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Daemonenblut

Daemonenblut

Titel: Daemonenblut
Autoren: Brigitte Melzer
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noch nicht glauben. Der bloße Gedanke war schon gruselig genug– ganz zu schweigen davon, dass Dad vermutlich ausrasten würde, wenn er davon erfuhr. Nun gut, wenn tatsächlich etwas an Madames Behauptung dran sein sollte, musste er es ja nicht erfahren. » Aber warum dann die Schauspielerei? Ich meine, Sie könnten ja einen Geist rufen und dann einfach die Antwort ein wenig… äh… zurechtbiegen, wenn die Wahrheit die Leute unglücklich machen würde. «
    Sie zuckte die Schultern. » Wozu die Ruhe der Toten stören, wenn sich die Menschen mit so viel weniger zufriedengeben? «
    Ich wusste nicht, was ich sagen sollte. Mein Verhältnis zum Übersinnlichen war bisher rein pragmatischer Natur gewesen: Ich konnte akzeptieren, dass ich in einem Hexenladen arbeitete und dass es Menschen gab, die an die Dinge glaubten, die bei uns angeboten wurden. Aber das hieß nicht, dass ich das auch tun musste. Ich wusste nicht einmal, ob ich es konnte. Dafür hatte ich mich bisher zu wenig mit dem Thema auseinandergesetzt.
    » Was weißt du über die Toten? « , fragte Madame, bevor ich versuchen konnte, ihre Gedanken in eine andere Richtung zu lenken.
    Ich runzelte die Stirn. » Sie haben keinen Puls und werden zwei Meter unter der Erde aufbewahrt. «
    » Was ist mit der Seele? « , hakte sie nach. » Der Essenz des Menschen, seinem Geist? «
    Ich zuckte die Schultern. » Was soll damit sein? «
    » Glaubst du daran? «
    » Keine Ahnung. « Ich warf einen Hilfe suchenden Blick zu Drizzle, doch der grinste nur und murmelte nur irgendwas von wegen Budenzauber. » Ich schätze, darüber habe ich noch nie nachgedacht. «
    » Und wenn du spontan antworten müsstest? «
    Während der vergangenen Tage und Wochen hatte ich mich oft mit Madame unterhalten. Die meiste Zeit hatte sie mir Dinge erklärt– mir zum Beispiel gezeigt, mit welchen Tricks sie ihre Séancen abhielt, und mich immer wieder selbst das Medium spielen lassen, während sie meine Kundin gemimt hatte. Doch so ausgiebig wir uns auch mit den Séancen beschäftigt hatten, so wenig hatten wir über das Übernatürliche an sich geredet. Jetzt kam es mir fast so vor, als hätte sie mich erst langsam an das Thema heranführen wollen, bevor sie den Holzhammer auspackte.
    » Ich weiß es wirklich nicht. «
    Sie nickte. » Lass uns das Ritual durchführen. Es ist vollkommen harmlos. « Die Armreifen an ihren Handgelenken klirrten zustimmend. » Es wird nicht das Geringste passieren. «
    » Warum müssen wir es dann überhaupt machen? «
    » Weil es dir das Leben und deine Arbeit hier erleichtern wird. « Ein Lächeln streifte über ihre Züge und ließ ihre Augen aufblitzen. » Ich habe von Anfang an gespürt, dass du etwas Besonderes bist. Du strahlst von innen heraus, Riley. In dir ist Magie. «
    Die meisten hätten es vermutlich bedrohlich gefunden, das zu hören– oder wären vor Freude vollkommen aus dem Häuschen gewesen. Mich beruhigten ihre Worte, denn in meinen Ohren waren sie nichts weiter als das übliche Hellseher-Blabla, mit dem sie auch ihre Kundschaft einwickelte. Fast hätte ich gelacht, als mir klar wurde, dass sie wahrscheinlich wirklich nur etwas ausprobieren, mich aber nicht einweihen wollte, damit ich unvoreingenommen an die Sache heranging. Für Unvoreingenommenheit war es jetzt zu spät. Aber das musste Madame ja nicht erfahren.
    Kaum hatte sie meine stumme Zustimmung erkannt, wurde sie geschäftig. Ich erwartete, dass sie die Stoffbahnen vor die Fenster ziehen würde, um eine geheimnisvolle Atmosphäre zu schaffen. Stattdessen ging sie zu einem Standregal, das eine Ecke des Raumes einnahm, griff nach einer dicken blauen Kerze und einem Glasgefäß und kehrte damit zurück. Die Kerze verursachte einen dumpfen Laut, als Madame sie auf den Tisch stellte. Aus einer verborgenen Tasche in ihrem Rock fischte sie ein Feuerzeug und entzündete den Docht. Sofort stieg das intensive Aroma von Lavendel in die Luft.
    » Zieh deinen Stuhl hier herüber « , wies sie mich an. » Stell ihn so, dass wir uns gegenübersitzen können, ohne den Tisch zwischen uns zu haben. «
    Obwohl ich mich ein bisschen unbehaglich fühlte, folgte ich ihrer Aufforderung. Ich wusste, dass sie nichts tun würde, das mir schaden konnte, und mir würde sicher kein Zacken aus der Krone brechen, wenn ich ihr den Gefallen tat und mitspielte. Abgesehen davon war ich auch neugierig geworden. Ich war zwar schon häufiger Zeuge ihrer Séancen geworden, aber noch nie bei einem Ritual dabei gewesen. Und
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