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Das bisschen Haushalt

Das bisschen Haushalt

Titel: Das bisschen Haushalt
Autoren: Martin-Nils Däfler
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er, klettert hinter dem mannshohen Werbeaufstel-ler durch und schnappt Paul. Jeder versucht, dem anderen sein Sparschwein auf den Kopf zu hauen - zumindest so lange, bis ich dazwischengehe, die Sparschweine konfisziere und mit gepresster Stimme ermahne: „Wenn ihr jetzt nicht augenblicklich aufhört, gehen wir wieder heim und ich zahl’ euer Geld auf mein Konto ein!“ Ich stecke die Karte schließlich in den Auszugsdrucker und lasse den Automaten sieben Kontoauszüge ausspucken.
    Zwischenzeitlich ist noch eine junge Mama mit ihrem Kleinkind auf dem Arm eingetroffen und erhöht die Anzahl der vor uns Wartenden auf drei. Das haben wir davon! Egal, wir reihen uns ein. „Was wollt ihr euch denn später mal von eurem Ersparten kaufen?“, erkundige ich mich. „Hmm, ich weiß noch nicht, muss mal drüber nachdenken“, meint Rebecca. Paul hingegen hat schon sehr konkrete Vorstellungen: „Also, ich kauf’ mir einen Lamborghini, einen neuen Computer, ein Haus mit Pool, ein Video-Handy und einen iPod. Den Rest lass’ ich auf dem Konto.“ „Aha, und du bist dir sicher, dass dein Erspartes dafür reicht?“, gebe ich zu Bedenken. „Na ja, Dad, du müsstest halt schon die wöchentliche Taschengeldmenge erhöhen!“ „So, muss ich das?“ „Ja, musst du. Von drei Euro fünfzig pro Woche kann man ja nun wirklich nicht viel sparen.“ Oh Gott! Das arme Kind. Fristet ein Dasein am Existenzminimum, hat ein paar äußerst bescheidene Wünsche und sein Vater hindert ihn an der Erfüllung selbiger. Welch trauriges Schicksal!
    Mittlerweile ist auch Rebecca eingefallen, was sie mit ihrem zukünftigen Vermögen anstellen will: ein eigenes Pferd, ein
    Mercedes Cabrio, eine Villa, sehr viele Schuhe (ganz die Mama), noch ein Pferd und ein Himmelbett. So - Töchterlein ist also nicht minder anspruchsvoll als ihr Bruder. Hatten wir nicht immer versucht, unsere Kinder zur Bescheidenheit zu erziehen, ihnen zu vermitteln, dass Geld nicht so wichtig ist? Und was ist aus unseren Bemühungen geworden? Nichts! Zwei geldgeile, materialistische Monster. Andererseits: Als kleiner Junge wollte ich auch immer einen braunen (!) Porsche 911 haben. Und heute? Lassen sich meine Träume nicht in PS, sondern in friedlich und ruhig verbrachten Stunden messen. Die Warteminuten in der Sparkasse allerdings zählen nicht dazu. Es geht nur mühsam voran; der Herr ist zwar mittlerweile fertig, dafür hat die Dame ein diffiziles Anliegen: Sie will eine Auslandsüberweisung in die USA tätigen.
    Nach endlosen Minuten sind 250 US-Dollar transferiert und die Mama vor uns ist an der Reihe. Sie erkundigt sich allen Ernstes nach einer Ausbildungsversicherung für ihren Kleinen. Das kann doch nicht wahr sein! Hey, wir haben heute noch was anderes vor. Doch das Sparkassenfräulein hat alle Ruhe der Welt, erklärt ausführlichst die Vor- und Nachteile der verschiedenen Produkte und erkundigt sich nach den angedachten monatlichen Sparraten. Jetzt reicht’s mir. Ich tippe der sehr zukunftsorientierten Mutter auf die Schulter: „Wussten Sie, dass die Sparkasse auch Beratungstermine außerhalb der Öffnungszeiten vergibt? Die kommen sogar abends zu Ihnen nach Hause.“ Zunächst ernte ich einen verwunderten Blick, bekomme dann jedoch Unterstützung von der auskunftsfreudigen Sparkassenmitarbeiterin: „Ja, das stimmt. Wir können gern gleich was vereinbaren.“ Es dauert nur fünf Minuten, bis ein passender Termin gefunden ist.
    Endlich, endlich: Wir dürfen vortreten. Ich lege die Sparbücher vor und erkläre, dass Paul und Rebecca ihr Erspartes ein-zahlen wollen. Beide stellen ihre Schweinchen auf den Tresen. Da Rebecca mit ihren 110 Zentimetern Körpergröße noch nicht auf die andere Seite blicken, mithin nicht verfolgen kann, was sich da abspielt, fordert sie im Befehlston: „Heb’ mich hoch!“ „Wie heißt das Zauberwort mit zwei ,t‘?“ „Flott!“ „Ha, ha. Nochmal!“ „Biiiiitte!“ Ich nehme Rebecca auf den Arm. Mann, hat die mittlerweile ein Gewicht. Mit ihrem für alle Sparschweine dieses Universums passenden Schlüssel öffnet Mrs. Sparkasse Pauls Schweinchen. „Meins zuerst“, verlangt Rebecca in militärischem Ton. „So nicht, mein Schatz. Versuch’s nochmals höflich!“ „Könntest du bitte erst meins aufschlitzen?“ „Natürlich!“ Wow - die muss Nerven haben so dick wie die Zugseile der Nebelhornbahn; die bekommt von der Sparkasse bestimmt kein Gehalt, sondern Schmerzensgeld.
    Rebecca hat 175,93 Euro angespart. Nun wird das
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