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Das brennende Gewand

Das brennende Gewand

Titel: Das brennende Gewand
Autoren: Andrea Schacht
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es wäre Magda. Was willst du? Rosenessenz habe ich nicht, und auf Liebestränke kannst du getrost verzichten, so wie dein Pater dich gestern angesehen hat.«
    »Hat er?«
    »Er will dich schnellstens aufs eheliche Lager ziehen, wenn du mich fragst. Mit oder ohne Segen.«
    »Ivo vom Spiegel ist ein ehrenwerter Herr.« Almut reagierte verschnupft auf die derbe Anspielung. Ihre Gefühle im Hinblick auf diesen Aspekt ihrer neuen Rolle waren gemischt. Als Witwe eines alten, kranken, herrschsüchtigen und brutalen Mannes hatte sie keine besonders glücklichen Erinnerungen an die Pflichten einer Ehefrau. Je nun, man würde sehen. Mit diesen Worten schob sie den unliebsamen Gedanken beiseite und konzentrierte sich auf ihr Anliegen.
    »Clara ist krank!«
    »Ich weiß.«
    »Hat sie dich inzwischen um Hilfe gebeten?«
    »Nein. Meine Arzneien waren ihr noch nie gut genug. Sie muss doch immer zu ihren gelahrten Doctores mit ihren Wehwehchen laufen.«
    »Diesmal ist es kein Wehwehchen. Sie hat einen üblen Ausschlag, Fieber und ganz offensichtlich schreckliche Schmerzen.«
    Elsa drückte das Leinentuch aus, durch das sie die Flüssigkeit geseiht hatte, und sah zweifelnd auf.
    »Woher weißt du das? Sie spricht doch mit niemandem darüber. Oder vertraut sie dir jetzt ihre Leiden an?«
    Elsa war empfindlich und hatte einen Hang zur Eifersucht, aber Almut, in sanfter Stimmung, ging darüber hinweg und erklärte der Apothekerin, woher sie ihre Erkenntnis hatte.
    »Hört sich ganz nach der Gürtelrose an. Eine böse Sache«, war dann ihr Kommentar. »Eine ganz böse.«
    »Was würdest du ihr verabreichen, wenn sie dich darum bäte?«
    Mochte Elsa auch gelegentlich unwirsch und empfindlich sein, als Apothekerin nahm sie ihre Aufgabe ernst. Sie sah sich um und musterte die Töpfe auf dem Bord.
    »Weidenrinde senkt das Fieber und hilft gegen die Pein. Ringelblumensalbe trägt zur Heilung der Haut bei. Aber sie lindert nicht die brennenden Schmerzen. Besser noch würde ein Umschlag von zerdrückten Dachwurzblättern helfen. Sie kühlen und beruhigen und lassen den Ausschlag abklingen.« Elsa sah Almut an und hob die Schultern. »Dachwurz habe ich aber nicht hier.«
    »Wo kann man sie besorgen?«
    »Bei deiner Freundin Franziska wächst sie reichlich, habe ich letzthin bemerkt. Ich wollte sie selbst um etwas davon bitten.«
    »Dann sollte ich wohl mal dem ›Adler‹ aufs Dach steigen.«
     
    Am Nachmittag setzte Almut ihr Vorhaben in die Tat um. Da die Beginen gehalten waren, nie alleine durch die Straßen zu wandern, hatte sie Rigmundis gebeten, sie auf dem kurzen Weg zu begleiten. Das Wirtshaus »Zum Adler« lag an der nordsüdlichen Durchgangsstraße nahe dem Eigelsteintor und wurde gern von den in Köln eintreffenden Reisenden besucht. Auch die angeschlossene Schmiede konnte über einen Mangel an Arbeit nicht klagen. Außerdem wurde unter der Hand gemunkelt, dass man bei dem Adlerwirt hin und wieder frisches Wildbret erhalten konnte, dessen Quellen nicht völlig geklärt waren. Doch jene, die es schätzten, hüteten sich, zu sehr nach Einzelheiten und Hintergründen der Herkunft zu forschen.
    An diesem Sonntagnachmittag ruhte jedoch die Arbeit in der Werkstatt, die Esse stieß keinen Rauch aus, und das ständige »Ping, ping« des Hammers auf dem Amboss fehlte. Doch in der Gaststube duftete es nach dem kräftigen Eintopf, der Tag und Nacht über dem Feuer simmerte, und eine Gruppe Nordmänner aus dem Wik unterhielten sich ruhig bei ihrem Apfelwein in einer Ecke. Almuts Blick glitt über sie hin und blieb auch nicht an dem unscheinbaren Gast mit der mausbraunen Gugel hängen, der mit einem Messer seine Fingernägel bearbeitete. Die Gäste nahmen nur kurz Notiz von den beiden grauen Beginen mit ihren straff gebundenen Gebänden.
    »Frau Wirtin!«, rief Almut in Richtung Küche.
    »Komm ja schon, komm ja schon!«
    Eine kleine, quirlige Gestalt fegte in den Raum und jubilierte: »Almut, hei, was für eine Freude. Und Frau Rigmundis! Setzt Euch, setzt Euch. Ich bringe Wein und Most und Bier und...«
    »Ich grüße Euch, Franziska«, bremste Almut den Überschwang der Wirtin, lächelte sie aber freundlich an. »Wie laufen die Geschäfte?«
    Über Franziskas offenherziges Gesicht huschte eine Wolke, und mit einer Handbewegung wies sie auf die Tür zur Küche.
    »Gut, gut. Aber Ihr habt recht, es ziemt sich nicht für Euch fromme Frauen, in der Gaststube zu sitzen. Kommt mit nach hinten.«
    Rigmundis und Almut folgten der Wirtin, und kaum
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