor die Brust und drückte das Kinn an. »Verdammt, fang an! Ich halte es nicht mehr länger aus –«
    Bob Miller hob den Revolver gegen die rechte Schläfe, krümmte den Finger um den Abzug und sein Blick suchte, bevor er ihn durchzog, noch einmal den Ausgang der Schlucht. Er sah
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