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Das Buch der Gaben - Tommy Garcia ; Band 1

Das Buch der Gaben - Tommy Garcia ; Band 1

Titel: Das Buch der Gaben - Tommy Garcia ; Band 1
Autoren: Bastei Lübbe
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funkelnden Augen und in die Hüften gestemmten Armen in der Zimmertür. Ich hatte in meinem Eifer gar nicht bemerkt, dass die Tür aufgegangen war, und jetzt hatte ich den Salat. Lazy ließ sich vom Fensterbrett zurück auf den Boden fallen, was wie immer mit einem Geräusch verbunden war, das an einen herabfallenden patschnassen Wischlappen erinnerte. Schließlich war Lazy ein fauler und zudem recht schwerer Hund, bei dem nichts irgendwie sportlich nachfederte. Dann trabte er in seine Ecke hinter meinem Bett und kringelte sich zusammen. Wenn irgendjemand in unserer Familie wütend und die Stimmung gereizt war, zog sich mein Hund immer in diese gemütliche Höhle zurück und ließ mich mit den Problemen allein. Hund müsste man sein.
    »Mein lieber Sohn, ich habe überhaupt nicht bemerkt, dass du wieder da bist. Könnte das bedeuten, dass du mir etwas zu verheimlichen hast? Vielleicht ein kleines Stück Papier? So ein Ähnliches, wie es heute ein paar tausend Kinder im ganzen Land in die Hand gedrückt bekommen haben? Sollte dein Lehrer ausgerechnet dich vergessen haben? Oder gibt esschlechte Nachrichten? Dann finde ich es erst recht sehr traurig, dass du nicht mal mehr zu mir Vertrauen hast, auch schlechte Nachrichten zu besprechen.«
    Oje, wenn sie schon mit dem »… ich finde es sehr traurig … « und »… kein Vertrauen … « anfing, dann vergrößerte sich mein sowieso schon schlechtes Gewissen noch um ein Vielfaches. Dabei hatte ich es ja nur gut gemeint.
    »Ich wollte doch nicht, dass ihr euch aufregt«, versuchte ich einzulenken. »Es ist so ein schöner Tag.«
    Mutter senkte hilflos die Arme und schüttelte verzweifelt den Kopf. Dann sagte sie ernst: »Du solltest eigentlich langsam wissen, dass wir uns nicht aufregen, sondern die Dinge gemeinsam besprechen.«
    »Und was ist dann mit dem Fernseh- und Surfverbot, das Vati mir immer reinhaut?«
    Sie wollte etwas erwidern, ich konnte deutlich sehen, wie sie sich in Gedanken Sätze zurechtlegte, die meinen Vater entlasten und gleichzeitig ihrer Argumentation nicht widersprechen durften, aber wie von göttlicher Fügung bekam ich unverhofft Hilfe. Es klingelte nämlich an der Wohnungstür.
    Meine Mutter holte tief Luft, aber in ihren Augen sah ich, dass sie mir doch nicht ernsthaft böse war. Sitzen geblieben war ich schließlich nicht, dann hätte man meine Eltern mit einem extra Brief schon vor Wochen vorgewarnt. Allerdings, viel hatte nicht gefehlt. Und wie knapp es war, das konnte man nun mal an meinen Zeugnisnoten ablesen. Stolz war ich darauf nicht, und fürs Sparbuch würde dieses Jahr garantiertnichts herausspringen. Es sei denn, ich könnte Oma mal ohne meine Eltern besuchen. Bei Oma bräuchte ich nicht mal schwindeln, die war schon zufrieden, dass ich jetzt in die Siebte versetzt worden bin, denn viel weiter hatte sie es selbst auch nicht geschafft. Allerdings war das früher eine ganz andere Zeit. Trotzdem waren das zwischen meinen Eltern und den Großeltern gewaltige Unterschiede. Für den Augenblick jedoch war ich froh, dass ich das üble Gespräch über die heikle Angelegenheit verschieben konnte.
    »Das sind die Neuen!«, rief ich und drängelte mich an meiner Mutter vorbei.
    »Welche Neuen?«, fragte sie verwundert.
    »Na, die von oben, die mit dem verrückten Hund!«
    Ich wollte nicht noch länger mit Mutter diskutieren, denn wenn sie gemerkt hätte, wie lange ich eigentlich schon zu Hause war, hätte die später folgende Diskussion doch noch übel werden können. Ich spurtete zur Tür, um die höchst willkommenen Gäste zu begrüßen.
    Als ich öffnete, brauchte ich keine Sekunde, um zu erkennen, dass der Junge, der da vor mir stand, genau der war, der mir von der Straße aus zugewinkt hatte. Und dann dachte ich noch: Wo ist der Hund? Doch im selben Augenblick hörte ich einen merkwürdig quiekenden Laut, und ehe ich mich’s versah, sprang mir genau dieser närrische Hund direkt vor die Brust!
    Mir blieb nichts anderes übrig, als das zappelnde und quirlige Tier mit beiden Armen festzuhalten und meinGesicht, so gut ich konnte, vor der schlabbernden Zunge zu schützen.
    Nach dieser wilden Begrüßung wurde der kleine Hund auf einmal ganz ruhig und schmiegte seinen Kopf an meinen Hals.
    »Entschuldige, aber das macht Jever nur bei Leuten, die er mag«, sagte der Junge vor unserer Tür mit verschmitztem Lächeln. »Dann allerdings jedes Mal. Da wirst du wohl jetzt immer mit rechnen müssen, wenn er dich sieht.«
    Während ich den kleinen Kerl
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