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Das brennende Gewand

Das brennende Gewand

Titel: Das brennende Gewand
Autoren: Andrea Schacht
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hatten sie an dem gescheuerten Tisch Platz genommen, stellte Franziska zwei Krüge und Becher darauf. »Wein für Euch, Almut, gewürzt mit Nelken und Honig und allerlei geheimnisvollen Spezereien. Mögt Ihr auch von dem Claret, Frau Rigmundis, oder ist Euch ein Bier angenehmer?«
    Almut fuhr auf. Franziskas Bier enthielt manchmal recht abenteuerliche Zutaten. Einst hatte sie Bilsenkraut verwendet, was höchst seltsame Folgen gezeitigt und zur vollständigen Vernichtung des Inventars im Adler geführt hatte.
    »Was habt Ihr diesmal zur Grut genommen?«, wollte sie deshalb wissen.
    »Rosmarin und Gagel, ganz wie’s sich gehört.«
    »Ich würde das Bier gerne probieren«, ließ sich Rigmundis vernehmen. »Unsere Gertrud stellt guten Apfelwein und Würzwein her, Bierbrauen geht ihr nicht recht von der Hand.«
    »Dann bedient Euch.«
    Der Claret war wirklich gut, und mit Behagen schlürfte Almut den süßen Wein. Aber dann erinnerte sie sich an die dunkle Wolke, die Franziskas Gesicht überschattet hatte, und fragte noch einmal nach: »Es ist ruhig heute, will mir scheinen.«
    »Es ist heiliger Sonntag. Ansonsten geht es hoch her, wir können nicht klagen. Nur dass gestern - ein unangenehmer Zwischenfall, ein Unfall sicher, aber... Und der arme Pitter hat ihn auch noch entdeckt.«
    »Was geschah?«
    »Einer unserer Gäste ist in den Braukessel gekippt und ertrunken.«
    »Ei wei!«
    »Trunken allem Anschein nach, und auf der Suche nach einer weiteren Quelle. Er ist in mein Braustübchen eingedrungen, ahnte wohl, dass da die Fässer mit frischem Bier stehen. Dann muss ihn die Gier übermannt haben. Kopfüber hat er sich in den Kessel gehängt, gesoffen wie ein Pferd. Dabei gärte es noch. Aber im Suff sind Männer ja völlig hirnlos.«
    »Hoffentlich nicht einer Eurer Stammgäste?«
    »Nein, ein Mann, der kaum zwei, drei Male bei uns war. Keiner wollte sich an ihn erinnern, keiner kannte seinen Namen, und die Wachen haben ihn mit zum Turm genommen. Es wird ihn schon jemand vermissen und sich an die rechte Stelle wenden. Aber für das Geschäft ist es nicht gut, eine Leiche im Bier zu haben.«
    »Tatsächlich. Aber es wird schnell Gras über die Sache wachsen, Franziska. Es erinnert sich schon kaum einer mehr an die arme Lissa, die man bei Euch gefunden hat. Nun berichtet, wie gefällt Euch der Ehestand? Liegt Euer Gatte Euch weiterhin zu Füßen?«
    »Ha, wie ein Lämmchen ist er, wie ein ausgepustetes Ei behandelt er mich, seit er weiß, dass seine Männlichkeit Früchte trägt. Aber das ist auch das Mindeste, was ich von ihm erwarte! Heilige Sankte Marthe, was macht es die Kerle stolz, wenn sie gesät haben. Dabei ist ihr Verdienst an der Sache jämmerlich, muss ich mich doch mit der ganzen Last herumschleppen.«
    »Wollt Ihr damit sagen, Frau Franziska, dass Ihr gesegneten Leibes seid?«, frage Rigmundis und strahlte die kleine Wirtin an. Die strahlte zurück und nickte.
    Die Beginen wünschten ihr aufrichtig Glück, dann kam Almut zu ihrem eigentlichen Anliegen, schilderte Claras Leid und den Wunsch, einige Blätter der Dachwurz mitnehmen zu dürfen.
    »Aber natürlich, sicher. Ich will gleich Simon auf die Leiter jagen. Kommt mit, Almut, und zeigt ihm, welche Pflanze Ihr meint, sonst erntet er Dachschindeln und Fledermäuse.«
    Der breitschultrige Schmied war schnell aufgetrieben und gerne bereit zu helfen. Doch es dauerte eine geraume Zeit, denn zwischen den Eheleuten entwickelte sich ein herzliches Geplänkel. Wie es schien, nahmen sie die Eigenarten ihrer Gäste zum Anlass, gewinnträchtig über deren Verhalten zu spekulieren. In diesem Fall hatte die Wirtin den richtigen Schluss gezogen, was sie ihrem Gemahl mit Freude unter die Nase rieb.
    Mit einem triumphierenden Lächeln schaute sie zu ihm hoch, kaum dass Simon den Fuß auf die erste Sprosse der Leiter gesetzt hatte.
    »Ich habe die Wette gewonnen, Simon. Fast kann ich dem knauserigen Kerl dankbar sein, dass er wieder nur Brot und Schmalz bestellt hat. Den Braten hat er verschmäht, der Knicker.«
    »Ein Dummkopf der, wie konnte er widerstehen? Und mich um meine Münzen bringen!«
    »Nicht jeder Mann denkt wie du mit dem Magen.«
    Simon grinste. »Vorhin hast du ein anderes meiner Körperteile bezichtigt, das Denken übernommen zu haben.«
    »Kscht, es sind keusche Beginen anwesend! Hach, gleich morgen werde ich seinen Satz Zinnbecher von meinem Gewinn kaufen. Du kannst ja sehen, ob du ihm die Groschen bei einem Würfelspiel wieder abzwacken kannst. Dann
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