Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Britische Empire: Geschichte eines Weltreichs (German Edition)

Das Britische Empire: Geschichte eines Weltreichs (German Edition)

Titel: Das Britische Empire: Geschichte eines Weltreichs (German Edition)
Autoren: Peter Wende
Vom Netzwerk:
– ein Betrag, der fast die Höhe der jährlichen Einkünfte der Krone erreichte. So mobilisierte der Krieg als Mittel staatlicher Politik den Einsatz von beträchtlichem privatem Kapital in Unternehmungen, die zugleich Ehre und Profit versprachen. Und nicht nur Kaufleute finanzierten dergleichen kriegerische Unternehmungen, sondern auch Mitglieder des hohen Adels wie der Earl of Cumberland und zahlreiche Vertreter der Gentry, des niederen Adels.
    Der Krieg Englands gegen Spanien kann daher, sowohl von englischer als auch von spanischer Seite aus betrachtet, keineswegs nur als Kampf der Vormacht der katholischen Gegenreformation gegen die protestantische Führungsmacht England verstanden werden. Für beide Seiten ging es auch um künftige Positionen in Übersee. Mithin drängten vor allem maßgebliche, finanzstarke Kreise in London darauf – nach dem Scheitern aller Versuche, eine Nord-Ost-Passage zu eröffnen –, nun mit Gewalt in das spanisch-portugiesische Kolonialreich einzudringen. Dazu bedurfte es der staatlichen Unterstützung, und deswegen trachtete man danach, für überseeische Unternehmungen, seien sie nun merkantiler oder kolonialer Natur, einen königlichen Freibrief zu erhalten. Doch solange der Krieg nicht offen ausgebrochen war, hatte sich die Königin immer wieder gesträubt, die mächtigste Militärmacht Europas zu provozieren, in der klugen Einsicht, daß ein Krieg gegen Spanien die politische Existenz des protestantischen England aufs Spiel setzen konnte und in jedem Fall die Finanzen der Krone ruinieren würde. Andererseits war es gerade ihre prekäre Finanzlage, die Elisabeth immer wieder veranlaßte, sich zumindest verdeckt und geheim an lukrativen Offensiven in das spanische Überseeimperium zu beteiligen; für Drakes Fahrten stellte sie sogar Schiffe der königlichen Marine zur Verfügung. Und da Monopole dem Staat beträchtliche Einnahmen garantierten, war die Königin gegen Ende ihrer Regierungszeit sogar bereit, eine Gesellschaft wie die East-India Company zu lizenzieren, deren erklärtes Ziel es war, portugiesisch-spanische Monopolansprüche zu ignorieren.
    Bereits zu Beginn erwiesen sich private Initiativen mithin als die treibende Kraft der englischen Expansionsbestrebungen nach Übersee bzw. dementsprechender imperialer Neigungen. Dies darf allerdings nicht zu dem Schluß verleiten, schon im 16. Jahrhundert habe innerhalb einer sich allmählich formierenden, begrenzten englischen Öffentlichkeit ein allgemeines Interesse an überseeischen Unternehmungen geherrscht. Selbst gebildete Engländer jener Epoche waren, wie zahlreiche Selbstzeugnisse belegen, in erster Linie an religiösen Fragen sowie den Belangen lokaler oder allenfalls nationaler Politik interessiert. Nur eine kleine, allerdings schon bald ungemein aktive Minderheit unter den Londoner Kaufleuten und sonstigen Finanziers bei Hofe oder in der Regierung erkannte schon frühzeitig das Zukunftspotential weltweiter ökonomischer und politischer Aktivitäten und suchte dafür durch gezielte Propaganda zu werben.
    Zu diesen Initiatoren zählten neben kühl kalkulierenden Kaufleuten, die in der Regel das finanzielle Risiko der überseeischen Unternehmungen trugen, vor allem auch Männer, die nicht nur auf Beute aus waren, sondern auch von Abenteuer- und Entdeckerlust, d.h. von Gier und Neugier getrieben waren. Neben John Hawkins und Francis Drake waren so gebildete Edelleute darunter wie der einflußreiche Höfling Sir Walter Raleigh und sein exzentrischer Halbbruder Sir Humphrey Gilbert oder der aus Cornwall stammende Landedelmann Sir Richard Grenville, allesamt typische ‹Renaissancemenschen›, die danach trachteten, das Ideal des kühnen, gebildeten Tatmenschen bis hin zur Stilisierung zu verkörpern und vorzuleben. So berichtet etwa der Chronist vom Tod Gilberts 1583, er habe Sir Humphrey zuletzt während eines gewaltigen Sturmes auf dem Achterdeck seines Schiffes sitzen sehen, ein Buch lesend, von dem man annimmt, es habe sich hierbei um Sir Thomas Morus’ ‹Utopia› gehandelt, und daraus zitierend dem Nachbarschiff zugerufen: «Sind wir nicht zur See wie auf Land dem Himmel stets gleich nahe», ehe sein Schiff in den Wogen verschwand.[ 2 ] Und Sir Richard Grenvilles Tod 1591 wurde Legende, weil er allein mit seinem Schiff, der Revenge, den Kampf gegen 50 spanische Kriegsschiffe aufnahm.
    Am Hof Elisabeths gab es eine kleine aber einflußreiche Gruppe mit dem Staatssekretär Sir Francis Walsingham als ihrem Sprecher,
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher