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Cyrion

Cyrion

Titel: Cyrion
Autoren: Tanith Lee
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sich ein wenig zu nahe beim Badehaus. Onkel Mevarys Geist war eindeutig auf der Suche nach jemandem. Ich hatte mich gefragt, nach wem.«
    Roilant erschauerte. »Ich will Euch den Geist glauben«, meinte er. »Ich habe sie in dem Wasserbecken liegen gesehen.«
    »Gerechtigkeit«, bemerkte Cyrion unbeeindruckt. »Immerhin hat sie ihn umgebracht, das solltet Ihr nicht vergessen. Ich glaube, daß ihr Wunsch, den Sohn zu töten, den Vater beflügelte. Ihr Erfolg in der Sache scheint dem Onkel die Macht gegeben zu haben, nun sie zu töten. Obwohl ich mich des Gefühls nicht erwehren kann, daß Vater und Sohn nicht eben mit überschwänglicher Liebe aneinander hingen. Vielleicht war es das frische Blut, das den alten Knaben anspornte.«
    Roilant nahm einen Schluck Wein, lauschte in sich hinein, ob er ihn bei sich behalten konnte, und seufzte dann erleichtert.
    »Und Ihr habt von Anfang an Elisets Unschuld erkannt! Hätte ich nur so viel Vernunft bewiesen.«
    »Nicht von Anfang an. Aber nachdem ich den Eindruck gewonnen hatte, daß sie keine Närrin war, überraschte es mich, sie sagen zu hören, daß Ihr erst sterben dürftet, nachdem Ihr sie geheiratet hättet - und das, wo sie Euch ganz in der Nähe vermuten mußte, auf dem Weg zum Abendessen und erpicht auf jede Bemerkung über Eure Person. Hätte sie tatsächlich geplant, Euch zu ermorden, wäre sie vorsichtiger gewesen. Wie auch Mevary - eine andere Möglichkeit kommt in Anbetracht seines etwas beschränkten Denkvermögens nicht in Frage. Beide hätten sich nie auf das Glücksspiel eingelassen, daß Ihr diese Unterhaltung etwa belauschen und prompt nach Heruzala flüchten könntet. So wie ich Euch spielte, wart Ihr nur nach Flor gekommen, weil ihr Euch selbst eingeredet hattet, daß sie nichts Böses im Schilde führten. Die geringste Bedrohung hätte Eure Flucht zur Folge gehabt. Nein. Was sie bei diesem Gespräch beabsichtigte, war, Mevary an die regelmäßige Geldsumme zu erinnern, mit der er nach der Hochzeit rechnen konnte. Und er wollte sie zu der Hochzeit ermuntern. Womit bewiesen war, daß er ihr gegenüber nie erwähnt hatte, daß es noch eine andere Möglichkeit gab, zu Reichtum zu gelangen. Später gab es noch einen ähnlichen Vorfall, bei dem sie, wie ich glaube, Mevary davor warnte, irgend etwas gegen Euch zu unternehmen. Ihr war der Verdacht gekommen, daß etwas Außergewöhnliches im Gange war und sie wollte Euch retten, wenn es in ihrer Macht stand.«
    »Tatsächlich?« Roilant riß die Augen auf. Und wurde rot.
    »Ihr seht«, meinte Cyrion liebenswürdig, »wie einfach es für Euch ist, ihr zu trauen. Trotz all der Befürchtungen Eurer Jugendjahre.«
    »Vielleicht war es nur meine - meine beunruhigende, erwachende Zuneigung zu einer - Aber da war mein Vater. Warum hat er sie noch auf dem Totenbett verleumdet?«
    »Auch er hatte die Gerüchte gehört. Wie die Person, die Euch später brieflich davon Mitteilung machte. Sie hatte Liebhaber gehabt. Sie betrieb Zauberei.«
    »Und sein Sturz vom Pferd?«
    »Ein Unfall. Es sei denn, er hatte Feinde bei Hofe, die an dem Tag in seiner Nähe waren.«
    »Er wurde für einen ausgezeichneten Reiter gehalten.«
    »Von sich selbst? Wie jeder andere Mensch konnte er sich irren. Warum nicht auch bei einem Pferd?«
    »Ja. Mein Vater war von der Art. Nicht, daß ich ihm etwas Schlechtes nachsagen will. Es lag in seiner Natur. Dann fiel nur mein Onkel Mevary einem Mord zum Opfer. Oder etwa nicht?«
    »Ich merke, daß Ihr lernt, in mir zu lesen wie in einem offenem Buch. Ich kann es nicht beschwören, aber ich glaube, daß auch Gerris vor seiner Zeit aus dem Weg geräumt wurde.«
    »Von Valia?«
    »Nein. Von dem reizenden Onkel Mevary höchstpersönlich. Er hatte es auf Flor abgesehen, da ihm von seinem eigenen Besitz nichts mehr geblieben war. Das war für ihn Grund genug. Wenn ich recht habe, machte ein zynisches Schicksal Valia zur Rächerin ihres gehaßten Vaters.«
    »Ich kann mich erinnern, wie er - mein Onkel Mevary - meine Hochzeit mit. Eliset hinauszögerte, nachdem er sich durch das Verlöbnis Vorteile gesichert hatte. So lange wie eben möglich wollte er der Herr auf Flor sein. Und über sie. Ein Ungeheuer. Wie auch sein Sohn. Ich kann für keinen der beiden Mevarys Trauer empfinden, weder für den Onkel noch für den Cousin. Obwohl mein Cousin Mevary den Tod nicht verdient hatte.«
    »Er hindert ihn aber daran, seiner Umgebung weiterhin Schaden zuzufügen.«
    Roilant runzelte die Stirn. »Außerdem gab es wohl
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