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Das Blut Des Daemons

Titel: Das Blut Des Daemons
Autoren: Lynn Raven
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aufgeschlagene Buch vor mir an und versuchte mich auf das zu konzentrieren, was Mr Barrings, unser Lehrer für englische Literatur, uns gerade zu Herman Melville und seinem Roman Moby Dick erzählte. Und bemühte mich gleichzeitig die Blicke meiner Mitschüler und ihr Getuschel zu ignorieren. Beides mit mäßigem Erfolg.
    Wir hatten ihnen in den letzten Wochen genug Grund zum Tratschen geboten und die Gerüchte reichten von Dawn Warden sollte von ihrem Onkel dem Teufel geopfert werden und Julien DuCraine hat es im letzten Moment verhindert bis zu Julien DuCraine dealt mit Crystal und wäre deshalb beinah von den Cops verhaftet worden. Die Wahrheit dahinter sah ganz anders aus. Aber sie irgendjemandem – selbst den Leuten aus meiner Clique – zu erzählen, stand völlig außer Frage. Noch nicht einmal Beth, die immerhin meine beste Freundin war, durfte etwas davon erfahren. Beth, die Juliens Verhalten mir gegenüber seit jener Nacht, in der ich mir ihren Käfer geliehenhatte, mit Argus-Augen beobachtete. Sie hatte damals angenommen, dass Julien mich nach einem Streit einfach im Ruthvens hatte stehen lassen und ich mir ihr Auto geborgt hatte, um ihm hinterherzufahren. Auch wenn sie wohl stillschweigend annahm, dass wir uns wieder vertragen hatten und deshalb davon abgesehen hatte, Julien zur Schnecke zu machen, änderte das nichts daran, dass sie offenbar nach wie vor damit rechnete, er könne mich genauso fallen lassen, wie er es bei seinen anderen Freundinnen vor mir stets getan hatte.
    Mit ein wenig Verspätung blätterte ich meinen Moby Dick um, ohne zu wissen, ob ich wirklich noch auf der richtigen Seite war.
    Dass ich heute Morgen allein – ohne Julien! – zum Unterricht erschienen war, schürte den Klatsch noch ein Stück mehr. Vor allem für Cynthia – Schulschönheit von Gottes Gnaden – war es ein gefundenes Fressen. Stand mein Freund neben mir, wagte sie es nicht, mir gewisse Dinge ins Gesicht zu sagen. Ohne ihn kannten ihre Sticheleien keine Grenzen. Gerade eben warf sie mir erneut einen schnellen Blick über die Schulter zu. Was sie sagte, als sie sich wieder umdrehte, konnte ich nicht hören, aber ihr Hofstaat kicherte. Mit zusammengebissenen Zähnen starrte ich auf die Moby-Dick -Ausgabe. Ich hätte mir das hier ersparen können. In meiner Tasche steckte eine Entschuldigung von meinem Großonkel Vlad – von Julien gefälscht. – Wobei ich mir fast sicher war, dass selbst Onkel Vlad den Unterschied zwischen seiner Schrift und der auf dem Papier kaum, oder nur mit großer Mühe, erkennen würde. – Aber ich hatte es nicht ertragen, zu Hause zu sitzen. Allein mit meinen Gedanken; dem Wissen, dass mir die Zeit unter den Händen davonrann … Ob ich Weihnachten noch erlebe? Die Frage war einfach da. Ebenso wie der Kloß in meiner Kehle. Nein! Ich würde nicht diesen Gedanken nachhängen. Nicht jetzt! Deshalb hatte ich mich –seit zweifelsfrei feststand, dass ich sterben würde – in einen Wirbel an Aktivitäten gestürzt. Ich wollte keine Zeit, um zu denken, zu grübeln; wollte mich nicht immer wieder fragen, ob es nicht doch irgendeinen Ausweg gab, einen, den wir nicht sahen. Einen anderen als den, den Julien kategorisch ablehnte: Nach wie vor weigerte er sich, mich zu einem Vampir zu machen. – Und noch war ich nicht bereit, zu meinem Onkel Vlad zu gehen und ihn zu bitten, das zu übernehmen. Ganz abgesehen davon, dass auch er sich weigern konnte, fürchtete ich, dass er mich nicht länger in Juliens Obhut lassen würde, wenn er erst wusste, wie es um mich stand. Er war der Letzte, der davon erfahren durfte.
    Meine Gedanken schweiften zu den vergangenen Wochen zurück. Als meine Anfälle immer häufiger und immer heftiger kamen und ich mir selbst endlich eingestanden hatte, dass Bastien recht hatte, hatte ich Julien gezwungen, Dinge mit mir zu unternehmen, die er niemals freiwillig mit mir unternommen hätte: Achterbahnfahrten auf dem Rummel in Darven Meadow – hintereinander, bis selbst ihm schlecht war – und durchtanzte Nächte im Ruthvens waren nur ein paar davon gewesen. Ich war bis an meine Grenzen gegangen. Und mehr als einmal hatte ich es bei solchen Gelegenheiten anschließend gerade noch auf den Beifahrersitz der Corvette geschafft, ehe meine Kräfte mich verließen – oder mich einer meiner Anfälle schüttelte. Er hatte nie etwas gesagt, sondern mich dann immer nur stumm nach Hause gefahren und die Treppe hinauf in mein Bett getragen. – Aber in den Stunden danach – wenn er
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