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Das Blut Des Daemons

Titel: Das Blut Des Daemons
Autoren: Lynn Raven
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bei mir ausgelöst hat, die mich näher an die Lamia der ersten Generationen heranbringt als an das, was ich war, bevor Dawn mich zum Vampir gemacht hat. So verrückt es klingt: Diese Theorie macht für mich Sinn. Dass die Sonne mich zwar schwächt und die direkte Berührung mit ihrem Licht für mich unangenehm ist, ich es aber – wieder – ertragen kann; dass dieses Wilde, Unberechenbare, ja Animalische in mir ist; und dass jenes eine, bestimmte Mädchen diese Wildheit besänftigt und jenem Dunklen in mir Frieden gibt: Von alldem sprechen die alten Legenden, wenn es um die ersten Söhne geht. Wovon sie nicht sprechen, ist, dass das Blut dieses einen Mädchens es ihnen erlaubt hat, sich frei und ohne Schwäche oder Unbehagen in der Sonne zu bewegen. Aber vielleicht ist es nur bei mir so. Weil es Dawns Blut ist; das Blut einer Princessa Strigoja – deren Wechsel obendrein durch das Blut Lamias ausgelöst wurde.
    Auf der Leinwand geht ein Vampir in Flammen auf. Nebenmir springt Dawn auf und drängelt sich hastig durch die Reihe. Im ersten Moment bin selbst ich überrascht. »Pass doch auf, blöde Kuh!« Popcorn regnet hinter ihr auf den Boden. Ich spüre, wie sie sich innerlich krümmt, wie Erinnerungen in ihr aufsteigen, die sie krampfhaft in ihrem Geist einzuschließen, vor mir zu verbergen versucht. Es zerreißt mein Herz. Das hier war definitiv der falsche Film. Für uns beide. Ich bin direkt hinter ihr an der Saaltür, weil ich quer über Lehnen und Sitze gehe, ohne mich um Gänge oder sonstige Hindernisse zu kümmern. »Vollidiot!«, ruft mir einer nach.
    Wortlos folge ich ihr nach draußen auf den Korridor, ziehe sie in die nächste Ecke und nehme sie in die Arme. Sie zittert am ganzen Körper. Wir haben beide unsere Dämonen aus Griechenland mitgebracht. Und wir versuchen beide, sie aus dem Kopf des anderen herauszuhalten. Einer der Platzanweiser geht an uns vorbei, gafft. Ich muss mich zusammenreißen, um ihn nur mit einem ›Verzieh dich, es gibt hier nichts zu sehen‹-Blick zu bedenken und ihm nicht meine Fänge zu zeigen. Fänge, die eigentlich zu lang für einen Lamia unserer Zeit sind. Selbst wenn sie entspannt sind. Auch so eine › Rückmutation ‹, wenn man Adriens Theorie glaubt.
    In meinen Armen hebt Dawn den Kopf. Das Zittern hat aufgehört.
    »Es tut mir leid, ich wollte dir den Film nicht versauen.« Ihr Lächeln soll vermutlich entschuldigend sein.
    Ich zucke die Schultern. »Keine Angst, da war nichts, was ich nicht schon gesehen hätte.« Die Worte klingen so nonchalant wie immer, dabei sieht es diesmal ganz anders in mir aus. »Willst du wieder rein?« Die Frage ist rein rhetorisch. Sie schüttelt den Kopf. Fast ein bisschen zu schnell. »Was möchtest du dann machen?« Sie schweigt unschlüssig, noch immer sitzt der Schrecken in ihren Gedanken. Ich kann ihn spüren. Keine Vampirfilme mehr! Weder für sie noch für mich! Zumindest nicht in absehbarer Zeit. Sie hat die Unterlippe zwischen die Zähne gezogen. Kaut darauf herum. Zu fest. Ich kann einen Hauch ihres Blutes wittern. Als hätte ich nichtsgemerkt, beuge ich mich zu ihr und küsse sie zart – wenn auch nicht ganz züchtig . Wenn die Gefahr besteht, dass sie versehentlich mich beißen könnte, lässt sie es sofort sein. Nach einem Moment ziehe ich mich wieder zurück. »Hast du Lust, di Uldere aufzuschrecken?«
    Es klappt. Sie muss lachen. Timoteo Riccardo di Uldere, der Sovrani von Ashland Falls, verfällt seit Neustem jedes Mal, wenn die Princessa Strigoja seinem Club die Ehre gibt, in einen Zustand besorgter Panik, der bei einem Lamia seines Alters und Standes nun einmal leicht lächerlich wirkt. So als hinge sein Seelenheil von ihrer Zufriedenheit ab. Dawn ist allerdings der Meinung, er befürchte, dass ich ein wenig … sagen wir … unwillig werden könnte, wenn einer seiner männlichen Gäste meiner Freundin zu nahe kommt. Und sei es auch nur aus Versehen. Wie bei unserem ersten Besuch im Ruthvens , nachdem wir aus Griechenland zurück waren und ich mich wieder unter Menschen sehen lassen konnte. Ich habe mich entschuldigt und Besserung gelobt. Was hätte ich noch tun sollen?
    Den Kopf zurückgelegt sieht sie mich auf diese nachdenkliche Art an. Als sie aber nach einer halben Minute noch immer nichts sagt, kann ich ein Seufzen nicht unterdrücken.
    »Sieht so aus, als hätte ich unser erstes Date dank dieses Films in den Sand gesetzt, was?« Wenn man es genau nimmt, ist das hier tatsächlich unser erstes Date. Verrückt.
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