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Da hilft nur noch beten

Titel: Da hilft nur noch beten
Autoren: Horst Bosetzky , -ky
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Mohnfeld von dem Nachbarhause geschieden… Einsamkeit auch hier. Aber wenn sie am Tage vorher, an den Ufern des Zeuthner-Sees, wie ein wendisches Volkslied elegisch geklungen hatte, so klang sie hier wie ein Idyll aus alten Zeiten und schuf dem Herzen ein süßes Glück, wo jene nur ein süßes Weh geschaffen hatte. Ich wurde…»
    Weiter kam er nicht, denn inzwischen hatten sie ihr erstes Ziel erreicht: den kleinen Friedhof von Dolgenbrodt, etwas außerhalb des Dorfes gelegen, von Siegfried ausgeguckt. Hier wollten sie die beiden westlichen Autos bis zum Abend parken.
    Der graue Lada war verschwunden.
    Großes Hallo, als sich die beiden Teams nun wiedertrafen.
    «Kollektive!» korrigierte Peter. «Wir befinden uns hier auf dem Boden der Deutschen Demokratischen Republik und haben uns Sprache und Sitten unseres Gastlandes bitte anzupassen.»
    So zogen sie los, lange fünfundzwanzig Kilometer vor den Füßen; und es wurde immer heißer, immer schwüler.
    Zuerst ging es westwärts durch die Gussower Heide, viel Sand, viel Kiefern; den Dolgensee, bei Sturm von allen Paddlern als tendenzielles Seemannsgrab gefürchtet, rechts des öfteren im Blick, dann schnurgerade nach Norden, die schmale Dahme hinauf. Horst hatte schon Hunger und aß seine Banane.
    «Latsch, latsch, die Heide blüht», sagte Stefanie, und Peter begann über sein Wackelknie zu klagen, Horst über seinen Ischiasnerv.
    Kleine Pause, als sie die ersten der rot-weiß gestrichenen Betonpfähle erreichten, ein militärisches Sperrgebiet, wieder mal eines, und obwohl in Siegfrieds Karten mit keinem Strich eingezeichnet, hatten sie es schon erwartet, denn längst wußten sie, daß immer eins kam, wenn LSG, Landschaftsschutzgebiet, zu lesen stand.
    «Ist doch logisch», sagte Corzelius. «Denn die Armeen der sozialistischen Bruderländer, die hier üben, schützen doch nichts weiter als den Frieden – und damit doch auch die Landschaft.»
    Solche abgesperrten Areale sorgten oft dafür, daß aus den zwanzig Kilometern, die Siegfried zu Hause ausgerechnet hatte, leicht fünfundzwanzig, dreißig wurden, schön für Dieter, den Himalaja-Experten, weniger für Stefanie, Peter, Mannhardt, Horst, Corzelius, die als etwas fußkrank galten.
    «Gibt’s nicht irgendwo was abzukürzen?» fragte Horst.
    «Nein.» Siegfried blieb hart. «Über Bindow durchs Schiedeholz nach Senzig am Krüpelsee, dann ostwärts durch die Blossiner Heide zum Wolziger See, baden und unser umgetauschtes Geld ausgeben, dann am Langen See nach Dolgenbrodt zurück, mit der Fähre über die Dahme und wieder ins Auto hinein…»
    Aufstöhnen auf der einen, Freude auf der anderen Seite.
    Auch Corzelius hatte seine Banane gegessen und stülpte nun die gelbe Schale mit dem blauen Chiquita-Aufkleber über den sozialistischen Sperrgebietspfahl.
    «Achtet mir die Banane!» rief er mit schönstem Pfälzer-Pathos. «Geheiligt werde ihr Name, denn ihr Reich ist schon gekommen – bei uns in unserem Lande. Und als unser aussagekräftigstes staatliches Symbol soll sie nun endlich auch ihren Ehrenplatz in der Mitte unserer schwarzrotgoldenen Fahne bekommen. BRD übersetzen wir von heute an mit: Bananenrepublik Deutschland!»
    Bis auf Horst, der das als Beamter nicht wagte, klatschten alle und fanden es gut, daß nun beide deutsche Staaten was in der Fahne hatten.
    «Kein großes Picknick!» rief Siegfried, mit der großen Karte des Berliner Wald- und Seengebietes ganz Feldherr und Führer, musterte dabei mit kritischem Blick die aufziehenden Wolken. «Ein bißchen schneller, Genossen, ehe ‘s ‘n Gewitter gibt!»
    Die Rucksackkarawane zog weiter, Kilometer um Kilometer drückten ihre Wanderschuhe ihr Raster in den hellen märkischen Sand, weiteten sich die Schweißflecken auf Hemden und Shirts, half oft nur noch das Doping des lockeren Plauderns.
    Stefanie, als sie neben Mannhardt und Corzelius herging, fragte, ob sie sich denn nicht vor Grobis Hintermännern fürchteten, davor, daß die noch anderes in Szene setzen könnten, sie von weiteren Recherchen abzuhalten.
    «Von denen wußte doch keiner, daß ich an Grobi dran war», erwiderte Mannhardt. «Und das mit Carsten im Krematorium, das war ja wirklich nur ‘n Zufall.»
    «Nicht ‘n Warnschuß?»
    «Wie denn?» fragte Corzelius. «Hat doch keiner ahnen können, daß ich gerade in dem Augenblick da unten bin, wo die Sargträger von Grieneisen reinkommen.»
    Stefanie, aus der Morgenzeitung, ihrem heißgeliebten Tagesspiegel, bestens informiert, dachte
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