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Das Buch der Gaben - Tommy Garcia ; Band 1

Das Buch der Gaben - Tommy Garcia ; Band 1

Titel: Das Buch der Gaben - Tommy Garcia ; Band 1
Autoren: Bastei Lübbe
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zieht (ausgerechnet nach Bayern), dann sitzt man dumm da. Ich kann mir wahrlich nicht vorstellen, dass es da auch nur einen einzigen 1A-tauglichen Freund für Andi geben kann!
    Okay, 1B-Freunde gibt es haufenweise. Aber alle, die ich dann so in Gedanken aufgezählt und nacheinander angerufen habe, fuhren in den Urlaub oder waren gleich am ersten Ferientag mit ihren Eltern sonst wohin abgezischt. Und so saß ich an diesem Tag an meinem Fenster, starrte nach draußen und war stinksauer auf Andi, auf alle 1B-Typen und auf mein Zeugnis, eben sauer auf die ganze Welt. Das Einzige, was mich noch aufrecht hielt, war die Musik, die aus meinen Boxen rieselte. Da ich schon ein ganzes Weilchen aus dem Fenster schaute, fing ich wie so oft zu träumen an, sah mich als Superstar auf einer Bühne, die Arme in die Luft streckend einen Megahit singend, und die ganze Welt, vor allem die Mädchenwelt, lag mir zu Füßen.
    Leider reichte das Kabel meines Kopfhörers nicht vom Radio bis zum Fenster. Da Mutter es nicht unbedingt liebte, die Bässe bis in die Küche zu spüren, konnte ich also meinen Lieblingssender nur viel zu leise hören. Und auf Diskussionen über mein Zeugnis hatte ich jetzt gerade überhaupt keine Lust. All das machte mich nur noch saurer.
    Genau in dieser Stimmung sah ich Tommy. Das heißt, eigentlich sah ich ja erst einmal nur einen Lastwagen, der umdie Ecke bog und die Straße entlangschlich. Ich las »Balleck-Umzüge« auf der Seitenwand, und plötzlich wusste ich, wohin dieser Wagen wollte. Schließlich stand schon seit längerer Zeit die Wohnung über uns leer. Jeden Samstag kam dieser schleimige Hausverwalter mit einer Horde von Interessenten und hinterließ, wie meine Mutter zu sagen pflegte, eine Spur der Verwüstung in unserem Hausflur.
    Anscheinend hatte der Fahrer jetzt die richtige Hausnummer entdeckt, denn er schaltete die Warnblinkanlage ein und parkte den Laster direkt vor unserer Hofeinfahrt. Na fein. Wenn der alte Tietzmann nach Hause kommt – Tietzmann war unser Hausmeister –, würde der einen seiner Anfälle kr iegen. Aber wahrscheinlich würden die Möbelpacker ja Tarzanfiguren haben, da würde Tietze es kaum wagen aufzumucken, und endlich mal den Kürzeren ziehen. Jedenfalls sprangen die Möbel-Leute aus ihrem Wagen, blickten beide wie auf Kommando zu mir nach oben, und ich winkte fröhlich. Sie guckten aber eher nachdenklich, wie ich fand, um nicht zu sagen, bedeppert, weil ihnen klar wurde, dass dies hier ein Altbau ohne Fahrstuhl war.
    Der eine Packer verzog den Mund etwas säuerlich und dachte gar nicht daran, zurückzuwinken. Ich wusste auch, warum, denn die freie Wohnung lag im vierten Stock. Mir war es egal, ob der Kerl unfreundlich war oder nicht. Er würde in den nächsten Stunden so einige Male zweiundneunzig Stufen nach oben stiefeln und zweiundneunzigStufen wieder nach unten stapfen müssen, während ich entspannt weiter mit verschränkten Armen auf dem Fensterbrett hängen und ab und zu freundlich die Hand zum Gruß heben würde.
    Die beiden schienen noch auf jemanden zu warten, wahrscheinlich auf die neuen Mieter, und ich war gespannt, wer da neu in unser Haus einziehen würde.
    Eine Minute später kam ein Kombi um die Ecke gebogen. Ein Kombi, wie ihn vielleicht Inspektor Columbo gekauft hätte. Dieses Auto musste in einer Zeit entworfen worden sein, als Henry Ford noch lebte. Ich dachte, der Wagen könnte auch aus Amerika stammen, denn er war unglaublich breit und lang. Die Seitentüren schienen aus Holz zu sein, ehrlich, und als die Kiste an dem Möbellaster vorbeifuhr und der Fahrer ihn einige Meter weiter abstellte, konnte ich sehen, dass auch die Hecktür aus Holz war. Das Auto hatte tatsächlich hinten eine Tür, nicht etwa eine Klappe. Sogar von hier oben konnte ich sehen, wie der Wagen hin- und herschaukelte. Selbst als der Motor schon längst abgestellt war, spuckte der Vergaser noch sekundenlang.
    Dann gingen die Wagentüren auf und zwei normal aussehende Leute stiegen aus. Die Frau sah sogar recht hübsch aus, war aber schon etwas älter. So Mitte dreißig, dachte ich. Ihr Mann reckte seine müden Glieder – die beiden mussten weit gefahren sein – und lachte seine Frau an. Er war mir sofort sympathisch, sah er doch ein bisschen aus wie dieser Jesse aus der Serie »Full House«, den ich immer richtig cool fand.
    Dieser Jesse-Mann ging um den Wagen herum und öffnete die riesige Hecktür. Und da sprang etwas heraus. Ich dachte zuerst, es sei ein riesiger Flummi, der
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