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Das blaue Buch - Roman

Das blaue Buch - Roman

Titel: Das blaue Buch - Roman
Autoren: Carl Hanser Verlag
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verspannen sich, klemmen ihn ein, so dass er der verletzte Mann werden kann, zu dem sie ihn niemals machen will.
    Was bedeutet, dass sie ihre verdammte Schnauze halten sollte, damit sie wieder sie selbst sein können, nach Hause kommen zu dem, was sie waren.
    Außer dass wir gebrochen und eine Täuschung und eine Lüge wären, und ich kann ihm nicht noch eine Lüge zumuten – nicht meiner Liebe.
    Er räuspert sich und klingt danach wie ein Fremder, den sie im Hotel treffen könnte. »Hast du die schon länger vorbereitet – deine Liste?« Jedes Wort härter als das vorige. »Hast du sie auswendig gelernt?« Der Satz dringt ein wie ein Nagel.
    »Weil wir es früher so gemacht haben.« Ihre Hände schmerzen. »Die Liste enthält elf Wörter.«
    Er geht zur Reling – der stockende, brechende Gang – und lehnt sich an, schaut hinaus zu einem winzigen, grünlichen Schimmer, der bald größer und die Freiheitsstatue werden und Menschen begeistern und womöglich inspirieren wird. Er sagt nichts.
    Und dies ist sein Haar von hinten, sein Umriss, wie sein Gewicht auf der linken Seite lastet, der Wagemut seiner Hüften, sein nachdenkliches, verletzendes, einsames Ganzes. Er ist der süßeste Ort.
    Und sie muss erklären, muss vollkommen klar sein – ohne klare Anweisungen kann niemand mit dir in deinem Trick sein. »Also, da ist die Liste.« Ganz kleine Worte, die ihr Ende heraufbeschwören, das Ende dessen, was sie sind und was sie sein könnten. »Und die Liste ist das, was ich dir jetzt gebe.«
    »Darf ich annehmen, dass ich die Wörter von eins bis elf durchnummerieren soll?«
    Sie denkt, dass sie Angst hätte, sein Gesicht zu sehen, und dass sie ihn außerdem vermisst. »Bitte, wenn du kannst. Es tut mir leid.«
    »Das muss es nicht.«
    Es ist unmöglich, seine Hand zu nehmen, denn es ist zu spät.
    »Die Worte, die ich für dich habe, lauten
    HAND
    KIND
    BLAU
    SÜSS
    BUCH
    FALL
    BRAND
    FUND
    SPRICH
    RECHT
    BLUT.«
    Darum berührt ihn niemand, kümmert sich niemand um ihn, ist er allein, als er sagt: »Ich verstehe deine Liste nicht.«
    »Bitte, Arthur … du musst nur …«
    »Werde ich.« Er schreit nicht, ist aber kurz davor.
    »Eine Zahl zwischen eins und zehn wählen.«
    Schnell, schnell windet er sich herum, weg von der Reling, hebt die Hände und: »Herrgott, Beth … was … was möchtest du … du kannst es mir sagen … Herrgott . Du hast mich gelassen … Beth, du hast mich gelassen. « Ehe er den Kopf schüttelt und sanft wird. »Ich würde sieben nehmen. Ich würde immer sieben nehmen. Sieben.«
    »Also zähle ich von BLUT, RECHT, SPRICH, FUND, BRAND, FALL, und BUCH ist das siebte Wort, und das heißt, ich gebe dir BUCH.«
    Er spricht zur Schottwand hinter ihr. »Aber sieben wäre nicht richtig, nicht für heute. Ich sollte sechs nehmen.« Er testet den Trick, weitet ihn aus, denn er weiß, wenn er vorbei ist, wird ihm etwas Schlimmes gefolgt sein, und weil der Trick ihm so mehr verraten muss und weil er immer ein Mann ist, der es wissen will.
    »Dann zähle ich ab: BLUT, RECHT, SPRICH, FUND, BRAND, FALL, das macht sechs, und dir bleibt BUCH.«
    Sie beobachtet, wie Ängste ihn zuckend treffen: Schädel, Muskeln, Atem.
    »Oder drei, das ist die Zahl des Zauberers. Die könnte ich nehmen.«
    »Und dann würde ich zählen HAND, KIND, BLAU.« Sie klingt wütend, sollte nicht wütend sein, ist nicht wütend. »Und das dritte Wort ist BLAU. Ich gebe dir BLAU.« Er sollte wütend sein – sie wünscht sich, er wäre rasend vor Zorn.
    »Zwei stand für mich, für Mann. Was ich früher war.« Sachliche Feststellung.
    »Bitte, Arthur.«
    »Zwei.«
    »Dann.« Sie zittert – Hände, Kehle, Atem. »Dann nehme ich HAND und KIND weg und gebe dir BLAU.« Alles ist unzuverlässig geworden.
    Er legt die Stirn in eine Hand und reibt sich mit der anderen übers Haar. »Aber zu Anfang habe ich nicht gelogen.« Und dann schaut er sie an und wirkt müde, müde, müde. »Ich wähle immer die Sieben. Ich habe keine Wahl. Sieben.«
    Arthur lächelt wie Menschen, wenn sie einen Trick begreifen – es gibt eigentlich nie eine Wahl.
    »Ich weiß.« Und Beth sieht ihn an und hält seinen Blick, weil auch das eine Art Halten ist und weil auch sie Tricks begreift und weil sie heute Morgen mehr als nur Tricks will. Nur heute Morgen, nur dieses eine Mal möchte sie das Wunder, und sie hat schon früher darum gebeten und keins bekommen, also steht ihr eins zu.
    Es müsste Magie geben, nur dieses eine Mal.
    Und in ihrer Tasche ist das
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