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Das Biest aus den Alpen

Das Biest aus den Alpen

Titel: Das Biest aus den Alpen
Autoren: Stefan Wolf
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Nackenhaare — und er hatte
viele davon — stellten sich auf. Er streckte die Hand vor sich in die
Dunkelheit, spürte aber im gleichen Augenblick einen heftigen Schmerz darin.
Etwas hatte ihn gebissen! Panisch wich er zurück und rutschte im selben Moment
in einer klebrigen, beißend riechenden Masse aus. Er ertastete sich den Weg auf
die Mauer zu, wo er in frisch aufgeworfene Erde geriet. Die Erde gab nach.
Seine Hände suchten nach einem festen Halt. Aber die Erde sackte unter seinen
Füßen fort und riss ihn mit sich. Schnell sank er tiefer und tiefer. Am
Hinterkopf verspürte er einen mächtigen Schlag und grelle Lichter tanzten vor
seinen Augen.
    Eine heiße Welle überflutete
ihn. Doch schon in der nächsten Sekunde wich die Wärme einer eisigen Kälte, die
ihm den Atem nahm.

 
     
    Tim gab Karl ein Zeichen, still
zu sein und lautlos auf
seinem Platz zu verharren. Sie waren noch einmal auf den Burgberg
zurückgekehrt, um Corvinus und Forschmann zu observieren. Und tatsächlich:
Inmitten der Burgruine stand Corvinus’ klappriger Pritschenwagen. Er und sein
Kompagnon waren nicht zu sehen. Tim schlich sich auf Zehenspitzen an den
geöffneten Brunnenschacht heran, in dessen Tiefe plötzlich ein Hund kläglich
jaulte. Dann hörte man, dass jemand aus dem Wasser stieg und eine Leiter
heraufkam. Gleich darauf wurde etwas Weißes über den Brunnenrand geschoben, das
wie ein nasser Flokati aussah. Und eine Stimme, die Tim als jene vom Professor
erkannte, sagte: »Schau, dass du zu Frauchen kommst!«
    Tim konnte es nicht fassen: Die
weiße Masse, die über den Brunnenrand flog, war Oskar! Wie kam der in den
Brunnen? Eigentlich sollte er doch mit Gaby und Klößchen die Pfarrkirche
bewachen. Tim nahm das triefende und vor Kälte zitternde Tier behutsam auf und
drückte es an sich. Eine warme Zunge leckte Tim quer übers Gesicht.
    Während er Oskar auf den Boden
setzte, raunte Tim: »Treffer! Sie sind da drin!« Karl nickte.
    Corvinus stieg, ohne von den
Jungen etwas bemerkt zu haben, wieder in den Brunnen hinab. Tim und Karl
vernahmen noch eine zweite Stimme und unbestimmte Geräusche. Dann kam wieder
jemand die Leiter hinauf. Ganz langsam. Dieser Jemand schien eine sehr schwere
Last heraufzubringen. Endlich zeigte sich ein Kopf, aber da der Mann ihm den
Rücken zukehrte, wusste Tim nicht genau, wen er vor sich hatte. Das
Überraschende war, dass der Kerl mit seinen Armen einen korpulenten Oberkörper
umfasste. Er zog, langsam höher steigend, einen vor Nässe triefenden Mann mit
viel Mühe, aber dennoch behutsam, über den Brunnenrand!
    Jetzt erkannte Tim, wer da
gerade den Brunnenschacht heraufkam. Es war Forschmann. Überrascht sah dieser
die beiden Jungen an. Doch es blieb dem Kryptozoologen keine Zeit, seine
Verwunderung auszudrücken. »Schnell, habt ihr ein Handy dabei? Wir benötigen
dringend ärztliche Hilfe!«
    Tim und Karl schüttelten die
Köpfe.
    »Vergessen«, antwortete Karl
wahrheitsgemäß.
    »Komm, Tim, pack mal mit an!«
    Tim half, den Verletzten über
den Brunnenrand zu ziehen und vor der Hütte auf dem Boden abzulegen. Schnell
deckten sie den wimmernden Kerl mit ihren Jacken zu. Inzwischen war auch
Professor Corvinus dem Schacht entstiegen. »Lasst ihn uns schleunigst ins
nächste Krankenhaus schaffen«, sagte er mit Besorgnis in der Stimme.
    »Kennen Sie den Verletzten?«,
fragte Tim, während er dem am Boden Liegenden die Haare aus dem Gesicht strich.
»Ach nee... niedrige Stirn... grobe Züge.« Tim war sichtlich überrascht. »Das
ist doch...«
    »Erwin Schratt«, vollendete
Karl den Satz. »Mieser Hundefänger, passionierter Tierquäler — und geistig
unbewaffnet.«
    »Hirnvogels Handlanger.«
    »Ludwig Hirnvogel, der
berühmt-berüchtigte Antiquitätenhändler?«, fragte Professor Corvinus. »Er hat
keinen guten Ruf in der Branche.«
    Tim und Karl nickten. Für sie
waren Schratt und Hirnvogel keine Unbekannten. Beide waren ihnen in einem
früheren Fall schon mal in die Quere gekommen.
    »Sind wohl wieder auf freiem
Fuß«, stellte Tim naserümpfend fest.
    »Noch weiß ich nicht, was hier
gespielt wird«, murmelte Forschmann, während er sich über Schratt beugte und
nach seinem Puls fühlte. Weil kaum etwas zu spüren war, öffnete er die Kleidung
über der Brust und untersuchte die Herztätigkeit.
    Das Leben des Mannes, der am
Hinterkopf eine blutige Wunde trug, schien am seidenen Faden zu hängen.
    »Für euch muss es so aussehen,
als hätten wir uns eines Verbrechens strafbar gemacht.
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