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Dann mach ich eben Schluss

Dann mach ich eben Schluss

Titel: Dann mach ich eben Schluss
Autoren: Christine Fehér
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genommen. Jeder Schritt während der Arbeit kam mir vor, als würden meine Füße in flüssigem Teer kleben bleiben. Immer habe ich gehofft, Max würde kommen und verkünden, er habe mit Annika Schluss gemacht, damit wir zusammen sein können. Dann hoffte ich es wieder nicht. Es ist leer ohne ihn.
    4. Juni
    Ich habe Paula von ihm erzählt. Alles, von Anfang an bis zu unserer Trennung. Es hat gutgetan. Paula sagt, sie hätte genauso gehandelt wie ich, nach allem, was ich durchgemacht habe. »Was willst du mit so einem Jüngelchen?«, meinte sie. Das trifft es aber nicht, ein Jüngelchen ist Max ganz und gar nicht. Das macht es so schwer. An der Wand über meinem Bett hängt noch immer seine Zeichnung von mir – es steckt so viel Liebe darin. Ich weiß nicht, ob ich so etwas je wieder finden werde. Einen Typen, der mich so ansieht, wie Max mich angesehen hat. Trotzdem glaube ich noch immer, dass mein Entschluss richtig war. Ich will Max, aber ich will ihn ganz für mich, ihn nicht mit einem anderen Mädchen teilen. In meinem Leben habe ich schon zu viel durchgemacht, um mich mit Halbheiten zufriedenzugeben. Der frühe Unfalltod meines Vaters, mein Auszug von zu Hause mit 17, die Tischlerausbildung und das endlose Suchen nach einem Arbeitsplatz danach, das Fiasko mit Dario in Marokko, die lebensgefährliche Blutvergiftung. Ich habe immer auf eigenen Beinen gestanden und brauche niemanden, der mich bedient. Angewiesen bin ich auf niemanden. Aber gerade deshalb möchte ich nur eine Beziehung, in der ich mich voll und ganz auf den anderen einlassen kann und er auf mich. Max ist damit überfordert. Wenn ich nur aufhören könnte, immer an ihn zu denken.
    5. Juni
    Der Chef hat eine neue Aushilfe eingestellt. Adrian, den Sohn eines Kumpels von ihm. Er packt gut mit an, aber ich gehe ihm aus dem Weg, Adrian interessiert mich nicht. Wenn er da ist, vermisse ich Max noch mehr. Es ist eben nicht jeder Mensch ersetzbar. Nicht für mich.
    8. Juni
    Heute habe ich Max wiedergesehen und mit ihm geredet, zum ersten Mal seit unserer Trennung. Es waren höchstens zehn Minuten, aber noch immer bin ich aufgewühlt und kann kaum einen klaren Gedanken fassen. Ich weiß nicht mal, was er eigentlich wollte, wahrscheinlich das Gleiche wie ich die ganze Zeit. Mich einfach nur sehen, ohne Erwartungen daran zu knüpfen. Aber es ist blöd gelaufen, richtig blöd.
    Beim Blumengießen habe ich ihn plötzlich entdeckt. Er stand mit dem Auto am gegenüberliegenden Straßenrand und schien darauf zu warten, dass ich herauskomme. Zuerst habe ich mich erschrocken und mich gefragt, ob er da öfter steht und mich aus der Entfernung beobachtet wie ein Stalker. Aber das passt nicht zu Max. Jedenfalls habe ich sofort meine Gießkannen abgestellt und bin rübergegangen, habe mich auf den Beifahrersitz gesetzt. Plötzlich war alles so vertraut, auf diesem Platz habe ich ja so oft gesessen. Max hätte nur Gas geben und losfahren müssen, dann wären wir einfach abgehauen von allen Verpflichtungen und den Erwartungen anderer, es hätte nur noch uns beide gegeben, wie immer, wenn wir zusammen waren. Aber dann sah ich Max an und bemerkte, wie sehr er sich verändert hat, und das in der kurzen Zeit, seit wir nicht mehr zusammen sind. Max war blass und hat abgenommen, unter seinen Augen haben sich bläuliche Schatten gebildet, als ob er nachts nicht gut schläft. Seine Haare wirkten ungewaschen, aber das Unheimlichste war: Max trug einen Anzug. Mitten in der Woche, und ohne dass es etwas zu feiern gab. Ganz bestimmt hat das irgendeine Bedeutung, aber als ich ihn darauf ansprach, winkte er nur ab und meinte, er gefiele ihm einfach besser als immer derselbe einheitliche Jeanslook. Ich habe versucht, mich damit zu beruhigen, dass bei mir in der Schule auch manche von einem Tag auf den anderen mit den verrücktesten Klamotten ankamen. Meine Sitznachbarin in der 10. Klasse zum Beispiel kam von einem Tag auf den anderen nur noch in Kleidern aus den Zwanzigerjahren des vorigen Jahrhunderts, die sie auf Flohmärkten und über Internetauktionen aufgetrieben hat, sogar mit passenden Hüten dazu, total schräg, aber der Look stand ihr super. Insgeheim hoffte ich, dass das mit dem Anzug bei Max auch nur der Ausdruck einer Art Rebellion gegen das gängige Modediktat ist.
    Aber da war eben auch dieses beklemmende Gefühl in mir, das ich nicht abschütteln konnte. Der
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