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Das Blut Des Daemons

Titel: Das Blut Des Daemons
Autoren: Lynn Raven
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bringen würde: Mit Julien zusammen zu sein, war all das wert gewesen. – All das und noch viel mehr.
    Ich liebe dich, Julien Alexandre Du Cranier.
    Er sah über das Dach der Vette zu mir herüber und lächelte.

    I ch kann mir sehr gut vorstellen, was das Pärchen rechts neben Dawn und die drei Typen links von mir gedacht haben müssen, als sie auf meinen Schoß geklettert ist, kaum dass das Licht im Saal endgültig ausging. Sicherlich sind sie inzwischen davon überzeugt, dass ich das Kino mit einem unübersehbaren Mal an der Kehle verlassen werde. Es amüsiert mich. Vor allem, wenn man bedenkt, was wirklich geschehen ist. Wir sitzen in einem Vampirfilm und um uns herum geht alles davon aus, dass ein Mädchen, wenn es den Mund am Hals eines Jungen hat, ihm nur einen Knutschfleck verpasst. Wenn das keine Ironie ist?
    Sie schnurrt, wenn sie trinkt. – Anders kann ich den leisen, wohligen Laut nicht beschreiben, den sie irgendwo in ihrer Kehle macht. Und sie hat keine Ahnung, was dieses Schnurren bei mir auslöst. Ebenso wenig, wie sie ahnt, was sie in mir entfacht, jedes Mal wenn sie ihre Zähne in mein Handgelenk gräbt – geschweige denn in meinen Hals. Ekstase! Reine, süße Ekstase! Allein das Gefühl, wenn sie zubeißt – vorsichtig, darauf bedacht, mir nicht wehzutun –, dieser zweifache, feine Schmerz, oder wenn ihre Lippen sich ganz leicht auf meiner Haut bewegen, während sie schluckt oder sie die Wunde anschließend zart leckt, ist unbeschreiblich. Es ist schwer, dann scheinbar entspannt stillzuhalten und sie einfach nur trinken zu lassen. Aber ich habe noch immer Angst, sie zu erschrecken. Meine wunderbare, unschuldige Dawn.
    Jetzt sitzt sie wieder neben mir in meinem Arm, den Kopf an meiner Schulter, ihre Finger mit meinen auf der Lehne zwischen uns verschränkt. Ich spüre, wie sie von Zeit zu Zeit zusammenzuckt bei dem, was auf der Leinwand geschieht. Ihre freie Hand ist zwischen ihren Knien zur Faust geballt. Glaubt sie tatsächlich, ich würde es im Dunkeln nicht sehen? Ihre Sinne mögen nur in den ersten Stunden, nachdem sie von mir getrunken hat, schärfer sein als die eines normalen Menschen; aber meine? Wohl kaum. Im Gegenteil. Vielleicht sollte ich ihr vorschlagen zu gehen? Auch für mich haben die Bilder etwas Beklemmendes: Menschen, in irgendwelchenGestellen fixiert, während man ihnen das Blut aus den Körpern zieht. Melkvieh für die Vampire, die in diesem Film die Welt beherrschen. Sie wecken … Erinnerungen?
    Ich erinnere mich nicht an viel von dem, was nach dem Augenblick geschehen ist, als sie mich in den Hof hinausgezerrt und angekettet haben. – Ich flehe Adrien an, auf Dawn aufzupassen, sie zu beschützen; bin fast verrückt vor Angst, weil sie vor meinen Augen zusammengebrochen ist und ich nicht weiß warum. Ich brülle, bis er es mir verspricht. Als ich dann allein in dem Hof bin, kommt eine andere Art von Angst. Wie wird es sein, zu sterben, zu verbrennen bei lebendigem Leibe? Mein Herz rast. Mir ist heiß und kalt zugleich. Schweiß rinnt zwischen meinen Schulterblättern hinab. Ich liege auf den Knien. Nicht nur weil die Ketten mir keine andere Möglichkeit lassen, sondern weil meine Beine mich nicht mehr tragen. Und ich spüre, wie die Sonne ganz langsam aufgeht.
    Sam Neill macht seine Sache da oben auf der Leinwand ziemlich gut. Gérard hätte sich ein Beispiel an ihm nehmen sollen. – Gérard … So lange war Vergeltung das Einzige, wofür ich gelebt habe, und jetzt … Ich habe Gérard getötet und kann mich nicht daran erinnern.
    Ich erinnere mich an Schmerz. Das Gefühl, dass mein Innerstes nach außen gekehrt wird. Blanke Agonie, die mit jedem Atemzug, jedem Herzschlag, der mein Blut durch die Adern jagt, schlimmer wird. – Gérards Gift ? Wahrscheinlich. – Dann das Feuer, als die Sonne mich erreicht. Flammen, die über meine Haut lecken, zischen und knistern. Haut, die aufreißt, sich vom Fleisch schält, zusammenschrumpft. Ich versuche nicht zu schreien. Und kann es nicht. Bis es endet.
    Dawns Stimme. Worte wie geh nicht zu weit … auf der anderen Seite … warte auf mich … ich habe Angst … Ich habe lange gebraucht, um mich daran zu erinnern. Und zu bereifen, was sie vorhatte.
    Es ist dunkel. Und kalt. Alles ist wie ein Fiebertraum. Vage.Verzerrt. Weit entfernt. Als wäre man unter Wasser. Ich bin da. Und doch wieder nicht. An meiner Stelle ist etwas anderes, Dunkles. Ich und doch nicht ich. Ein Teil von mir, von dem ich bisher nichts wusste. Wild.
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