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Dark Love

Dark Love

Titel: Dark Love
Autoren: Lia Habel
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ihn immer so nahe bei mir haben.
    »Manchmal gab es gewisse Momente«, flüsterte er mir zu. »Momente, in denen ich dachte: ›Hey, sie hat überhaupt keine Angst. Sie will es genauso sehr wie ich. Vielleicht könnte es ja funktionieren.‹ Und dann ist in meinem Kopf etwas wieder eingerastet und ich wusste, dass es einfach zu viele schreckliche Dinge gibt, die jedem von uns zustoßen könnten.«
    Ich küsste seine genähte Oberlippe. »Mir ging es genauso. Aber ich bin trotzdem noch der Meinung, dass das auch für alle anderen gilt. Und als ich dachte, ich hätte dich verloren … ich will nicht einmal mehr daran denken, wie sich das angefühlt hat.«
    »Trotzdem gibt es da noch viele Hindernisse«, beharrte er.
    »Über die will ich jetzt nicht reden.«
    »Das müssen wir aber. Wir müssen jeden Tag darüber reden. Ganz egal, was wir fühlen, das hier ist nicht normal.«
    Ich seufzte. »Okay. Da wäre zum Beispiel die Tatsache, dass ich ein wandelndes Mittagessen bin, stimmt’s?«
    Er lachte. »Oder die Kleinigkeit, dass ich eine wandelnde Leiche bin.«
    »Nein, das zählt nicht, das ist einfach zu unoriginell. Oh, ich weiß, ich weiß was. Wie wär’s mit der gesellschaftlichen Schande?«
    »Oder wie wär’s damit, dass wir niemals von … ›immer und ewig‹ sprechen können?«
    Ich berührte leicht seine Wange. »›Immer und ewig‹ will ich nicht. Ich will das ›Hier und Jetzt‹.«
    Er lächelte. »Du kommst nach deinem Vater.«
    »Verzeihung«, unterbrach genau der. Wir fuhren auseinander und ich faltete nach bester »unschuldiger Prinzessinnen«-Manier züchtig die Hände im Schoß. Bram stand auf und verbeugte sich, doch mein Vater winkte ab. »Ach, hör doch auf, Bram.«
    »Hey, das Bein sieht klasse aus«, bemerkte er.
    Ich stand auf, um auch einen Blick darauf zu erhaschen, und Dad hob sein Hosenbein etwas an, damit wir es sehen konnten.
    Die Maschinerie, die das kybernetische Bein steuerte, war halb hinter einer Messingeinfassung verborgen. Wirklich sehr hübsch. Samedi war ein Zauberer.
    »Was meinst du dazu?«, fragte Dad mich.
    Ich dachte eine Weile über meine Antwort nach, bevor ich mich dazu entschloss, die Wahrheit zu sagen. »Du bist ein Zombie-Cyborg, Dad.« Ich brach in Gekicher aus und musste mich setzen, da ich mich gar nicht wieder einkriegen konnte.
    Er zuckte die Schultern. »Ich bin schon Schlimmeres genannt worden.« Er setzte sich auf die Reling. Bram beugte sich vor und klopfte mir zwischen die Schulterblätter. »Also, Bram. Du bist ein guter Freund und ein aufrechter junger Mann, aber ich fürchte, die Tradition verlangt, dass ich jetzt erst mal versuche, dich zu Tode zu ängstigen.«
    »Verstanden«, sagte Bram und zog den Arm zurück, als ich mich wieder unter Kontrolle hatte. Mein Vater ist ein sanft aussehender Mann, weshalb ich sofort wieder in Gelächter ausbrach, als er versuchte, furchterregend zu wirken. »Wie steht es mit deinen Absichten bezüglich meiner Tochter?«
    Bram warf mir einen schnellen Blick zu und lachte ebenfalls, bevor er sich räusperte und sein Bestes tat, um verängstigt auszusehen. »Nun, ich will für sie sorgen und sie beschützen, bis ich zu Staub zerfallen bin, Sir.«
    Ich hüstelte und meldete mich zu Wort. »Natürlich sind wir uns gerade erst begegnet. Und wir haben zusammen getötet und gekämpft und gelacht und überlebt, was alles zugegebenermaßen wohl etwas beschleunigt hat, aber …« Ich ließ den Satz in der Luft hängen. Ich wusste nicht, was ich noch sagen sollte.
    Dad nickte. »Ich bin froh, dass du das alles einsiehst.« Er ließ den Blick über die Bäume schweifen. »Ihr beide seid intelligente junge Leute, also schätze ich, dass ihr euch all die farbenfrohen Möglichkeiten, wie diese Sache scheitern kann, schon selbst ausgemalt habt.«
    Wir nickten. Hatten wir.
    »Und seid ihr bereit hinzunehmen, dass sich daran niemals etwas ändern wird?«
    »Ja«, sagte ich.
    »Absolut«, stimmte Bram zu.
    Mein Vater betrachtete Bram, lachte in sich hinein und legte den Kopf in den Nacken. »Dann bleibt mir ohnehin nicht mehr viel zu sagen übrig. Wenn es eines gibt, das ich über meine Tochter weiß, dann, dass sie schon immer ihre eigenen Entscheidungen getroffen hat.« Er lächelte mich sanft an. »Ich vertraue dir.«
    Ich liebte den Klang dieser Worte. »Danke.«
    Dad setzte sich wieder gerade hin. »Und, wie soll es jetzt weitergehen?«
    Bram sah mich an. »Ich würde gerne mein Entlassungsgesuch einreichen, wenn es möglich ist.
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