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Das Britische Empire: Geschichte eines Weltreichs (German Edition)

Das Britische Empire: Geschichte eines Weltreichs (German Edition)

Titel: Das Britische Empire: Geschichte eines Weltreichs (German Edition)
Autoren: Peter Wende
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seine bisherige Bedeutung für den internationalen Warenaustausch einbüßte.
    Die Krise des wichtigsten exportabhängigen englischen Wirtschaftszweiges erzwang einerseits die Suche nach neuen Märkten und Absatzwegen für den Tuchhandel und andererseits die Erschließung neuer Investitionsmöglichkeiten für das bislang im Textilgewerbe gebundene Kapital. Hinzu kamen neue Vermögen, die im Zusammenhang umfangreicher Transaktionen – nach der Säkularisation kirchlichen Landbesitzes – erworben worden waren und nun gewinnbringende Anlagemöglichkeiten erforderten.
    Große Gewinnspannen versprachen in erster Linie entweder Unternehmungen, die, orientiert an der Beute der Spanier in Mexiko und Peru, zu Gold- und Silberschätzen in Übersee führten oder zur unmittelbaren Teilhabe am lukrativen Fernhandel mit den begehrten Erzeugnissen des fernen Orient, vor allem dem Gewürzhandel. Für dergleichen Projekte ließ sich nun in London Kapital aufbringen, und dementsprechend war es der private Sektor, von dem die entscheidenden Impulse für die großen Entdeckungsexpeditionen und Handelsfahrten in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts ausgingen.
    Mit diesen neuen, auf Übersee ausgerichteten merkantilen Interessen befand sich England durchaus im Einklang mit den kontinentaleuropäischen Tendenzen. Überall nahm die Nachfrage nach Luxusgütern, nach wertvollen Textilien wie Samt und Seide und bald auch Baumwolle, nach Zucker und Gewürzen, nach Gold- und Silberwaren, d.h. vor allem nach Gütern überseeischer Provenienz auf nachgerade spektakuläre Weise zu. Wenn davon entscheidende Impulse für einen weltweiten Fernhandel ausgingen, in dem z.B. in Südamerika erbeutetes Silber letztendlich nach Asien transferiert wurde, um so den Bedarf europäischer Konsumenten an Gewürzen zu decken, dann stand damit nicht das Interesse Europas an neuen Absatzmärkten, sondern an exotischen Importen am Anfang des Ausbaus eines globalen merkantilen Systems, an dem nun auch die englischen Kaufleute teilhaben wollten.
    Dem standen jedoch zunächst bedeutsame Hindernisse entgegen, denn England konnte hier nur noch als Nachzügler agieren. Allzu spät hatte man realisiert, daß die Insel nach der Entdeckung Amerikas aus ihrer europäischen Randlage ins Zentrum eines neuen atlantischen Beziehungsgeflechts gerückt war. Denn die Welt, so schien es, war bereits aufgeteilt. Nachdem Spanien und Portugal 1479 im Frieden von Alcacovas ihre Einflußsphären an der afrikanischen Westküste gegeneinander abgegrenzt hatten, teilten sie nach der ersten Reise von Kolumbus 1494 im Vertrag von Tordesillas die Welt entlang des 46. Längengrades untereinander auf: Alles, was westlich dieser Demarkationslinie «gefunden und entdeckt worden ist … und … gefunden und entdeckt werden wird», sollte dem König von Spanien gehören. Für den östlichen Bereich galt das gleiche für Portugal, dem somit der Seeweg nach Asien und Brasilien vorbehalten war, während Spanien den übrigen amerikanischen Kontinent für sich in Anspruch nehmen konnte. Tatsächlich wurden diese Ansprüche weitgehend eingelöst. Im Osten stießen die Portugiesen bis nach China und Japan vor und nahmen vor allem entscheidenden Einfluß auf den lukrativen Gewürzhandel, dessen Zentren Goa und die Molukken waren. Im Westen, in Mittel- und Südamerika, errichteten hingegen die Spanier ihr Imperium und beuteten systematisch dessen reiche Edelmetallvorkommen aus. Dies hieß zugleich, daß, wer immer sich noch an der Aufteilung der überseeischen Welt beteiligen wollte, entweder Konflikte mit den seit 1580 unter einer Krone vereinten Spanien und Portugal riskierte oder versuchen mußte, auf Gebiete auszuweichen, die noch nicht von den iberischen Mächten kontrolliert wurden. Die Engländer taten sowohl das eine als auch das andere.
    So verließen England im Jahr 1553 drei Segler unter dem Kommando Sir Hugh Willoughbys mit Kurs nach Norden und mit dem Ziel, eine neue Route nach Asien zu erschließen, nahezu gleichzeitig brachen drei mit Kanonen bestückte Handelsschiffe mit Kurs nach Süden auf, um an der westafrikanischen Küste – also im portugiesischen Einflußbereich – Gold, Elfenbein und Pfeffer zu laden. Beide Unternehmungen waren privat, sie wurden von eigens zu diesem Zweck gegründeten Aktiengesellschaften finanziert. Und sie blieben diesmal nicht Episode, sondern fanden Nachahmung und Fortsetzung. Mit Fug und Recht läßt sich daher der Auftakt zur Ouvertüre der Geschichte
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