Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Daemmerung ueber der See

Daemmerung ueber der See

Titel: Daemmerung ueber der See
Autoren: Alexander Kent
Vom Netzwerk:
gekämpft hatten.
    Aber alles, was jetzt zählte, war, daß er nach Hause kam. Zuerst nach Falmouth. Sie zitterte, als ob es Winter wäre. Alles andere konnte warten, bis er hier war, in ihren Armen.
    Unzählige Male hatte sie seinen kurzen Brief gelesen. Dabei hatte sie versucht herauszufinden, warum man von ihm verlangte, daß er sein Kommando einem anderen Admiral übergab. Auch Valentine Keen war abgelöst worden und stand wahrscheinlich zur Beförderung an. Sie dachte an Keens junge Frau und fühlte einen Anflug von Neid, denn Zenoria war schwanger und mußte bald niederkommen, vielleicht war das Kind schon geboren. Keens wohlmeinende Familie hatte Zenoria in einem ihrer schönen Häuser in Hampshire untergebracht. Sie war das einzige Mädchen gewesen, mit dem es Catherine leichtgefallen war, zu sprechen. Liebe, Leiden, Tapferkeit – sie hatten beide diese Gefühle in der Vergangenheit bis zur Neige ausgekostet.
    Nachdem sie Richards Briefe bekommen hatte, war ein unerwarteter Besucher aufgekreuzt. Stephen Jenour, sein ehemaliger Flaggleutnant, war frischgebackener Kommandant auf der schmucken Brigg
Orcadia
. Er kam sie besuchen, während sein Schiff auf der Reede von Carrick Ausrüstung übernahm. Es war ein verwandelter Jenour, was nicht nur auf die Strapazen in dem offenen Boot nach dem Schiffbruch der
Golden Plover
zurückzuführen war. Sein eigenes Kommando, das er auf Bolithos Drängen hin nach seiner Rückkehr nach England auf ihrer eroberten französischen Prise bekommen hatte, trennte ihn von seinem Vorgesetzten, den er mehr respektiert, ja sogar geliebt hatte, als jeden anderen, dem er während seines kurzen Lebens begegnet war.
    Sie hatten sich unterhalten, bis die Schatten schwarz im Raume lagen und die Kerzen blakten. Er hatte ihr in seinen eigenen Worten von der Schlacht berichtet, so wie es Bolitho gewünscht hatte. Aber als er sprach, hörte sie immer nur Richard und die Männer, die gekämpft und gestorben waren, die Hurrarufe und das Stöhnen, Sieg und Verzweiflung.
    Was würde Richard auf seiner Heimreise denken? Von den wenigen Glücklichen, die ihm nahestanden, seiner Bruderschaft? Jetzt, nach Jenours Ausscheiden, waren es noch weniger.
    Nach einem Schenkeldruck ihrer Herrin setzte sich Tamara wieder in Bewegung. Ihre Ohren spielten in Richtung See, wo die Wogen unablässig gegen die Felsen brandeten. Sie hatten auflaufendes Wasser. Catherine lächelte. Sicher hatte sie Richard und seinen Freunden zu lange zugehört, ebenso den Fischern, die ihren Fang nach Flushing oder direkt nach Falmouth brachten.
    Die See war immer da – und wartete.
    Angestrengt blickte sie hinaus, aber der Dunst war noch zu dicht und das Licht noch zu schwach, als daß man das Kap hätte sehen können.
    Sie dachte über ihren Ritt nach. Das Landleben begann sich zu regen. Die Luft roch nach frischgebackenem Brot, nach den Fingerhüten und den wilden Heckenrosen. Sie hatte nur wenige Menschen gesehen, aber ihre Gegenwart gefühlt. Diesem Menschenschlag hier entging wenig. Die Familien kannten die Bolithos seit Generationen, ebenso die Männer, die Jahr für Jahr fortgegangen waren, um in vergessenen Scharmützeln oder großen Seeschlachten zu sterben. So wie die Porträts an den Wänden des alten Hauses, die auf sie herabblickten, wenn sie alleine nach oben ins Schlafzimmer ging. Noch immer schienen sie sie abschätzend zu mustern.
    Zumindest würde Richard die Tage auf See mit seinem geliebten Neffen Adam teilen können. Er hatte seinen Brief damit beendet, daß er als Passagier auf Adams Schiff mitsegeln würde. Sie erlaubte sich, nochmals an Zenoria zu denken und dann an Zenoria und Adam.
    War es pure Einbildung oder dieser warnende Instinkt, der sich bei ihr aus den Erfahrungen ihrer jungen Jahre entwickelt hatte? Sie riß das Pferd herum, ihre Hand packte die leichte Reiterpistole, die sie immer mit sich führte. Sie hatte die Männer weder gesehen noch gehört. Erleichterung durchflutete sie, als sie das schwache Glitzern der Uniformknöpfe erkannte. Es waren Männer der Küstenwache.
    Einer rief aus: »Oh, Lady Somervell! Sie haben uns aber auf Trab gehalten! Toby hier dachte, daß ein paar Ehrenmänner Konterbande vom Strand heraufschaffen!«
    Catherine versuchte zu lächeln. »Es tut mir leid, Tom, ich hätte es besser wissen müssen.«
    Das Licht wurde stärker, so als ob es ihre Hoffnungen zerstören und ihre Dummheit bloßlegen wollte.
    Tom von der Küstenwache betrachtete sie nachdenklich. Sie war die
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher