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Das Blut Des Daemons

Titel: Das Blut Des Daemons
Autoren: Lynn Raven
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müssen.
    Irgendwann hatte ich den Verdacht – oder vielmehr: die Hoffnung – gehegt, dass es ihm eventuell sogar möglich sein könnte, sich auch wieder im Sonnenlicht frei zu bewegen. Allerdings hatte ich ihn nicht laut geäußert. Die Gefahr, Julien würde auf den Wahnsinn verfallen, es tatsächlich auszuprobieren, war zu mir groß. Allein die Vorstellung, dass die Sonne ihn diesmal vielleicht wirklich töten würde; dass es diesmal vielleicht keine Auferstehung für ihn geben würde, war für mich unerträglich. Offenbar hatte er meinen Verdacht aber dennoch wohl irgendwie in meinen Gedanken gespürt; ihn vermutlich irgendwann sogar selbst gehegt. – Und dieses letzte Experiment allein gewagt.
    Ich räusperte mich. »Es ist wirklich mein Blut, das …«
    »… das es mir in letzter Instanz ermöglicht, wieder ein Leben in der Sonne zu führen. – Ohne Einschränkungen. Mit dir zusammen. Wie früher.« Er lächelte auf mich hinab. »Ja.«
    Sekundenlang stand ich einfach nur da, starrte ihn an, ohne zu wissen, was ich sagen, ja was ich denken sollte, ehe ich das Einzige tat, das mir in den Sinn kam: Ich barg mein Gesicht an Juliens Brust und schmiegte mich so fest an ihn, wie ich durch unsere Jacken hindurch konnte. Julien legte die Arme um mich und drückte mich noch enger an sich.
    »Ich danke dir, Dawn«, hörte ich ihn in mein Haar sagen.
    Ein paar einfache Worte und er schaffte es, mir damit die Tränen in die Augen zu treiben. Hastig wischte ich mir mit dem Jackenärmel darüber.
    »Hat er …« Ich zog die Nase hoch und musste mich erneut räuspern, damit meine Stimme wieder halbwegs normal klang. »Hat er auch herausgefunden, wie …« … wie es sein kann, dass du noch am Leben bist? Ich sprach die Frage nicht aus, da ich wusste, dass sie ihn ebenso beschäftigte wie mich.
    Ich spürte Juliens Kopfschütteln. »Nein. Aber es ist mir auch egal. Alles, was zählt, ist, dass ich bei dir bin und du mich nicht zum Teufel jagst, weil ich … nicht mehr bin, wie ich war.«
    Ich ihn zum Teufel jagen? Hatte er tatsächlich gefürchtet …? War er deshalb von Zeit zu Zeit so seltsam … still gewesen? Großer Gott. Betont langsam hob ich den Kopf von seiner Brust, löste meine Arme unter seiner Jacke von seiner Taille, schlang sie ihm stattdessen um den Nacken, schob meine Hände in sein Haar, wie er es zuvor bei mir getan hatte, und zog seinen Kopf ein Stückchen zu mir herunter. Ich hatte dieses jemanden vollkommen atemlos küssen nicht so gut drauf wie er – noch nicht –, aber ich war mir sicher, dass meine Fähigkeiten durchaus reichten, um ihm klarzumachen, was ich von seinem letzten Satz hielt. Wenn nicht, dann tat das hoffentlich der Umstand, dass ich mit meiner Zunge ganz bewusst über seine so viel längeren und spitzeren – und schärferen – Eckzähne strich. Er hielt absolut still. Und trotzdem spürte ich, wie er an meinem Mund scharf einatmete, während zugleich kaum merklich ein leiser Schauer durch seinen Körper rann. Ich wiederholte meine Berührung, bevor ich meinen Kuss wieder ein wenig zahmer werden ließ. Wie zur Antwort zog Julien mich mit einer Mischung aus Stöhnen und Seufzen fester an sich. Die Art, wie er meinen Kuss erwiderte, verriet mir nur zu deutlich, dass meine Botschaft angekommen war.
    Eine gedämpfte Melodie aus Juliens Jacke ließ mich verwirrt innehalten – und dann leise knurren, als ich begriff, was es war: sein Handy! Das war zwar nicht der übliche Klingelton, aber was sollte es sonst sein. Ich knurrte lauter, als er Anstalten machte, seinen Mund von meinem zu lösen. Er ließ sich nicht beirren und nahm seine Lippen von meinen, während er zugleich in die Jackentasche griff und den Störenfried hervorholte.
    »Es tut mir leid, aber da muss ich rangehen«, seufzte er mit einem Verzeihung heischenden Blick an meine Adresse und hob es ans Ohr. Zumindest hatte er den Anstand, eine schuldbewusste Miene aufzusetzen. »Ja?« Ich hatte erwartete, dass er den Anrufer scharf anfahren würde, doch er klang erstaunlich sanft. »Natürlich gilt das Angebot noch. – Du musst mir nur sagen, wie lange du zum Packen brauchst und wann ich dich abholen lassen kann.« Er legte die Hand über das Mikrofon des Handys. »Leihst du mir deinen Jet?«, fragte er leise. Die Worte waren kaum mehr als ein Bewegen der Lippen.
    Seit Weihnachten besaß ich wahrhaftig einen kleinen Privatjet, der auf dem Flughafen von Bangor zu meiner uneingeschränkten Verfügung bereitstand; ebenso edel wie
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