Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das brennende Gewand

Das brennende Gewand

Titel: Das brennende Gewand
Autoren: Andrea Schacht
Vom Netzwerk:
wenig darüber nachdenken. Das lenkt mich wenigstens von den Schmerzen ab.«
    »Gut. Dann lasse ich dich jetzt mit deinen Büchern alleine.«
    Als sie die Tür hinter sich schließen wollte, hörte Almut dann doch noch das leise »Danke«.

6. Kapitel
    Lange hatte Almut nicht mehr über die seltsamen Worte der Weisung gegrübelt, sondern sich mehr Gedanken um die anstehenden Probleme gemacht. Da Clara nun bereit war, sich helfen zu lassen, war ihr der Gedanke gekommen, den Apotheker am Neuen Markt aufzusuchen und seinen Rat zu erfragen. Am Montagnachmittag rief sie also munter vom Eingang her in das leere Offizin: »Meister Krudener, seid Ihr zu Hause?«
    »Nicht für jeden!«, antwortete eine hohe, krächzende Stimme. »Wer seid Ihr?«
    »Almut Bossart!«
    Almut betrat trotz der barschen Antwort den höhlenartigen, düsteren Vorraum des Apothekerhauses.
    »Ich kenne keine Almut Bossart. Ich bin nicht zu Hause!«, kam es unfreundlich von hinten. Almut schmunzelte. Nein, sie hatte Meister Krudener nie ihren vollen Namen genannt, aber die Zeiten hatten sich geändert, und hin und wieder fühlte sie sich inzwischen mehr als Frau denn als Begine. Und da sie wusste, wo sich hinter einem dicken Vorhang der verborgene Durchgang zu dem Labor des Alchemisten befand, bahnte sie sich den Weg durch die Tiegel und Töpfe, Phiolen und Krüge, die die Borde und die lange Theke bevölkerten.
    »Ihr kennt mich sehr wohl, Meister Krudener, und ich bin kein böser Geist, der Euch heimsuchen will, um Eure Seele zu rauben«, rief sie munter in den lichten Raum hinein, in dem der Apotheker und seine taubstumme Gehilfin eifrig werkelten.
    »Ein böser Dämon, der die Gestalt einer klugen Begine nutzt, um mich von meinen hohen Werken abzulenken«, kam es heiser zurück, und mit einem erfreuten Lächeln begrüßte der hagere Mann sie, während Trine auf Almut zulief und sie liebevoll umarmte.
    »Was führt Euch zu uns, Frau Sophia? Eure Suche nach höherer Weisheit?«
    »Die selbstverständlich auch, doch es gibt auch ein ernsteres Anliegen.«
    »Weißt du zu fragen? Weißt du zu wünschen? Weißt du zu weihen? Weißt du zu schicken?«, krähte es von der Stange am Fenster, und verdutzt starrte Almut den grau gefiederten Vogel mit dem leuchtend roten Schwanz an, der ihren Blick mit schief geneigtem Kopf aus schwarzen, unergründlichen Augen erwiderte.
    »Oh, Ihr habt einen neuen Papagei!«
    »Einen seltsamen Vogel, oh ja. Einer der Nordmänner hat ihn mir angedreht, und nun tönt er tagein, tagaus wunderliche Worte. Ach verflixt, jetzt fange ich auch noch an. Hört einfach nicht auf ihn, Frau Almut.«
    »Oft kommt heilsamer Rat aus hartem Balg!«
    »Schließ den Schnabel!«
    Almut kicherte, und Trine gab ihr mit ihren Zeichen zu verstehen, dass sich zwischen ihrem Herrn und seinem Vogel eine erbitterte Fehde entwickelt hatte. Die graue Katze hingegen hatte sich mit dem rotschwänzigen Runenrater offensichtlich angefreundet. Sie saß unter der Stange und sah bewundernd zu ihm auf.
    »Ihr nehmt mich nicht ernst«, murrte der Apotheker, aber seine Augen glitzerten amüsiert. »Erwartet Ihr etwa aus meinem harten Balg heilsamen Rat?«
    »Natürlich, Meister Krudener.«
    »Nun, dann setzt Euch und schildert mir Euer Anliegen.«
    Almut schob einige aufgeschlagene Folianten beiseite und setzte sich an den langen Tisch. Der Apotheker gesellte sich zu ihr, während Trine weiter eine trockene Materie in einem Mörser bearbeitete.
    »Clara ist krank, und Elsa kann ihr nur wenig Linderung verschaffen. Ich hatte die Hoffnung, dass Ihr eine Arznei für sie zubereiten könnt.« Sie beschrieb die Symptome, und Krudener nickte bedächtig.
    »Eine überaus schmerzhafte und unangenehme Krankheit, die Gürtelrose. Ich hoffe, Ihr habt Frau Clara nicht Rosen zu essen gegeben.«
    »Was? Nein!«
    »Es gibt abergläubische Narren, die meinen, das würde helfen. Dachwurz mag kühlen, Ringelblumen heilen, doch die mineralischen Stoffe mögen noch besser wirken. Ich will Euch eine Galmeisalbe bereiten.«
    »Danke, aber - da ist noch etwas, das mich bedrückt. Und hier, fürchte ich, wird eine Salbe nichts lindern können.«
    »Da soll Euch nun mein Wissen um die kosmischen Mächte einen Weg weisen?«
    »Ob die Kräfte der Planeten sich gegen sie verschworen haben, oder ein böser Inkubus sie befallen hat, will ich gar nicht wissen, Meister Krudener. Ich möchte den wirklichen Grund herausfinden, warum sie sich plötzlich so verändert hat.«
    »Und den vermutet Ihr,
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher