Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Dark Love

Dark Love

Titel: Dark Love
Autoren: Lia Habel
Vom Netzwerk:
nicht ungefährlich. Das war allerdings nichts im Vergleich zu dem, was die Untoten in den Punkterritorien erlitten. Wir hörten Gerüchte über die Scheiterhaufen, die im Süden noch immer brannten, über Lynchmobs und öffentliche Hinrichtungen.
    Alle hofften, dass sich die Dinge beruhigen würden, wenn die Lebenden erst einmal immun gegen den Lazarus waren oder zumindest daran glaubten.
    Doch bei mir meldeten sich erste Zweifel.

    Es war ein Wunder, dass unser Haus noch stand. Die Häuser zu beiden Seiten waren dem Erdboden gleichgemacht worden und bisher hatte niemand die ausgebrannten Kutschen auf den Straßen abtransportiert. Und doch war mein Haus in all dieser Zerstörung noch immer beinahe unversehrt. Nach unserer Ankunft war ich lachend durch die Gänge gerannt und hatte darüber gestaunt, dass alles noch beinahe in demselben Zustand war wie an dem Tag, als ich das Haus verlassen hatte – inklusive Alencar und Matilda. Sie hatten sich im Keller eingeschlossen und während der Abriegelung und der anschließenden Belagerung der Stadt von Gemüsekonserven und Papas Weinsammlung gelebt. Matilda schwor, sie würde nie wieder einen Tropfen Alkohol anrühren oder sich mit Männern treffen.
    Von ihnen erfuhren wir auch, dass Tante Gene vermisst wurde.
    Während mein Vater herauszufinden versuchte, was aus ihr geworden war, übernahm ich die Führung des Haushaltes. Wir quartierten alle ein. Medizinische und wissenschaftliche Ausrüstungsgegenstände stapelten sich im Wohnzimmer unter dem Sternenbaldachin, die Männer campierten auf Feldbetten im Studienzimmer meines Vaters. Chas und ihre Mutter hatten Tante Genes Zimmer bekommen und der überbordende Luxus dort erinnerte sie wohl an ihr einstiges Zuhause, denn sie hätten nicht glücklicher sein können.
    In dem Versuch, kein Risiko einzugehen, bis sich der Impfstoff als absolut zuverlässig erwiesen hatte, führten wir Protokoll D wieder ein und trennten die Besitztümer der Lebenden streng von denen der Toten. Es stellte sich heraus, dass Beryl eine Vorliebe für die Kalligraphie hatte, und sie verbrachte ihre Zeit damit, hübsche Schilder zu gestalten, auf denen die Hausregeln verkündet wurden. Tote bitte Plastik benutzen! Im Zweifelsfall einfach wegwerfen! Bitte benutzen Sie die Toilette entsprechend Ihrem Geschlecht und Ihrer Mortalität!
    Ich liebte diese Schilder, so albern sie auch waren. Für mich bedeuteten sie, dass ich wieder eine Familie hatte. Eine ziemlich große, merkwürdige, verdrehte, unglaubliche Familie.
    Ich wollte nicht länger alleine sein.

    Der neunundzwanzigste März war ein trüber, regnerischer Tag, doch das schreckte die Menschenmenge nicht ab, die sich versammelt hatte, um der Exekution von Captain James Wolfe beizuwohnen.
    Von unserem gesamten Kreis waren nur die Roes nicht gekommen. Am Morgen hatte ich mit Pamela telefoniert, und als Dr.   Evola sich auf den grünen Hängen des Dahlienparks zu uns gesellte, bestätigte er uns, dass sie zu Hause waren. Seit der Belagerung hatte er bei den Roes gelebt, den Zombies in der Nachbarschaft geholfen und lange Schichten auf den Krankenschiffen durchgestanden.
    »Sie haben gesagt, sie würden auf die Nachrichten im Fernsehen warten, die Sache aber lieber nicht mit ansehen müssen«, sagte Charles und stellte sich mit unter Sams Regenschirm. »Als ich gegangen bin, haben sie den Fall gerade noch einmal rekapituliert.«
    »Ich kann es ihnen nicht verdenken«, meinte ich und schlang die Arme um meinen Körper. Ich trug ein neues Kleid aus Satin mit dunkelrot-grünem Schottenmuster, und mir war sogar unter meinem Mantel und Brams Regenschirm nicht warm. Als Bram das sah, nahm er seinen Schal und legte ihn mir um den Hals. Er lächelte mir ermutigend zu und beugte sich vor, um mit seinem Kinn leicht über meine Stirn zu streifen. Ich mochte es, wenn er mich berührte, und es machte mich traurig, dass ich mich im Moment dadurch kein bisschen besser fühlte.
    In einiger Entfernung stand ein zusammenklappbarer Galgen aus Stahl. Normalerweise wurde er nur aufgebaut, wenn jemand gehängt wurde – die einzige akzeptierte Exekutionsform in den Territorien –, doch da Zombies nun mal nicht atmen mussten, hatte man heute zusätzlich drei Wände aus kugelsicherem Glas um den Galgen herum aufgebaut, damit sich der Exekutionsort auch für ein Erschießungskommando eignete. Zu allen Seiten waren Polizeibarrikaden errichtet worden, hinter denen Protestanten jeglicher Couleur aufmarschierten. Seit unserer
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher