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Das brennende Gewand

Das brennende Gewand

Titel: Das brennende Gewand
Autoren: Andrea Schacht
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legt unser geiziger Gast vielleicht endlich sein Messer aus der Hand und hört auf, seine Fingernägel zu malträtieren.«
    »Der und um Geld spielen? Darauf würde ich nun wirklich keine Wette eingehen.«
    »Warum nicht? Sein Säckel ist gut gefüllt. Der Herr vom Spiegel hat ihm das Ross gut bezahlt. Das hast du selbst gesagt.«
    »Wenn es aber gar nicht sein Säckel ist? Wer deinem Braten widersteht, ohne ein armer Mann zu sein, kann nur der Diener eines hohen Herrn sein.« Das klang wie eine für Simon beinahe philosophisch anmutende Beurteilung. »Eines hohen Herrn in Geldschwierigkeiten, würde ich vermuten. Das Ross war ein Tier im besten Alter, gut beisammen, das Fell gepflegt, kurzum: Von so einem Prachtgaul trennt man sich nicht ohne Not.«
    »Er tat’s, und es war ja nicht zu deinem Schaden. Die Ausgaben für die Zinnbecher wirst du so ganz leicht verschmerzen.«
    »Du hast recht, Adlerwirtin!« Simon reichte ihr eine Handvoll Pflanzen vom Dach.
    Almut, die dem Wortwechsel erheitert gefolgt war, stellte mit einem kleinen Lächeln fest, dass ihr Pater offenbar tatsächlich mehr und mehr den weltlichen Dingen zugeneigt war. Dass er ein eigenes Reittier erstanden hatte, war ein weiterer Schritt in sein neues Leben. Während sie gut gelaunt den Korb mit den dickfleischigen, saftigen Blättern der rosettenförmigen Dachwurz gefüllt hatte, kam ein weiterer Mann in einem graubraunen Pelzwams in den Hof, der ein Pferd am Zügel führte. Er band es an einen Pfosten und lauschte anscheinend eine Weile dem Schwatzen der Wirtsleute, aber sie fühlte den intensiven Blick, mit dem er sie musterte.
    »Wer ist der Mann dort?«, unterbrach sie Franziskas Tirade, und die drehte sich um.
    »Das ist Hardwin. Unser neuer Pferdeknecht. Er kam am Donnerstag zu uns und bat um Arbeit. Simon hat ihn zur Probe genommen, und maulfaul, wie der Kumpan ist, scheint er Gefallen an ihm zu finden. Er hält sich sehr für sich, und solange er keine Händel anfängt, kann er meinethalben sein Lager im Stroh behalten.«
    Während sie das laut verkündete, hatte sich der Mann umgedreht und war zum Stall gegangen. Almut sah ihm nach. Auf unergründliche Weise hatte sie das Gefühl, ausgiebig geprüft und abgeschätzt worden zu sein, genau wie ein Pferd auf dem Markt.
    »Komischer Kerl. Na, ich glaube, das sollte reichen. Simon, nicht noch mehr Blätter, mein Korb ist voll.«
    Sie kehrten in die Küche zurück, wo sie Rigmundis fanden, die mit glasigem Blick in das Herdfeuer starrte. Sie wandte ihre Augen auch nicht ab, als Almut sie sacht an der Schulter berührte, sondern begann mit leiser, rauer Stimme zu sprechen.
    »Sie rührt und mischt und braut in Tiegeln, Kesseln und Töpfen, lässt gären und keimen die böse Saat. Und süß wie Honigseim sind die Lippen der Heuchlerin, und ihre Kehle glatter als Öl. Hernach aber ist sie bitterer als Wermut und scharf wie ein zweischneidiges Schwert. Ihre Füße laufen zum Tode hinab, ihre Schritte führen in die Hölle. Und die Gottlosen weben ein Netz aus Täuschungen. Vertraut ihnen nicht, seid wachsam, denn sie haben lange Zeit mit dem Tod gespielt, und wohin ihre goldenen Finger weisen, erblüht der Verrat. Sie errichten Mauern um den Schuldlosen und lassen ihn bittere Kräuter essen. Sie stürzen die trauernde Mutter in den Abgrund des Wahnsinns. Sie verderben den Schwachen mit ihrer Wollust und verführen den Verstoßenen, ihren Dämonen zu dienen. Hinter einer schwarzen Larve blicken sie in lichtlose Abgründe. Darum beherzigt den Siegespsalm des Steineschleuderers und bringt das Feuer unter das Gewand der Ehebrecherin, damit sie verbrenne und mit ihr die bösen Geister, die sie geweckt hat.«
    Rigmundis verstummte, und Franziska, erblasst und mit riesigen Augen, schlug ein Kreuzzeichen.
    »Wach auf, Rigmundis«, flüsterte Almut der Erstarrten ins Ohr. »Wach auf. Lös deinen Blick vom Feuer!«
    Als die Begine nicht reagierte, stellte Almut sich zwischen sie und die Flammen, und endlich kam wieder Leben in Rigmundis. Sie schüttelte den Kopf und seufzte: »Ganz schön stark, dieses Bier, nicht wahr? Es macht müde und benommen.«
    »Ja, das scheint mir auch so. Du hättest besser Wein getrunken. Fühlst du dich kräftig genug, nach Hause zu gehen? Ich habe meine Heilpflanzen bekommen, und die Gaststube scheint sich zu füllen. Wir wollen die Wirtin nicht länger von ihrer Arbeit abhalten.«
    »Ja natürlich, Almut. Die frische Luft wird mir guttun.«
    »Habt Ihr einen Happen Brot und einen
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