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Das Britische Empire: Geschichte eines Weltreichs (German Edition)

Das Britische Empire: Geschichte eines Weltreichs (German Edition)

Titel: Das Britische Empire: Geschichte eines Weltreichs (German Edition)
Autoren: Peter Wende
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31. Dezember 1600 gewährte die Königin einer Gruppe von insgesamt 101 Anteilseignern, die für eine erste Reise zusammen 30.000 Pfund aufgebracht hatten, ihren Schutzbrief für das Handelsmonopol mit «Ostindien und anderen Inseln und Ländern in dieser Gegend». Dies war die Gründungsurkunde für The Governor and Company of Merchants of London, Trading into the East-Indies, kurz: die East India-Company .
    Die Londoner Kaufleute waren dabei dem offenkundig nachahmenswerten Beispiel der Holländer gefolgt, die in den Jahren zuvor mehrere einträgliche Reisen um das Kap der Guten Hoffnung unternommen hatten. Darüber hinaus hatte sich gezeigt, daß die klassische Route für den Import von Waren aus dem Orient, die über Land von Indien aus durch Persien zu den Häfen der Levante führte, weder sicher genug war noch mit dem rentableren Seetransport auf die Dauer würde konkurrieren können. So hatten die Erfahrungen mit der erst 1581 gegründeten Levant Company vor allem dazu geführt, daß man nun in Konkurrenz zu den Portugiesen und auch den Holländern direkten Zugang nach Indien bzw. zu den Gewürzinseln zu gewinnen suchte. 1601 stach die erste Flotte der neugegründeten Gesellschaft mit Kurs auf Java und Sumatra in See und kehrte zwei Jahre später mit einer riesigen Ladung Pfeffer nach London zurück, was den Eignern einen Profit von durchschnittlich 20 % bescherte und damit genügend Anreiz für weitere Reisen lieferte.
    Nun war der Befehlshaber dieses ersten Konvois der East India-Company zwar ausdrücklich angewiesen worden, das Unternehmen «in a merchantlike course», d.h. als friedliche Handelsfahrt durchzuführen, gleichwohl aber war er autorisiert, andere Schiffe zu kapern, sollte sich gefahrlos dazu Gelegenheit bieten; Handel und Seeräuberei waren offensichtlich in allen fernen überseeischen Regionen unauflöslich miteinander verschränkt. Und mit den zunehmenden Aktivitäten englischer Kaufleute und Seeleute in dieser Form des Fernhandels wurden die Grundlagen für die englische Seemacht der Zukunft geschaffen. Das zeigte sich vor allem beim Schiffsbau: Die Gesamttonnage der englischen Schiffe hatte sich zwischen 1570 und 1630 verdoppelt.
    Dabei gab es im England des 16. Jahrhunderts noch keinen Unterschied zwischen Kriegs- und Handelsschiff, zumal die Galeere, das klassische Kriegsschiff der mediterranen Seemächte in der frühen Neuzeit, in den rauhen Gewässern der Nordsee und des Atlantik nur bedingt einsatzfähig war. Statt dessen wurde an den westeuropäischen Küsten seit der Mitte des 15. Jahrhunderts ein neuer Schiffstyp entwickelt, der den Anforderungen der nun üblichen räuberischen Seereisen entsprach: hochseetüchtig, klein und wendig und damit manövrierfähiger als die hochbordigen, schwerfälligen Koggen des Mittelalters. So war die Mehrzahl britischer Kauffahrteischiffe in den 80er Jahren des 16. Jahrhunderts lediglich in der Lage, ca. 100 jener Fässer Bordeauxweines zu transportieren, die alsbald zur Maßeinheit für die Tonnage eines Schiffes wurden. Segler, wie z.B. die Golden Hind, mit der Drake die Erde umsegelte, waren ca. 20 m lang, 7 m breit und maßen 4 m vom Deck bis zum Kiel. Freilich waren diese Schiffe im Vergleich etwa zu denen der Spanier und Portugiesen stärker mit Kanonen bestückt, denn seit der Mitte des 16. Jahrhunderts waren die englischen Eisengießereien in der Lage, den heimischen Schiffseignern in großer Zahl relativ preiswerte gußeiserne Kanonen zu liefern. Schiffe dieser Bauart waren für lange Seereisen mit umfangreicher Ladung nur bedingt geeignet, doch sie bewährten sich nicht nur glänzend als Kaperschiffe, sondern auch dann, wenn sie zur Verstärkung der königlichen Flotte herangezogen wurden. Denn selbst wenn sich die Krone gelegentlich, wie etwa unter Heinrich VIII., um den Aufbau und den Unterhalt einer starken Kriegsflotte bemühte, so war bereits Elisabeth I. wieder darauf angewiesen, nicht nur zur Abwehr der Armada 1588, sondern für die gesamte Dauer des langen Seekriegs gegen Spanien die Schiffe der Freibeuter in Dienst zu nehmen.
    Dieser Krieg – der erste Seekrieg der neueren europäischen Geschichte – war zunächst eine maritime Abwehrschlacht der Engländer gegen die drohende spanische Invasion, wurde dann aber auch vorwiegend als Kaperkrieg geführt. Seit 1585 stachen jedes Jahr zwischen ein- und zweihundert Schiffe von England aus in See, um Beute zu machen, die sich im Durchschnitt im Jahr auf 200.000 Pfund belief
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