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Mein Freund Dewey, der beruehmteste Kater der Welt

Titel: Mein Freund Dewey, der beruehmteste Kater der Welt
Autoren: Vicki Myron , Bret Witter
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Fundsache

    In der Bücherbox einer öffentlichen Bücherei findet man immer so allerhand, was da nicht hineingehört: Müll, Schneebälle und Coladosen. Wenn es ein Loch in der Wand gibt, muss man sich nicht wundern, wenn Leute etwas hineinwerfen. Niemand weiß das besser als ich. Ich heiße Vicki Myron und war früher die Leiterin der Stadtbücherei von Spencer im US-Bundesstaat Iowa. Unsere Bücherklappe, in die man gelesene Bücher einwerfen konnte, befand sich auf der Rückseite des Gebäudes in einer Nebenstraße. Auf der anderen Straßenseite stand die Mittelschule von Spencer. Deswegen waren wir es bereits gewohnt, in der Klappe Steine und Schneebälle zu finden. Aufregender waren da schon die Explosionen, die uns oft mitten am Tag aufschreckten. Wenn wir danach in der Bücherklappe nachsahen, lag ein abgebrannter Knallfrosch darin.
    Nach einem Wochenende lagen in der Bücherklappe auch jede Menge Bücher. Deshalb räumte ich jeden Montagmorgen als Erstes die Klappe aus und stellte die Bücher auf einen unserer Bücherwagen. Das gehörte zu meiner Montagsroutine und verlief meist vollkommen ereignislos.
    Bis zu einem Montag, an einem der kältesten Morgen des Jahres, als ich mit dem Bücherwagen kam, stand meine Kollegin Jean Hollis Clark wie vom Blitz getroffen mitten im Gemeinschafts büro der Bibliothekarinnen.
    »Aus der Bücherklappe kommt ein Geräusch«, sagte Jean.
    »Was für ein Geräusch?«
    »Ich glaube, es ist ein Tier.«
    »Was?«
    »Ein Tier«, wiederholte Jean. »Ich glaube, in der Bücherklappe ist ein Tier.«
    Dann hörte ich es auch: Ein leises Gurgeln kam aus dem Metallkasten. Ich fand, dass es sich eher wie das Räuspern eines alten Mannes anhörte, als wie ein Tier.
    Gurr-gug-gug. Gurr-gug-gug.
    Von außen konnte man die Klappe nur ein paar Zentimeter weit öffnen. Ein alter Mann passte da also auf gar keinen Fall durch. Es musste tat sächlich ein Tier sein. Aber was für eins? Ich kniete mich hin, zog die Klappe auf und hoffte, darin höchstens ein Backenhörnchen zu finden. Doch erst einmal wehte mir eisige Luft ins Ge sicht. In der vorangegangenen Nacht war die Temperatur auf –26° Celsius gefallen. Als wäre das noch nicht unangenehm genug, hatte dazu noch ein schneidend kalter Wind geweht, der einem unter die Jacke fuhr und einen bis auf die Knochen auskühlte. Und ausgerechnet in dieser Nacht hatte jemand ein Buch so in die Klappe geklemmt, dass sie offen geblieben war. In dem Behälter war es ebenso kalt wie draußen oder vielleicht sogar noch kälter, weil er aus Metall bestand. Es war genau die Art von Kälte, die einem erst einmal den Atem nimmt.
    Ich hatte mich kaum von diesem Kälteschock erholt, als ich das Kätzchen entdeckte, das zusammengerollt in der vorderen linken Ecke des Behälters lag. Es hatte sich unter einem Buch verkrochen und deshalb sah ich zuerst nur seinen Kopf. In dem dunklen Kasten wirkte es grau wie ein Stein. Aber ich bemerkte, dass sein Fell schmutzig und verfilzt war. Vorsichtig entfernte ich das Buch. Das Kätzchen hob langsam den Kopf und schaute mich traurig an. Eine Sekunde lang starrte ich in seine großen, goldgelben Augen. Dann senkte es den Kopf wieder.
    In diesem Moment schmolz ich dahin. Dieses Kätzchen versuchte nicht, tapfer zu sein und versteckte sich auch nicht. Ich glaube nicht einmal, dass es Angst hatte. Es wollte nur gerettet werden.
    Ich nahm es heraus. Es war so klein, dass meine Hände es fast komplett umschließen konnten. Später erfuhren wir, dass es vor ungefähr acht Wochen geboren sein musste, aber in diesem Augenblick sah es aus, als wäre es keine acht Tage alt. Es war so mager, dass man jede einzelne Rippe sehen konnte. Ich fühlte seinen Herzschlag und das Pumpen seiner Lunge. Das arme Kätzchen war so matt, dass es kaum den Kopf hochhalten konnte, und es zitterte am ganzen Körper. Es öffnete sein Mäulchen, aber es kam nur ein schwacher, heiserer Laut heraus.
    Und es war komplett ausgekühlt! Ich weiß noch heute, wie ich mich darüber wunderte, dass sich ein lebendes Tier so kalt anfühlen konnte. Es war, als hätte es überhaupt keine eigene Körperwärme mehr. Ich hielt es in den Armen, um es zu wärmen. Anstatt sich dagegen zu wehren, kuschelte es sich an mich.
    »Oh Gott!«, flüsterte Jean.
    »Das arme Baby«, sagte ich und drückte es fester an mich.
    Wir schwiegen beide eine Weile und sahen nur das Kätzchen an. Dann brach Jean das Schweigen.
    »Wie das wohl in die Bücherbox hineingekommen ist?«
    Ich
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