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Das Britische Empire: Geschichte eines Weltreichs (German Edition)

Das Britische Empire: Geschichte eines Weltreichs (German Edition)

Titel: Das Britische Empire: Geschichte eines Weltreichs (German Edition)
Autoren: Peter Wende
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Roanoke verlassen. Er ließ jedoch eine kleine Schar von 15 Mann dort zurück, bevor er sich auf Beutefahrt in die Karibik begab.
    Bereits im nächsten Jahr rüstete Raleigh, durch die bisherigen Fehlschläge keineswegs entmutigt, abermals eine umfangreiche Expedition aus, die 150 Siedler – darunter diesmal auch 15 Frauen – an die amerikanische Küste brachte. Die 15 Männer, die Grenville im Jahr zuvor in Roanoke zurückgelassen hatte, waren aber spurlos verschwunden. Entgegen allen ursprünglichen Absichten, diesmal auf dem Festland einen günstigeren Platz für eine Ansiedlung zu finden, blieben die Neuankömmlinge abermals auf Roanoke, wo zum ersten Mal auf amerikanischem Boden ein englisches Kind geboren und, als Enkelin John Whites, des Anführers der Siedler, auf den Namen Virginia getauft wurde. White kehrte auf Drängen der Siedler schon bald auf dem letzten ihm verbliebenen Schiff – die anderen waren unter Führung seines meuternden portugiesischen Lotsen auf Kaperfahrt gegangen – nach England zurück, um künftige Unterstützung für die Kolonie zu sichern. Doch der Seekrieg gegen Spanien, insbesondere die maritime Abwehrschlacht gegen die Armada im Jahre 1588, durchkreuzte diese Pläne. Auch nach dem Sieg galten andere Prioritäten; Energien und Kapital wurden nun vornehmlich in den Kaperkrieg gegen die spanische Kolonialmacht investiert. Erst 1590 gelang es White, abermals eine Fahrt nach Roanoke zu organisieren. Doch die Siedler waren und blieben verschwunden, weder er noch alle, die ihm folgten, fanden je auch nur eine Spur von ihnen.
    Dieser erneute Fehlschlag bedeutete zugleich das vorläufige Ende aller Bemühungen, in Übersee englische Kolonien zu gründen. Sir Walter Raleigh, der über lange Zeit unermüdliche Initiator, Finanzier und Schirmherr solcher Unternehmungen, hatte, folgt man Schätzungen der Zeitgenossen, mit diesen Expeditionen den größten Teil seines Vermögens, nämlich mehr als 30.000 Pfund, verloren. Gleichwohl machte er sich 1595 nun höchstpersönlich auf, um im südamerikanischen Guyana, im Gebiet des Orinoco, endlich das sagenhafte Goldland El Dorado zu finden.
    Mit dem Scheitern der ersten überseeischen Kolonisationsprojekte endete die Ouvertüre der Gestaltung und des Aufstiegs des Britischen Empire. Die künftigen Leitmotive waren eingeführt: Handel, Seemacht und Kolonien; und die künftigen Schwerpunkte des Kolonialreiches – erst Nordamerika, dann Indien – waren markiert und das durchgängig vorherrschende Kompositionsprinzip entworfen: das Wechselspiel von individuellen Unternehmungen und staatlicher Politik, das später das britische Weltreich als Erfolgsmodell unterschiedlicher Ausformungen einer vielfältigen ‹public-private-partnership› erscheinen lassen sollte. Doch zunächst standen der Realisierung großer Kolonisationsprojekte übertriebene Erwartungen eines individuellen Gewinnstrebens, das keinen Atem für langfristige Investitionen hatte, immer wieder im Weg, und so scheiterte eine Vielzahl disparater kurzatmiger Initiativen schon im Ansatz. So war die Generation der Händler, die sich an den schnellen Profiten freibeuterischer Unternehmungen orienterte, nicht in der Lage, den Rat des Staatsmannes und Philosophen Francis Bacon zu befolgen, bei der Gründung von Kolonien zunächst einmal bereit zu sein, zwanzig Jahre Verluste in Kauf zu nehmen, bevor sich eine Rendite einstelle. Statt dessen erlahmte vorerst die Bereitschaft englischer Kaufleute und Adliger, in neue Amerikaprojekte zu investieren, und damit auch das Interesse der Krone an weiteren überseeischen Unternehmungen. Es vergingen nahezu zwei Jahrzehnte, bis nach der Jahrhundertwende mit den ersten dauerhaften Koloniegründungen in Nordamerika die Grundsteine für ein solides Fundament des künftigen Empire gelegt wurden.

– II –
DAS ÄLTERE EMPIRE – HANDEL UND HERRSCHAFT (1607–1783)

 
    1. DIE KOLONIEN
    Im Blick auf die Tatsache, daß in England mit dem Tod Elisabeths I. und dem Übergang der Herrschaft auf die Stuarts langfristig gesehen eine Epoche tiefgreifender innerer Krisen einsetzte, wird leicht übersehen, daß gleichzeitig die Voraussetzungen für den Aufstieg der Insel zur Kolonialmacht geschaffen wurden. Das 17. Jahrhundert war nicht nur die Epoche, in der Bürgerkrieg und Revolutionen die politische Modernisierung des Inselreiches durch den Aufstieg des Parlaments einleiteten, sondern in der zugleich mit der Gründung von Siedlungskolonien an der Ostküste
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