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Dann mach ich eben Schluss

Dann mach ich eben Schluss

Titel: Dann mach ich eben Schluss
Autoren: Christine Fehér
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wirkte so zerbrechlich, war so gebrochen vom Schmerz, genau wie ich mich fühle, seit ich weiß, dass Max tot ist. Es muss so schrecklich für sie sein!
    Der Vater wirkte sehr gefasst und genau so, wie Max ihn immer beschrieben hat. Nur der beste und teuerste Kranz ist für seinen Sohn gut genug, die seidigste Schleife, die schönste Schrift darauf. Es war so lächerlich, ich konnte Max vor mir sehen, wie er wieder den Kopf geschüttelt und die Fäuste geballt hätte. Mein Chef, der die Bestellung entgegengenommen hat, blieb zum Glück ganz gelassen und notierte alles, sprach sein Beileid aus, erkundigte sich nach weiteren Wünschen. Ich habe mich im Hintergrund gehalten. In den seriösen Zeitungen habe ich heute die Traueranzeigen für Max gefunden. Eine von seiner Familie, eine von der Schule. Noch immer zucke ich zusammen, wenn ich seinen Namen lese, es ist so absurd, so unfassbar. Aber ich habe sie ausgeschnitten, um sie aufzuheben, aber dann habe ich sie plötzlich in tausend kleine Fetzen gerissen und in meinem Zimmer herumgeschleudert. Ich kann doch nicht Max in meinem Order mit den Todesanzeigen abheften, vielleicht noch mit Fotos von dem edlen Kranz dazu, den sein Vater mit der Kreditkarte bezahlt hat, wahrscheinlich aus der Portokasse seiner dämlichen Firma, ich habe nicht hingesehen, ob der Chef ihm eine Quittung ausgehändigt hat wie ich damals, an dem Nachmittag, als Max und ich uns kennengelernt haben. Das geht alles nicht, Max darf nicht tot sein, es war so viel Leben in ihm, trotz seiner Sehnsucht nach ewigem Frieden, die hatte er doch nur, weil … warum hat er das nur getan?
    Meinetwegen. Ich hätte ihn nicht fallen lassen dürfen. Nicht ausgerechnet dann, als er mich am dringendsten gebraucht hat. Ich könnte nur noch heulen.
    Die Zeitungen habe ich noch mal gekauft und abermals die Anzeigen ausgeschnitten. Über meiner Kommode hängen sie jetzt, neben ihnen Max’ Zeichnung von mir, die ich gerahmt und aufgehängt habe.
    30. Juni
    Die Tage ohne Max reihen sich endlos aneinander. Ich funktioniere nur noch, gehe meiner Arbeit nach, esse, schlafe, wenn ich kann. Manchmal kommt Paula vorbei. Er fehlt mir so unglaublich.
    2. Juli
    Morgen ist Max’ Beerdigung. Wir machen alles, der Chef, Adrian und ich. Bringen die Kränze und Gestecke zur Kapelle und bauen alles auf, zusammen mit den Bestattern. Der Chef hat mich gefragt, ob ich das überhaupt aushalte. Aber ich will es. Wenigstens das will ich für Max noch tun.
    2. Juli, abends
    Max’ Beerdigung war wunderschön. Die Kapelle war voller junger Menschen, er hätte sich sicher gewundert, wenn er gesehen hätte, wie beliebt er war und wie viele ihn noch dieses eine Mal begleiten wollten. Ich habe mich ganz im Hintergrund gehalten und meine Aufgaben erfüllt, dazwischen konnte ich alles beobachten. Seine Mutter war völlig fertig, aber ich habe auch seine Schwester Natalie gesehen, darüber bin ich sehr froh. Sie sieht genauso aus, wie ich sie mir vorgestellt habe. Der Pfarrer hat versucht, über Max’ liebenswerte Eigenschaften zu sprechen, Zuversicht und Hoffnung trotz aller Trauer zu vermitteln, sprach davon, dass Gottes Liebe den Tod überwunden habe und auch unsere Liebe zu Max stärker sei als der Schmerz um den Verlust. Ich halte mich fest an seinen Worten. Meine Liebe zeigen, das kann ich immer noch, selbst jetzt. Ich höre nicht auf damit. Wie ein Kind versuche ich zu glauben, dass er es sieht.
    Ganz am Ende des Trauerzuges bin ich gegangen und fühlte mich doch eins mit den anderen, die Max das letzte Geleit gegeben haben. Als alle weg waren und das Grab zugeschaufelt war, haben der Chef und ich die Kränze und Blumen darauf verteilt. Ich habe ihm gesagt, dass ich in den nächsten Tagen die Aufgabe übernehmen möchte, mich weiter um das Grab zu kümmern. Er hat nur genickt. So kann ich Max in den nächsten Wochen jeden Tag nahe sein, werde welke Blumen entfernen, harken, die noch frischen Blüten immer wieder so hinlegen, dass alles frisch und lebendig aussieht.
    Gleich morgen werde ich wieder hingehen. Das hat etwas Tröstliches. Ich muss ihn noch nicht gehen lassen.
    4. September
    Acht Wochen sind vergangen, seit Max gestorben ist. An manchen Tagen erscheint mir der Schmerz übermächtig, dann wieder überwiegt die Schönheit der Erinnerungen an unsere kurze gemeinsame Zeit. Die Dankbarkeit, dass ich ihn kennenlernen und lieben
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