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Das Auge der Fatima

Das Auge der Fatima

Titel: Das Auge der Fatima
Autoren: Franziska Wulf
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ihn und seine Familie gewarnt hast.«
    »Wo sind sie? Sind sie ...«
    Der Hüter lächelte. Es war ein freundliches Lächeln.
    »Sie haben deine Warnung beherzigt und Gazna rechtzeitig verlassen.«
    Mustafa schloss erleichtert die Augen.
    »Allah sei Dank.« Und dann fiel ihm etwas ein, etwas, an das er bisher noch gar nicht gedacht hatte. Was wurde nun aus ihm? Sollte er wieder in sein Dorf zurückkehren? Oder ...
    »Komm mit uns«, sagte der andere Mann. »Du kannst weder in dein Dorf zurückkehren noch zu den Fidawi gehen.«
    »Egal, wohin du fliehst, sie werden dich suchen und töten. Dein Name steht jetzt auch auf ihrer Todesliste, denn du hast sie verraten. Und es wird nicht lange dauern, bis sie es wissen.«
    »Aber ...«
    »Komm«, sagte der Hüter mit einem freundlichen Lächeln und streckte ihm seine Hand entgegen. »Wir werden überall verbreiten lassen, dass wir zwei Fidawi getötet haben. In ein paar Jahren wird niemand mehr glauben, dass du doch am Leben bist. Dann kannst du frei entscheiden, wohin du gehen willst.«
    »Außerdem brauchen wir gute Männer, die bereit sind, ihrem Gewissen zu folgen.«
    Mustafa sah von einem zum anderen. Irgendwie konnte er es noch nicht so recht glauben. Sollte er wirklich kurz nachdem er sich von den Fidawi losgesagt hatte die Seiten wechseln und zu den »Hütern des Auges« gehen? Und doch, die beiden Männer hatten ihm gerade ein neues Leben angeboten, eine zweite Chance.
    »Ja«, sagte er, und zum ersten Mal seit langer Zeit fühlte er sich frei. »Ich komme mit euch.«
    Die- beiden Männer gingen zur Tür. Doch Mustafa folgte ihnen nicht gleich. Er blieb stehen und sah noch einmal in den Himmel. Über ihm stand wieder das Auge, ruhig, klar und freundlich. Es schien zu lächeln und ihm zuzuzwinkern, und Mustafa wusste plötzlich, dass alles sich zum Guten wenden würde. Für den Arzt, seine Familie - und für ihn selbst. Er hatte sich richtig entschieden. Und auf diesem Weg würde er bleiben. Dann schoben sich die Wolken vor die Sterne. Das Auge war verschwunden.

Hewlett-Packard
    21.
    E s klingelte - laut, hemmungslos und aggressiv. Es war nicht das Klingeln der feinen silbernen Glöckchen, wie sie in den Läden der Händler in den vornehmen Straßen des Basars hingen. Es war auch nicht das Klingeln der Schellen von Gauklern oder das Läuten der Glocken, die Hirten ihren Tieren um den Hals banden, um sie im Gebirge nicht zu verlieren. Nein, dieses Klingeln war schrill und alarmierend. Wie die Alarmglocke in einem öffentlichen Gebäude - einem Krankenhaus zum Beispiel. Oder wie ...
    Wie eine Türglocke. Wie meine Türglocke!
    Mit einem Ruck setzte sich Beatrice auf. Aber das war doch ... Unmöglich! Sie war doch noch vor wenigen Augenblicken gemeinsam mit Michelle in Alis Haus gewesen. Und jetzt? Dies war eindeutig ihr Sofa. Dort drüben stand ihr Schrank. Das war ihr Tisch. Ihr Bild. Und ihre Türglocke!
    Sie blickte hinunter auf ihre linke Faust, die auf einem schmalen Kasten auf ihrem Schoß lag. Die Hand fühlte sich seltsam taub an. Die Finger waren so fest um einen Gegenstand gekrallt, dass sie ihre Rechte zu Hilfe nehmen musste, um sie wieder auseinander zu biegen. Und da lag er, mitten auf ihrer Handfläche in seiner ganzen Pracht und Schönheit - der Stein der Fatima. Sie war nicht überrascht. Und wenn sie gleich den Deckel öffnen würde, würden sie darin sein - die anderen Steine, die fehlenden Saphire. Alle, bis auf einen. Bis auf jenen Stein, den sie irgendwo in Qazwin verloren hatte - der Grund dafür, weshalb Ali nicht bei ihr sein konnte und sie jetzt hier allein war.
    Allein? Mein Gott, es läutet ja immer noch an der Tür.
    Beatrice sprang auf. Das Läuten wurde mittlerweile begleitet von einem Hämmern und Klopfen. Es klang geradezu verzweifelt. Und jetzt hörte sie auch eine Stimme. Es war die aufgeregte Stimme eines Mannes.
    »Bea! Beatrice! Bist du da drin? Öffne die Tür!« Erneutes Hämmern. Durch die geschlossene Tür konnte sie ein Piepsen hören wie von Handytasten, und dann erklang wieder die Stimme des Mannes. Etwas leiser, ja, aber nicht weniger ängstlich und verzweifelt. »Hier Dr. Thomas Breitenreiter. Ich brauche ein Team, das eine Wohnungstür öffnen kann, und einen NRW. Eine Person, weiblich, vermutlich liegt sie bewusstlos in ihrer Wohnung. Ja, ich bin in der ...«
    Beatrice öffnete die Tür. Thomas war leichenblass. Die Hand, die das Handy hielt, zitterte. Er starrte sie an, entgeistert und gleichzeitig erleichtert. Und
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