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Cyrion

Cyrion

Titel: Cyrion
Autoren: Tanith Lee
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ein rothaariger Herr sie zu sprechen wünschte, in größte Verwirrung gestürzt.
    Ihre Verwirrung steigerte sich noch, als sie beim Betreten des Empfangsraums feststellen mußte, daß der Besucher nicht der war, den sie erwartet hatte.
    Cyrion verneigte sich höflich.
    »Vergebt mir«, sagte er. »Zu meiner Schande muß ich gestehen, daß ich mir die Gelegenheit, mit Euch zu sprechen, unter der Vorspiegelung falscher Tatsachen erschlichen habe.«
    Roilants Auserwählte gewann ihre Haltung zurück. Ihr nicht schönes, aber angenehmes Gesicht glättete sich. Sie sagte:
    »Eigentlich hätte ich wissen müssen, daß es nicht Roilant war. Sein Brief kündigte an, daß er gegen Mittag hier eintreffen werde. Daß er sich ein wenig verspätete, wäre möglich, aber zu dieser unschicklich frühen Stunde würde er nie bei mir vorsprechen. Auch meine Zofe neigt gewöhnlich nicht zu rätselhaften Scherzen. Biß sie mit den Augen rollte und etwas von einem rothaarigen Besucher quiekte, erschien mir einigermaßen ungewöhnlich, um nicht zu sagen unästhetisch.«
    Cyrion lächelte.
    »Ihr seid sehr liebenswürdig, trotz Eurer Enttäuschung. Denn ich weiß, wie groß Eure Enttäuschung sein muß, daß ich nicht Roilant bin.« Cyrion machte eine bedeutungsschwere Pause. »Ihr wißt natürlich, daß er beabsichtigt, um Eure Hand anzuhalten.«
    »Ich -«. Die Dame errötete. »Sein Brief schien mir so etwas anzudeuten. Seine Verlobung mit dem Fräulein Eliset -«
    »- scheint sich als wenig wünschenswert erwiesen zu haben. Ihr werdet mich doch nicht für voreilig halten, wenn ich Euch meinen Glückwunsch entbiete?«
    »Ganz - und gar nicht.« Auf dem Gesicht der Dame erschien ein Zug von Entschlossenheit. »Ganz besonders dann nicht, wenn Ihr mir erklärt, wer Ihr seid und weshalb Ihr mit nur sprechen wollt.«
    »Dazu kommen wir noch«, erwiderte Cyrion. »Aber geduldet Euch noch ein wenig.«
    »Weshalb, bitte sehr?«
    »Weil das, was ich zu sagen habe, Euch vielleicht von Nutzen ist.«
    Roilants Auserwählte verschränkte die Hände und setzte sich. Nichts verriet ihre Unruhe, nur ihre Finger waren ein wenig zu fest ineinander verschlungen, als fürchtete sie, daß etwas zwischen ihnen hinausschlüpfen könnte. Oder hinein.
    »Nun?«
    »Nun«, sagte Cyrion. »Roilant wird Euch nicht damit beunruhigt haben, aber bevor er seinen - darf ich es sagen? - festen Entschluß aufgab, Euch um Eure Hand zu bitten und statt dessen Anstalten machte, seine ihm seit langen Jahren versprochene Cousine Eliset zu heiraten, geschahen einige merkwürdige Dinge. Es hatte den Anschein, daß die Fürstin Eliset ihn heimsuchte, um ihn an sein Versprechen zu erinnern. Diese Heimsuchung äußerte sich in Amuletten, die durch die Luft flogen, und getrockneten Blüten, die auf sein Kissen fielen.«
    »Vielleicht«, warf Roilants Auserwählte ein, »waren diese Vorfälle die Folge eines schlechten Gewissens, weil er sie verlassen hatte. Und deshalb quälen sie ihn vielleicht immer noch, oder nicht?«
    »Die Vorfälle waren eine Folge von Zauberkraft«, entgegnete Cyrion. »Bewirkt von einer sehr fähigen Hexe, die imstande war, Trugbilder zu erschaffen und toten Gegenständen Leben einzuhauchen. Ich will gerne zugeben, daß solche Macht mich beeindruckt.«
    »Ja«, meinte Roilants Auserwählte, »wenn Ihr an so etwas glaubt, soll es Euch wohl beeindrucken. Andererseits, wenn man die Existenz von Magie anerkennt, können die Andenken, die Eliset ihm schickte, sehr wohl ihr eigenes Leben entwickelt haben, um ihn zu strafen.«
    »Dann wußtet Ihr, daß das Amulett und die Blumen Andenken waren, die sie ihm geschickt hatte?«
    Roilants Auserwählte holte tief Atem. Wieder stieg ihr eine feine Röte ins Gesicht.
    »Er erzählte mir, im Vertrauen, einiges von dem, was zwischen ihnen vorgegangen war. Und daß er diese Dinge erhalten hatte.«
    »Das Amulett also und die Blumen. Aber ein Paar billiger Handschuhe scheint nicht erwähnt worden zu sein. Sonst hättet Ihr sie nicht ausgelassen.«
    »Handschuhe? Nein, er sagte nichts von Handschuhen. Aber was geht mich das an? Oder Euch?«
    »Verratet mir«, sagte Cyrion, »wollt Ihr wirklich Euch und ihn zu einer unglücklichen Ehe verdammen, nur weil Euer Vater sich das in den Kopf gesetzt hat und Eure Zaubereien erfolglos blieben?«
    Roilants Auserwählte sprang auf. War sie bei seinem Eintreffen verwirrt gewesen, so war sie jetzt außer sich. Ihre Wangen glühten purpurrot, ihre verkrampften Hände waren weiß.
    »Was
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