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Dark Love

Dark Love

Titel: Dark Love
Autoren: Lia Habel
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nicht aus meinem Herzen. Sie war so greifbar, dass es mir schien, als erwecke ich damit genau das zum Leben, wovor ich mich so fürchtete. Es war die Furcht davor, dass der Aufstand zu noch mehr Groll gegen die Zombies führen würde. Mich quälte der Gedanke, die Lebenden könnten entscheiden, die Toten ein und für alle Mal vom Angesicht der Erde zu wischen, bis sich mein ganzer Körper schmerzhaft verkrampfte.
    Jetzt verstand ich, was Bram mir an Deck des Schiffes hatte sagen wollen. Für uns würde es niemals Normalität geben. Wir würden immer damit leben müssen. Es würde sich niemals etwas daran ändern.
    Es war noch nicht vorbei.
    Wir hatten uns den Aufstand in den Nachrichten angesehen. Lange hatte er nicht gedauert. Man hatte die Protestierenden in Rekordzeit getrennt und die Schuldigen festgenommen. Nur wenige waren gebissen worden. Die Zombies hatten keinen großen Angriff gestartet. Und trotzdem würden manche genau das behaupten.
    Ich fragte mich, wie es wohl beginnen würde. Mit einem Klopfen an der Tür? Oder mit einem Brief, in dem Bram aufgefordert wurde, sich zu melden und sich die für ihn bestimmte Kugel abzuholen? Ich schauderte.
    Langsam öffnete sich die Tür. Davor stand Matilda mit einer Kerze in der Hand. »Nora?«, fragte sie leise.
    Ich setzte mich auf. »Matilda?« Beryl regte sich. »Was ist los?«
    »Dein Vater will, dass du in die Küche hinunterkommst. Er will, dass alle Lebenden sich dort versammeln.« Sie klang verängstigt.
    Bei dieser Ankündigung stand Beryl auf und zog sich ihren Morgenrock über. Als sie sah, dass ich noch immer im Bett saß und mich nicht rührte, verstand sie, wie groß mein Entsetzen war. Ich war mir sicher, dass es nun so weit war.
    »Ist schon gut, Miss Dearly. Hier, ziehen Sie sich Ihren Morgenmantel über … braves Mädchen. Kommen Sie, lassen Sie uns sehen, was Ihr Vater von uns will.« Ihre Stimme klang gekünstelt fröhlich.
    Ich tat, was sie sagte, und schweigend gingen wir in die Küche hinunter. Dort fanden wir meinen Vater mit Salvez und Evola vor, die uns erwarteten. Mein Vater sah mich niedergeschlagen an, bevor er Elpinoy etwas zumurmelte, der gerade schlaftrunken in die Küche gewankt kam. Was auch immer mein Vater zu ihm gesagt hatte, es machte ihn mit einem Schlag hellwach.
    »Was ist los?«, fragte ich.
    »Nora …«
    » Was ist los? « Und ohne auf eine Antwort zu warten, flehte ich: »Bitte, bitte , sag mir nicht, dass sie die Zombies angreifen und für den Aufstand bestrafen. Denn wenn sie das tun, muss ich Bram sofort irgendwo in Sicherheit bringen. Heute Nacht noch! Ich kann ohne ihn nicht leben, ich kann nicht …«
    »Nein. Nein, es sind nicht die Zombies.« Mein Vater kam zu mir und schloss mich in die Arme. Er zitterte. »Es sind nicht die Zombies. Es sind die Lebenden.«
    »Was meinst du damit?«
    Mein Vater drückte mich noch fester an sich. »Es tut mir so leid, Nora. Es tut mir so leid.«
    Ich erstarrte. »Was meinst du damit? Was tut dir leid?«
    Evola übernahm das Wort. Er sah erschöpft aus. »Während des Aufstands wurden drei Menschen gebissen.« Er lehnte sich gegen die Spüle und nahm mit zitternder Hand sein Monokel vom Auge. »Zwei von ihnen sind als Zombies wieder auferstanden.«
    Mir wurde kalt. »Waren sie schon geimpft?«
    Mein Vater begann zu weinen. Er konnte keine Tränen vergießen, doch er weinte.
    »Wir wissen noch nicht sicher, ob es am Impfstoff liegt, Victor. Beruhige dich.« Salvez näherte sich und versuchte vorsichtig, meinen Vater von mir zu lösen. »Komm, setz dich hin.«
    »Das Prion könnte mutiert sein«, flüsterte Elpinoy. »Prionen können sich weiterentwickeln, auch wenn sie nicht leben. Das Prion arbeitet so schnell … vielleicht ist es auch in dieser Hinsicht schnell.«
    »Im Moment ist das alles noch reine Spekulation.«
    »Es will leben.« Elpinoy zupfte an seinem zu knappen Pyjamahemd und lachte leicht hysterisch. »Es ist nicht mal lebendig, aber es will leben . Es will überleben .«
    Ich schüttelte die Arme meines Vaters ab und starrte ihn entsetzt an. Er fiel gegen Salvez und ließ sich von ihm zu einem Stuhl führen. »Aber dann … sind wir nicht sicher. Die Lebenden. Und wenn niemand sich sicher fühlt, werden die Toten dafür büßen müssen!«
    »Es tut mir leid«, beteuerte mein Vater noch einmal. Er klang wie ein Zweijähriger, der über ein zerstörtes Spielzeugland blickte. Als habe er sich ein eigenes Königreich errichtet und wieder zerstört und könne jetzt nicht
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