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Das bisschen Haushalt

Das bisschen Haushalt

Titel: Das bisschen Haushalt
Autoren: Martin-Nils Däfler
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weibliche Geschlechtsteil kann ich einfach identifizieren. Nur das männliche Pendant lässt sich nicht ausmachen - es scheint entweder zu klein und/oder unter dem Fell verborgen zu sein. Inzwischen haben glücklicherweise Paul und Rebecca das Interesse an meinem Aufklärungsunterricht verloren - sie blättern in der TV-Zeitschrift und schauen, was heute Nachmittag läuft. Danke! Danke! Heute Abend werde ich die Schlafzimmertüre zweimal verriegeln.
Montag, 15. September
    Heute haben wir noch mal ausgeschlafen, zumindest die Kinder und ich, Carola musste ja zur Arbeit. Ab morgen geht die Schule wieder los und wir müssen früh raus. Dann haben wir zwei Schulkinder: einen Viertklässler und eine Erstklässlerin; ein neuer Lebensabschnitt beginnt.
    Paul ist nervöser als seine Schwester. Nicht wegen der Schule selbst, sondern weil er fürchtet, dass Rebecca ihn auf dem Schulhof anspricht - das wäre superpeinlich! Wie würde er denn da vor seinen Freunden dastehen, wenn seine kleine Zickenschwester zu ihm käme. „Also, Rebecca, Regel Nummer eins in der Schule: Du kennst mich nicht! Regel Nummer zwei: Quatsch meine Kumpels nicht an! Und Regel drei: Die Chefs auf dem Pausenhof sind wir - ich, der Tom und der Lorenz. Haste das gecheckt?“, teilt Paul seiner Schwester im Kommisston mit. „Wieso? Natürlich kenn’ ich dich!“, gibt sich Rebecca verblüfft; sie hat nicht verstanden, warum Paul ihr diese Regeln diktiert. „Du musst einfach kapieren, dass ich vor meiner Gang nix mit dir zu tun haben will!“ Ring frei: Die Argumente wechseln vom Verbalen ins Physische. Ich trenne die Streithähne und versuche zu schlichten: „Mäuschen, sei so lieb und akzeptiere, dass es Paul unangenehm ist, mit dir gesehen zu werden. Es ist ihm ja genauso peinlich, wenn ich in seiner Nähe bin. Das ist so eine Phase bei Jungs, das geht vorüber. Und du, Paul, bleibst cool, wenn die Rebecca doch mal zu dir kommen sollte. Könnt ihr mir das versprechen?“ „Hmm!“
    „Wo wir gerade so friedlich zusammensitzen: Was ich mal von euch wissen wollte: Der Papa ist doch jetzt schon ein paar Wochen für euch verantwortlich und da würde es mich sehr interessieren, wie ihr das findet?“ Schweigen. „Na, kommt schon, ihr könnt ruhig ehrlich sein!“ Schweigen. Wissen sie jetzt nicht, was sie sagen sollen? Oder: Wollen sie mich nicht verletzen? Schließlich rafft sich Paul doch zu einer Antwort auf: „Is’ schon o. k. so.“ Boah! Welch Begeisterung da mitklingt. Rebecca ist redseliger: „Also, ich find’s gut. Na ja, du bist zwar ziemlich streng, aber dafür machste echt klasse Pfannkuchen.“ Immerhin. Bei Paul hat das Stichwort „streng“ den Redeknopf ausgelöst: „Da muss ich der Rebecca ausnahmsweise mal recht geben: Du bist immer dermaßen hart. Immer schreist du gleich rum. Und immer drohst du mit Fernsehverbot.“
    Ich lasse mir etwas Zeit mit meiner Antwort: „Hmm, Paul, das kann stimmen. Weißt du, ich mache das wie der Bürgermeister von New York: Null Toleranz!“ „Was ist Totanz?“, will Rebecca wissen. „Ich lasse nix durchgehen, nur so könnt ihr die Regeln lernen, die in unserer Familie gelten.“ „Aber das ist blöd“, entgegnet Rebecca. „Weißt du, was ich blöd finde? Dass ihr dauernd miteinander streitet. Und ständig diese doofen Schimpfwörter verwendet.“ „Aber das ist nur der Paul, ich sag nix Schlimmes“, verteidigt sich Rebecca. „Und was war die eklige Warze vorhin?“ „Das war nur, weil der Paul Blechgehirn gesagt hat.“ „Hab’ ich gar nicht.“ „Haste wohl!“ „Nö, ich hab’ nämlich Gesichtsunfall gesagt!“ Und schon stürzen sie wieder aufeinander los .
    Gut, dann können wir es vergessen, gemeinsam die vergangenen Wochen zu analysieren. Was soll’s auch bringen? Irgendwie hat’s ja immer geklappt. Und immerhin mussten wir, seitdem ich als Hausmann amtiere, auch noch nicht in die Notaufnahme. Eigentlich keine schlechte Bilanz. Ich beschließe, die beiden Kontrahenten ihre Auseinandersetzung ohne mein Zutun austragen zu lassen und lieber in den Garten zu gehen - der Rasen will gemäht werden. Auf dem Weg zur Terrasse pfeife ich die Melodie von „Dass ich auf Knien meinem Schöpfer danken kann, wie gut ich’s habe .“
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