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Dalamay (Mein Leben ging einen anderen Weg)

Dalamay (Mein Leben ging einen anderen Weg)

Titel: Dalamay (Mein Leben ging einen anderen Weg)
Autoren: Samarkand
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gegenüber unserer Köchin.
     
    Gespannt erwartete ich den nächsten Tag und obschon ich doch ein wenig neugierig war, schlief ich in dieser Nacht tief und fest. Der neue Tag brach heran und ich wurde gebadet, gebürstet und angekleidet. Meine Großeltern väterlicherseits trafen ein und ich wurde zu Ihnen in den Gartenpavillon geführt. Es war ein milder Tag Ende Juni 1859, kurz nach meinem neunzehnten Geburtstag, und ich sah wunderschön aus in meinem neuen schillernden Kleid mit meinem vollen glänzenden Haar, das mir zur Feier des Tages gar meine Mutter zu einer modernen Hochsteckfrisur gerichtet hatte. Ich trat zu meiner Großmutter, die noch kränklicher aussah als sonst und hauchte ihr einen schmetterlingshaften Kuss auf die Wange. Sie lächelte kaum merklich und schaute durch mich hindurch. Natürlich begrüßte ich auch meinen Großvater, der mich heute tatsächlich einmal wahrnahm, mich anstrahlte, von oben bis unten musterte, anerkennend nickte und nur meinte: „Mein liebes Kind, jetzt wird alles gut.“
    Ich hatte keine Ahnung, was er damit meinte, aber dennoch freute ich mich über seine Worte. Waren sie doch ein Zeichen dafür, dass mein Leben in diesem gläsernen Käfig mit all diesen unterkühlten und für mich fremden Menschen ein Ende hatte. Ich setzte mich zu meinen Großeltern an den sehr hübsch mit frischen Blumen geschmückten Tisch, nachdem ich mich versichert hatte, dass auch sie mit erfrischenden Getränken versorgt waren. Ein Bediensteter unseres Hauses trat zu mir und fragte nach meinen Wünschen, was sehr selten in meinem bisherigen Leben der Fall gewesen war. Und so nahm ich mir die Freiheit, mir ebenfalls ein Glas mit eisgekühltem französischem Champagner reichen zu lassen. Heute war schließlich ein großer Tag für mich. Heute war der Tag, an dem sich mein Leben ändern würde!
     
    Wer weiß, was ich getan hätte, wenn ich gewusst hätte, was auf mich zukommen würde. Wahrscheinlich gar nichts. Ich hatte ja keine Ahnung. Ich kannte es doch nicht anders. Nachdem ich meinen Großeltern zugeprostet hatte und mein Großvater noch einmal betonte, was für ein Glückstag heute sei und dass nun endlich wieder alles gut werden würde, schwiegen wir. Wir hatten uns noch nie etwas zu sagen gehabt. Für mich waren es fremde Menschen, die einfach zur Familie gehörten. Ich kannte es nicht anders. Kurze Zeit später stießen meine Eltern zu unserem kleinen Kreis und nahmen ebenfalls jeder ein Glas des prickelnden Champagners entgegen. Meine Mutter sah atemberaubend aus in ihrem elfenbeinfarbenen Kleid. Es ließ sie mit ihrer hellen Haut wirklich wie eine Elfe aus einer anderen Welt erscheinen. Wenn sie nur einmal gelächelt hätte, wenn ihre Augen nur einmal einen warmen Ausdruck angenommen hätten, wenn sie mir doch, als sie mir mein Haar richtete, nur einmal das Wort von Mutter zu Tochter gegönnt und wenn sie mir nur ein wenig davon erzählt hätte, was mich in einer Ehe erwartet. Jedenfalls wie es am Anfang ist. Wie es in einer Ehe später aussah, meinte ich ja zu wissen. Die Eheleute sprachen nicht mehr viel miteinander, die Frau hatte irgendwann ihre Ruhe vor ihrem Ehegatten und der Ehegatte suchte sein Vergnügen unter anderen Röcken. Ich hoffte sehr, dass Jacques sich dieses fragwürdige Vergnügen nie mit Gewalt holen würde.
     
    Kurze Zeit später trafen meine zukünftigen Schwiegereltern, Madame und Monsieur Daphne und Francois Kastell-Paol mit ihrem Sohn Jacques ein. Jacques war ein so unglaublich gutaussehender Mann, aber er sah mich nicht ein einziges Mal wirklich an. Nur hin und wieder spürte ich einen bitteren Blick aus seinen Ausgenwinkeln auf mir ruhen. Jacques war einen Kopf größer als ich, mit schlanken Hüften und breiten Schultern. Sein fast rabenschwarzes Haar glänzte in der Sonne. Aber er gönnte nicht nur mir keinen Blick, ebenso wenig fanden meine Großeltern und meine Eltern seine Beachtung. Es schien sich niemand daran zu stören. Von seinen Eltern wurde ich kurz begutachtet und für annehmbar befunden. Und das war es. Ich war enttäuscht, aber vor allen Dingen war ich sehr verstört. Nachdem noch eine weitere Flasche guten Champagners geleert worden war, begaben wir uns in das erlesene Esszimmer, das von unseren Dienstboten festlich hergerichtet worden war mit bestem Silberbesteck und feinstem Porzellan. Es waren alles Aussteuerstücke meiner Mutter, die sie mit in die Ehe mit meinem Vater gebracht hatte. Ganz ruhig saß ich auf dem mir zugewiesenen Platz
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