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Daemonenblut

Daemonenblut

Titel: Daemonenblut
Autoren: Brigitte Melzer
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zum Fenster, um zu sehen, ob er sicher gelandet war oder womöglich mit gebrochenen Knochen auf dem Asphalt lag. Zum Glück war ihm nichts passiert. Pfeifend ging er in Richtung Oxford Street davon, wobei er immer wieder in die riesigen Pfützen sprang, die noch von den Hitzegewittern der letzten Nacht übrig waren.
    Als Madame mit ihrem Kaffee zurückkam, stand ich immer noch am Fenster. » Da draußen wartet dein Schicksal auf dich « , sagte sie, und mit einem Lächeln fügte sie hinzu: » Aber erst nach Feierabend. Also zurück an die Arbeit. «
    Ich kehrte in den Laden zurück, wo statt meines Schicksals nur Pepper und Jonah auf mich warteten. Und zusätzliche Arbeit, denn Jonah machte mir sofort klar, dass ich heute an der Reihe war, das Mittagessen zu besorgen. Ich nahm ihre Bestellungen auf und machte mich auf den Weg, noch immer rätselnd, womit der Kobold nichts zu tun haben wollte.

3
    Nick Wolfe trommelte ungeduldig mit den Fingern auf dem Lenkrad seines Aston Martin. Seit zwanzig Minuten kroch er nun schon die Gower Street entlang, hangelte sich in einer Autoschlange von Ampel zu Ampel und trat das Gaspedal seines Sportwagens durch, wann immer sich ihm ein paar Meter boten, auf denen ihn niemand behinderte. Vor allem nicht die verdammten roten Doppeldeckerbusse, die alle naselang eine Haltestelle ansteuerten! Wahrscheinlich wäre er mit der U-Bahn längst am Ziel, aber Nick hasste öffentliche Verkehrsmittel. Ganz besonders, seit er endlich seinen Führerschein hatte und im Besitz des silbergrauen Geschosses war, in dessen Ledersitzen er nun schon seit einiger Zeit unruhig hin und her rutschte.
    Der Eventmanager seines Vaters erwartete ihn in einem Theater in der Nähe der Fleet Street, um mit ihm die Abläufe des jährlichen Wohltätigkeitsballs von Wolfe Enterprises durchzusprechen, der morgen Abend stattfinden würde. » Damit du mich nicht blamierst « , hatte sein Vater gesagt, als er ihm den Termin gestern aufs Auge gedrückt hatte.
    Als ob ich je etwas getan hätte, um dich zu blamieren.
    Nick tat alles, um es seinem Vater, dem großen Baulöwen und Firmeneigner, recht zu machen. Eines Tages würde er in die Fußstapfen von Mitchell Wolfe treten und eines der größten und einflussreichsten Unternehmen der Stadt führen. Eine Zukunft, auf die er vorbereitet wurde, seit er denken konnte.
    Immerhin war es ihm gelungen, seinen Vater zu überzeugen, ihm zumindest die ersten Ferienwochen freizugeben. Für gewöhnlich säße er jetzt in der Firma, würde seinen Vater oder einen seiner Angestellten zu Terminen begleiten, ihnen assistieren, beobachten und lernen. Doch auch wenn er freihatte, entband ihn das nicht von allen Verpflichtungen. Auf Nicks Anwesenheit beim jährlichen Wohltätigkeitsball und ein paar anderen Veranstaltungen hatte sein Vater bestanden.
    Nick hatte sich darauf eingelassen. Ein paar Events waren zu verkraften und allemal besser als komplett verplante Tage und Abende. Wenn er eines gerade nicht brauchen konnte, dann einen vollgepackten Terminkalender. Er hatte eigene Pläne. Und dafür brauchte er Zeit.
    Zwanzig Minuten, und er hatte es gerade mal vom Euston Square bis in die Nähe des British Museum geschafft! Dabei wusste er nicht einmal, warum er sich so aufregte. Dann kam er eben zu spät. Und wenn schon– sein Vater würde nicht einmal anwesend sein. Vermutlich würde dieser Eventheini ihm brühwarm verklickern, dass er unpünktlich gewesen war, aber das machte sowieso keinen Unterschied. Wenn es nicht die Uhrzeit war, fand sein Vater sicher einen anderen Grund, ihn zu kritisieren. » Ich kritisiere dich nicht « , würde er dann behaupten. » Ich gebe dir nur Feedback. Du sollst schließlich einmal der Beste werden, und ich helfe dir, deinen Weg zu finden! «
    Nick vermutete, dass sein Vater lediglich den Leuten auf dem Golfplatz und im Club erzählen wollte, dass er– Mitchell Wolfe– ihn gemacht hatte. Dass Nick ohne die Ausbildung und Erziehung, die ihm sein Vater ermöglicht hatte, ein Nichts wäre. Und er würde danebenstehen, höflich nicken und sich für die Unterstützung seines Vaters bedanken.
    In der letzten Zeit häuften sich die Phasen, in denen er Wut in sich aufsteigen spürte, sobald er seinen Vater nur sah. Dabei bekam er ihn ohnehin kaum zu Gesicht. Sie wohnten zwar im selben Haus, aber wenn man ehrlich war, lebte sein Vater in Wahrheit in der Firma. Er kam spät nach Hause, manchmal auch gar nicht. Nick wusste nicht, wo er dann steckte, und genau genommen
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